Renovierung der Alten Aula der Universität Marburg ist abgeschlossen
Kassel 06.04.2021 (pm) Wo vor wenigen Wochen noch Gerüste standen, Staubtücher hingen und Plastikplanen die Sicht versperrten, strahlen nun restaurierte Wandmalereien und Gemälde sowie Parkett und Maßwerkfenster um die Wette. Die Philipps-Universität hat die Aula in der Alten Universität denkmalgetreu renoviert, die letzten Arbeiten wurden in diesen Tagen abgeschlossen.
Anlass, die Renovierung in Angriff zu nehmen, war die private Spende einer Marburger Familie. „Meine Frau und ich haben bei diversen Veranstaltungen in der Alten Aula immer wieder den schlechten Erhaltungszustand der Wandmalereien bemerkt. Insbesondere störte uns der große Wasserschaden, der sich über der Orgel direkt unterhalb der Decke befand“, erzählt der Marburger Zellbiologe Professor Dr. Roland Lill. „Irgendwann war dann die Idee geboren, dass wir in der Familie sammeln könnten, um etwas zur Restaurierung beizusteuern. Die Präsidentin Frau Krause hat unsere Initiative sofort mit Begeisterung aufgenommen und zügig die Renovierung veranlasst.“
Die Alte Aula wird an drei Seiten von Wandmalereien und großformatigen Gemälden gerahmt, die Szenen aus der Geschichte von Stadt und Universität nachzeichnen. Der Maler Johann Peter Theodor Jansen hatte die Leinwandgemälde zwischen 1900 und 1903 angefertigt. Im Zentrum stehen unterschiedliche Sujets, wie etwa die Heilige Elisabeth bei der Krankenpflege, der Einzug der Reformatoren zum Marburger Religionsgespräch oder auch der begeisterte Empfang des Philosophen Christian Wolff. Die Gemälde werden von ornamentalen Wandmalereien eingefasst, die an Brokatstoffe erinnern.
Vor rund zehn Jahren hatten extreme Wetterverhältnisse dazu geführt, dass Wasser in das Mauerwerk der Aula eindrang und die Wandmalereien unterhalb der Decke beschädigte. Ein Gutachten ergab, dass die Schäden an den Wandmalereien nicht fortschreitend waren. „Wir haben dann zunächst einmal das Dach in diesem Bereich saniert und konnten so weiteren Schäden vorbeugen“, sagt Maja Turba, Leiterin der universitären Bauabteilung und Sicherheitstechnik.
Im Sommer vergangenen Jahres begann schließlich die fränkische Restaurationswerkstatt George Hille mit der Arbeit in der Aula. Die durch Nässe und Salzausblühungen zum Teil stark beschädigten Wandabschnitte wurden entsalzt, trockengelegt und zweifach verputzt, bevor schließlich die Malereien originalgetreu wieder aufgetragen wurden. Für die Arbeiten in rund achteinhalb Metern Höhe mussten Gerüste gestellt werden. „Wir konnten dadurch Bereiche in Augenschein nehmen, die bislang für uns nicht erreichbar waren“, sagt der zuständige Projektleiter von der Philipps-Universität Jörn Eigmüller. Dabei zeigte sich, dass auch die Leinwandgemälde und die Maßwerkfenster kleinere Schäden aufwiesen.
„Da die Aula wegen der Corona-Pandemie nicht für Veranstaltungen genutzt werden kann, haben wir die Zwangspause für weitere Renovierungsarbeiten genutzt“, erklärt Turba. Ein lokaler Steinmetz restaurierte das schadhafte Maßwerk der Fenster, das Parkett wurde abgeschliffen und versiegelt, die Wandgemälde an einzelnen Stellen restauriert und in Gänze gereinigt. Dabei befreiten die Restauratorinnen die Gemälde mit einem kleinen Schwamm und destilliertem Wasser Stück für Stück vom Staub der letzten Jahrzehnte.
Insgesamt hat die Restaurierung rund 100.000 Euro gekostet, davon konnten 60.000 Euro durch die private Spende finanziert werden. Die Mühe habe sich gelohnt, findet Uni-Präsidentin Professorin Dr. Katharina Krause und hebt die besondere Bedeutung des Festsaals hervor: „Die Aula zeugt sowohl als Baudenkmal wie auch als Veranstaltungsort von der reichen Geschichte der Philipps-Universität. Es ist schön, diesen Raum wieder in seiner früheren Pracht erleben zu können. Mein besonderer Dank geht, auch im Namen der Universität, an Familie Lill, die durch ihre Initiative und ihre großzügige Spende die Restaurierung ermöglicht hat.“
Die Aula der Alten Universität
Die Aula ist bis heute das Herzstück der Alten Universität. Eingeweiht wurde sie vor 130 Jahren, am 26. Juni 1891. Die Feier fand damals in einem Saal statt, in dem wesentliche Teile der Ausstattung noch fehlten. Der Entwurf für die Inneneinrichtung stammte von dem Frankfurter Architekten und Glasmaler Alexander Linnemann. Von seiner Freude am Ornamentalen zeugen noch heute die reich bemalte, freitragende Holzbalkendecke, die Wandtäfelung und zwei prächtige Kronleuchter sowie das geschnitzte Professorengestühl und die in Grisaille-Technik bemalten Fenster. Die Stühle für das Publikum im Saal sind leider verloren.
Andere Elemente seiner Gestaltung wurden jedoch nach nur wenigen Jahren ersetzt: Linnemann hatte, wie alte Aufnahmen aus den 1890er Jahren zeigen, den Festsaal mit einem Muster aus Steinquadern und Blumenranken ausmalen lassen – letztlich ein Provisorium. Rund ein Jahrzehnt später bekam die Aula ihr heutiges Gesicht: Die sieben Wandgemälde aus Jansens Düsseldorfer Atelier waren inzwischen in Marburg angekommen. Im Zusammenspiel mit neuen ornamentalen Wandmalereien, dreizehn Medaillons bedeutender Persönlichkeiten der Universitätsgeschichte sowie Motiven aus dem Sagenzyklus „Otto der Schütz“ verhalfen sie der Aula, nicht nur für damalige Verhältnisse, zu einem imposanten Raumeindruck. Dank der Renovierung wirkt dieser nun wieder frisch wie am ersten Tag.