Naomi Beckwith als Künstlerische Leiterin der documenta 16 vorgestellt

19.12.2024 (yb) Mit Spannung erwartet wurde in Kassel von Kunstfreunden und Medien die Vorstellung der Künstlerischen Leiterin der documenta 16 im Jahr 2027. Als Naomi Beckwith aus New York das Podium im UK14 als Location …

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„Ungehaltene Rede“ zur Ausstellung Martha Frieda Friedel „die Crux mit dir“ – Teil II Erfahrungen und Essentials aus 15 Jahren

Kassel 30.05.2021 Gastbeitrag von Bernhard Balkenhol Verbunden mit der Laudatio zur letzten Ausstellung nach 15jähriger Kuratorentätigkeit im Rahmen des „Künstlerstipendium Willingshausen“ hat Bernhard Balkenhol einen Rückblick und Überblick gegeben, berichtet von Erfahrungen und zeigt für ihn Essentielles auf, hier veröffentlich als Teil II der „ungehaltenen Rede“ der wegen anhaltendem Lockdown verhinderten Ausstellung:

Kunsthalle Willingshausen präsentierte Emilia Neumann ihre plastischen Arbeiten entstanden im Rahmen ihres Willingshäuser Künstlerstipendiumst.

Liebe imaginäre BesucherInnen und Freunde des Künstler*Stipendiums Willingshausen. Martha Frieda Friedel war die letzte von mir betreute Stipendiatin und die letzte Ausstellung in Willingshausen, die ich begleitet habe. Nach 15 Jahren gebe ich diesen Auftrag sehr gerne ab. Mit inzwischen 70 Jahren bin ich eigentlich auch längst zu alt dafür. Gerne hätte ich es ja schon früher an eine jüngere Generation von KuratorInnen übergeben, die genuin dann einen anderen Kontakt und Blick auf die aktuelle junge Szene hat. Zwei solche KuratorInnen hatte ich auch für meine Nachfolge vorgeschlagen. Aber das sieht man hier anders, hier setzt man auf alt. Vielleicht ändert sich das ja mal, wenn auch in Willingshausen nach zwanzig/dreißig Jahren ein Generationswechsel zugelassen wird. So gehe ich im Einvernehmen und mit Freude.

Leider waren nicht alle meine Initiativen, das Stipendium in seiner Ausstattung zu aktualisieren und seine Perspektiven zu erweitern, erfolgreich. Meine Vorstellungen waren offenbar naiv, man würde hier meine Vermittlung an die verschiedenen Fachbereiche der Kunsthochschule Kassel annehmen und eine Zusammenarbeit ins Auge fassen, Forschung und Interdisziplinarität willkommen heißen. Ich bin von Hause aus ein euphorischer Vernetzer, der schwer ertragen kann, wenn sichtbare Möglichkeiten nicht angegangen werden. Aber wenn ich da – ohne Auftrag – mein Engagement zu ernst genommen haben sollte, bitte ich das zu entschuldigen.

Ich nenne ein weiteres Feld: Ich habe StipendiatInnen immer wieder ermuntert, mit den hiesigen Schulen und Vereinen Kontakte aufzunehmen, was auch oft gelungen ist. Dabei sind interessante Begegnungen und Zusammenarbeiten entstanden. Leider hat das nicht dazu geführt, dass die Kunsthalle und die Ausstellungen auch von den Schulen und Vereinen selbstverständlich und regelmäßig genutzt werden – obwohl es eine kostenfreie Verkehrsanbindung gibt. So spannend und fruchtbar diese Begegnung mit tatsächlichen Künstlerinnen und Künstlern auch waren, es blieben Einzelprojekte. Auch heute wären keine Jugendlichen gekommen. Offenbar finden sie hier keine Identifikation, keine Aktions- und Mitbestimmungsmöglichkeiten. Das gilt nicht nur für die Schülerschaft, sondern auch für die Lehrerschaft.

Aber, ich bin trotzdem stolz darauf, wie sich das Stipendium entwickelt hat. Es ist mir gelungen, immer wieder neue interessante junge Künstlerinnen und Künstler zu finden, die sich dem Wettbewerb der Nominierung und der Herausforderung eines solchen Arbeitsaufenthaltes stellen wollten. Die dann ausgewählten haben auf sehr verschiedene Weise auf den Ort und das Leben hier zugegangen, aber alle haben konsequent an ihrer bis dahin geführte Auseinandersetzung um eine eigene künstlerische Sprache und einen zeitgemäßen Begriff von Kunst weitergearbeitet. Stolz bin auch, dass am Ende jede Stipendiatin, jeder Stipendiat eine verblüffende aber überzeugende, eine irritierend und faszinierend andere Inszenierung des Raumes in der Kunsthalle entwickelt hat, so dass es für die Besucher – so denke ich – immer wieder spannend war, zur Eröffnung zu kommen.

Es war auch richtig, die Gestaltung der Kataloge den KünstlerInnen selbst zu überlassen. Auf diese Weise sind sehr unterschiedliche und besondere KünstlerInnen-Bücher entstanden, eine Reihe, die die Geschichte des Stipendiums in Ihren Themen wie in ihrer künstlerischen Qualität sehr lebendig beschreiben. Ich freue mich, immer wieder zu hören, wie sehr sie zum weiteren Erfolg beigetragen haben.

Selina Schwank als 50. Stipendiatin in Willingshausen titelte „“Halbe Tage“

Ich finde es nicht peinlich, sondern ich freue mich, dass der nächste Stipendiat Janosch Feiertag heißt. Ich hatte ihn für 2020 recherchiert und nominiert. Und weil ich immer alle fünf Nominierten für gleich gut und förderungswürdig halte, es aber immer nur zwei bekommen können, ist es mir eine besondere Genugtuung, dass er es für 2021 geworden ist. Das bedeutet – ungewollt vielleicht – Kontinuität.

So wünsche ich dem Stipendium selbst, das es gemäß ihrem Auftrag weiterhin künstlerisch zeitgenössisch und visionär bleibt.
Zuletzt danke ich schließlich dem imaginären Publikum für ihre Aufmerksamkeit und das Interesse an meinen Ausführungen, gute Gesundheit und Neugier auf alles Neue und Fremde – nicht nur in der Kunst.

—> Bericht „Die Crux mit dir“ in Willingshausen – Besuch und Beistand beim Ausstellungsabbau

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