E-Bike-Boom: Pedelecs verändern Freizeitverhalten nachhaltig
Kassel 13.05.2021 (pm) Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland insgesamt 1,95 Mio. Pedelecs verkauft. Es zeichnet sich ab, dass sich auch 2021 dieser Trend fortsetzen wird und nochmals deutlich mehr Pedelecs auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen, vor allem aber für regionale Ausflüge in der Freizeit und für Touren am Urlaubsort genutzt werden. Das hat eine Umfrage der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) und des ADAC Hessen-Thüringen ergeben.
Dabei wurde im Rahmen einer Projektarbeit von Studierenden des dualen Studiengangs Luftverkehrsmanagement des Fachbereichs 3: Wirtschaft und Recht unter Anleitung von Prof. Dr. Kerstin Wegener der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie und der Pedelec-Boom 2020/21 auf das Freizeit- und Alltagsverhalten der Menschen hat. Die studentische Projektgruppe führte dazu bei insgesamt 2.670 Probandinnen und Probanden, überwiegend unter ADAC-Mitgliedern und Kunden in Hessen und Thüringen, eine Online-Befragung durch. Parallel erfolgte eine Expertenbefragung bei einer Auswahl von Pedelec-Herstellern, -Händlern und Radverkehrsexperten aus Hessen und Thüringen.
Auto und Pedelec nachhaltig favorisiert
Aufgrund der Corona-Pandemie bevorzugen viele der Befragten die Nutzung von Individualverkehrsmitteln und vermeiden öffentliche Verkehrsmittel: Sowohl Autos (plus 61 %) als auch Fahrräder & Pedelecs (plus 42 %) wurden im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2019 deutlich häufiger benutzt – ein Trend, der sich fortsetzen wird. Bei fast zwei Drittel der Befragten erfolgt auch zukünftig eine verstärkte Nutzung von Pkw, Rad oder Pedelec gegenüber 2020. Das spiegelt auch das große Interesse an Pedelecs wider: 39 % der Befragten sind bereits im Besitz eines E-Bikes, 29 % können sich eine Anschaffung vorstellen bzw. beschäftigten sich konkret mit dem Gedanken.
Freizeit & Fitness im Fokus
Das E-Bike erweitert den Radius im Alltag und wird von 70 % der Befragten für Ausflüge in die Region genutzt, rund 61 % nutzen das E-Bike für ihre Gesundheit und Fitness. Dabei überwiegen bei knapp 90 % der Pedelec-Besitzer Touren in der Freizeit, oft im Umkreis von 50 Kilometern zum Wohnort, ebenso wie Tagestouren im Urlaub zum Erkunden der Urlaubsregion mit dem Pedelec. Aber auch Wochenendtouren mit dem Pedelec werden durch die Pedelec-Enthusiasten angeführt. Die Bedeutung des Pedelecs als Verkehrsmittel für die Fahrt zur Arbeit ist hingegen gering: Lediglich knapp 10 % der berufstätigen Befragten gaben an, das Pedelec zum Pendeln zu nutzen. Es kam auch nicht zu einer Zunahme der E-Bike-Nutzung durch die Corona-Pandemie. Hierbei mag der Mangel an sicheren Abstellmöglichkeiten für die wertvollen E-Bikes eine Rolle spielen.
Optimierungsbedarf für E-Bike-Fahrende
Rund 63 % der Pedelec-Besitzer/-innen bemängeln Defizite beim Radwegenetz sowie bei der Qualität der Radwege. Auffällig sind aber auch die folgenden Beurteilungen: 48 % identifizierten Optimierungsbedarf bei der Verfügbarkeit und Sicherheit von Abstellmöglichkeiten, 40 % bei der Verfügbarkeit von Akkuladestationen und 37 % sehen Verbesserungspotenzial bei den Mitnahmemöglichkeiten des Pedelecs in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Dies sind Hinweise darauf, dass Radverkehrsförderung nicht bei der Radwegeinfrastruktur stehen bleiben kann. Das Fehlen sicherer Abstellanlagen und von Akku-Lademöglichkeiten unterwegs sowie die vielfach mangelnden Möglichkeiten, tägliche Strecken wie den Arbeitsweg mit mehreren, sich ergänzenden Verkehrsmitteln bewältigen zu können, müssen bei der Radverkehrsförderung dringend mitberücksichtigt werden.
Die Defizite könnten vielleicht auch Gründe dafür sein, warum sich viele Pedalisten bisher gegen ein E-Bike entschieden haben. „Das Projektergebnis“, so Prof. Dr. Kerstin Wegener, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Tourismusmanagement, an der Frankfurt UAS, „zeigt die gestiegene Bedeutung des Pedelecs in der Alltags-, Freizeit- und Urlaubsmobilität in Deutschland. Auch für die nächsten Jahre ist mit einer deutlichen Zunahme zu rechnen. So kann das Pedelec zu einem wichtigen Baustein nachhaltiger Mobilität werden – dies erfordert jedoch einen zügigen nachfragegerechten Ausbau der Infrastruktur.“
Hohe Unfallgefahr
Mehr als jede zehnte Pedelec-Nutzerin bzw. jeder Pedelec-Nutzer (11 %) bestätigte, bereits einen Unfall mit dem Pedelec gehabt zu haben, die Mehrheit (6 %) davon räumte einen selbstverschuldeten Alleinunfall ein. „Dies“, so Cornelius Blanke, ADAC Fahrtechniktrainer für Fahrräder und Pedelecs, „spiegelt sich immer wieder auch bei den Teilnehmenden an unseren ADAC Fahrtechniktrainings speziell für 3 Pedelecs wider und ist auch auf unseren geführten Pedelec-Touren zu beobachten: Gerade angeschaffte Pedelecs werden im Zusammenspiel von höherem Gewicht, größerer Bremsleistung und höherer Durchschnitts-Geschwindigkeit im Vergleich zum Fahrrad nicht ausreichend beherrscht, das eigene Fahrkönnen immer wieder falsch ein- bzw. überschätzt. Gefahrenbremsungen, Ausweichen oder die falsch angefahrene Bordsteinkante führen so schnell zu Unfällen ohne Fremdbeteiligung“.
Digitale Informationsquellen gefragt
Ob E-Bike-Besitzer/-in oder Interessent/-in: Informationsquelle Nummer 1 rund um das Pedelec und dessen Anschaffung sind digitale Kanäle bei Jung und Alt. So gaben 65 % der E-Bike Nutzer/-innen an, sich über Apps, im Internet oder über Newsletter zu informieren; gefolgt von Broschüren, Empfehlungen von Freunden und Bekannten sowie aus der Presse.