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Wie heimatverbunden sind wir? Forschende entwickeln Heimatindex

Kassel 31.05.2021 (wm) Heimat – so definiert der Duden den Begriff: „Land, Landesteil oder Ort, in dem man (geboren und) aufgewachsen ist oder sich durch ständigen Aufenthalt zu Hause fühlt“. In einer Studie für das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat ein Team von Forschenden der Jacobs University um Klaus Boehnke erstmals die Heimatverbundenheit in Deutschland als Indikator eines gelungenen Zusammenlebens der Menschen erfasst. „Wer sich stärker mit seiner Heimat verbunden fühlt, berichtet von mehr Glück, Lebenszufriedenheit und Optimismus“, so der Professor für Sozialwissenschaftliche Methodenlehre.

Aus acht Teilaspekten setzt sich laut der Wissenschaftsgruppe um Professor Boehnke Heimatverbundenheit zusammen: aus Geborgenheit, Identifikation, Ort und Landschaft, Zeit, sozialer Verwurzelung, geistiger Heimat, Heimatpflege und Abgrenzung. Gemessen wurde sie im Rahmen einer bevölkerungsrepräsentativen Telefonbefragung von gut 4.500 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Deutschland. Insgesamt erwies sich die Heimatverbundenheit dabei als recht hoch. Auf einer 100-Punkte-Skala liegt sie bei knapp 72 Punkten, deutlich über dem Skalenmittelwert von 50.

Im Vergleich der Bundesländer ist die Heimatverbundenheit im Saarland am stärksten, gefolgt von Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Bayern. Am anderen Ende der Tabelle rangieren Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin. Aufgeschlüsselt nach Raumordnungsregionen – 96 funktional abgegrenzte Raumeinheiten für die Raumordnungsberichterstattung des Bundes – leben die Menschen mit der höchsten Heimatverbundenheit in der sächsischen Oberlausitz, in den bayerischen Regionen Allgäu und Oberland in den Voralpen, in Südthüringen und in der Gegend um Landshut. Am geringsten ist die Heimatverbundenheit in den Regionen in und um Braunschweig und Duisburg-Essen, in Westsachsen, im Süden Schleswig-Holsteins sowie in der Altmark in Sachsen-Anhalt.

Die Wissenschaftler:innen der Jacobs University, Prof. Dr. Klaus Boehnke, Dr. Regina Arant, Dr. Georgi Dragolov und Caroline Schnelle, haben in ihrer Studie auch nach den Bestimmungsfaktoren von Heimatverbundenheit gefragt. Wichtige Rollen spielen dabei die Bevölkerungsdichte und die Wirtschaftsstruktur. In urbanen, dicht besiedelten Räumen ist sie eher gering. In Bundesländern mit wenigen Beschäftigten im Dienstleistungssektor, hingegen vielen Arbeitnehmern im produzierenden Gewerbe, ist sie eher hoch. Wichtiger noch für die Heimatverbundenheit ist eine geringe Mobilität: Je sesshafter Menschen sind, desto heimatverbundener sind sie.

„Wer besonders heimatverbunden ist, bringt hingegen auch zum Ausdruck, dass er oder sie den erwirtschafteten Wohlstand nach Möglichkeit lieber nicht mit anderen von außerhalb der eigenen Heimat teilt“, beschreibt Boehnke eine weitere Erkenntnis. Diese Art Wohlstandsprotektionismus sei nicht zu verwechseln mit einer „rechten“ Gesinnung. Heimatverbundene kämen aus allen politischen Lagern ebenso wie Menschen, die sich mit ihrer Heimat nicht so eng verbunden fühlen. „Spannend ist, dass Heimatverbundenheit mit einer hohen Zustimmung zur Demokratie als Staatsform einhergeht“, so Boehnke. Je stärker die Heimatverbundenheit, desto höher sei die Zufriedenheit mit der Demokratie und das Vertrauen in die Institutionen unseres Landes.

Das Forschungsteam stellte zudem fest, dass Heimatverbundenheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt und mit höherem Wohlbefinden der Menschen einhergeht. Wer sich stärker mit seiner Heimat verbunden fühlt, ist lebenszufriedener und glücklicher. Dies gilt laut der Studie sogar noch stärker für Menschen mit Migrationshintergrund als für Menschen ohne Migrationshintergrund. Insofern könne Heimatverbundenheit durchaus als ein Indikator für die gelungene Integration gesehen werden, so das Forschungsteam. Sie leiste einen nennenswerten Beitrag zur Lebensqualität der Menschen in Deutschland.

Originalpublikation
Klaus Boehnke, Regina Arant, Georgi Dragolov, Caroline Schnelle: Heimatverbundenheit. Ein neuer Sozialindikator für soziale Integration?

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