Nichts heizt sauberer als Holzpellets – Bauen und Heizen mit Holz sind keine Gegensätze

09.10.2023 | Gastbeitrag von Roland Irslinger  Der enorme Anstieg der Preise für Heizöl und Gas lässt viele Menschen wieder auf altbewährte Holzheizungen setzen. Insbesondere Holz-Pellets sind weiterhin eine kostengünstige Art zu heizen. Heizen mit Pellets …

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Gerhardt-von-Reutern-Haus Willingshausen: Millioneninvestition mit klandestiner Planung

Das Gerhardt-von-Reutern-Haus in Willingshausen soll mit einer Millioneninvestition ausgebaut und modernisiert werden, dabei per Fahrstuhleinbau behindertengerecht gestaltet werden werden. Bei der im Grundsatz beschlossenen Mammutinvestion in der ländlichen Kommune mit nicht einmal 5.000 Einwohnern ist der Baubeginn allerdings noch nicht in Sicht. Eine Reihe von Fragen und Unklarheiten diesbezüglich hinterlässt Bürgermeister Heinrich Vesper, der nach 24 Dienstjahren am 31. Dezember in Ruhestand geht. Sternbald-Foto 2019 Hartwig Bambey

27.12.2021 (yb) Das Jahr 2021 ist für Willingshausen ein besonderes Jahr geworden, in dem mehr als nur Andeutungen und Zeichen für überfällige Veränderungen sich Bahn gebrochen haben. Stichwort Generationenwechsel. Mit Luca Fritsch löst ein neuer Bürgermeister den seit 24 Jahren in diesem Amt tätig gewesenen Heinrich Vesper ab. Nach äußerst kurzer Zeit erwies sich die versuchte Benennung des 80jährigen Heiner Hoffmann als Kurator für das Künstlerstipendium als Fehldisposition. Wie kolportiert wurde, soll zukünftig eine junge Frau als Kuratorin tätig werden. Schließlich musste hochbetagt von Krankheit gezeichnet Helmut Geißel den Vorsitz beim Verein Malerstübchen abgeben.

Dörflich-gerontokratische Verkrustung im Malerdorf

Mithin werden zumindest im Rathaus und für das Künstlerstipendium ein junger Nachfolger und eine junge Nachfolgerin tätig. Das könnte Willingshausen gut bekommen. Nicht nur intimen Kennern der Verhältnisse ist geläufig, dass im Malerdorf weit überwiegend ältere und betagte Personen das Heft übernommen und die Entwicklung in den letzten Jahren dominiert haben. Dergestalt dörflich-gerontokratische Verkrustung hatte vor enigen Jahren bereits verhindert, dass die Kunsthistorikerin Kathi Werkmeister weiterbeschäftigt wurde, nachdem sie frischen Wind in die Kunsthalle gebracht und attraktive Angebote auf die Beine bekommen hatte.

Wichtiges Wirkungsfeld Künstlerstipendium

Auf das neue und jüngere, unverbrauchte Personal warten nicht wenige Aufgaben. So hatte es um die künstlerische Freiheit beim Künstlerstipendium einige öffentlich ausgetragene Auseinandersetzungen gegeben. Danach hat der 52. Stipendiat Janosch Feiertag in diesem Sommer und Herbst anschaulich werden lassen, welche erfrischenden Impulse setzenden Wirkungen von unbekümmerten und engagierten Kunstschaffen ausgehen können. Für das Jahr 2022 ist das Künstlerstipendium bestätigt und finanziert, wie Bürgermeister Vesper kürzlich mitteilte. Damit wartet weites Feld und auch einige Verantwortung auf das neu beginnende Kuratorium.

Bisher 1,5 Millionen Euro als Investitionsbetrag benannt

Seit einer Reihe von Jahren ist die bauliche Sanierung und Modernisierung des Gerhardt-von-Reutern-Haus in Planung. Rund 1,5 Millionen Euro wurden als Bausumme ermittelt. Eine hochrangige Förderung mit 80 % der Baukosten konnte aus Bundesmitteln dafür eingeworben werden. Das Gebäude wird seit über 30 Jahren genutzt als Heimstatt für das Malerstübchen, die Gemäldesammlung und das Archiv Malerkolonie in Händen des gleichnamigen Vereins. Außerdem gibt es Arbeits- und Tagungsräume, die bis vor einigen Jahren von örtlichen Vereinen mitgenutzt wurden.

Eine hohe Förderzusage samt Beschlussfassung des Gemeindeparlaments im Spätsommer 2020. – Was braucht es mehr? Könnte Mensch denken. Doch so einfach verhalten sich die Dinge und Gegebenheiten nicht. Wahrscheinlich ist es Heinrich Vesper eigentlich angelegen gewesen dieses Projekt aufs Gleis zu stellen und die Fertigstellung als Bürgermeister zu erleben. Verschiedene Umstände haben dies verhindert. Womöglich begründet sich der Verzicht von Vesper – entgegen seiner vorherigen Ansage – noch einmal als Bürgermeister zu kandidieren in den Verzögerungen und Schwierigkeiten dieses Projektes. Zumindest teilweise könnte diese Vermutung zutreffen. Im kürzlich in das Marburger. veröffentlichten Interview vermeidet es Vesper das Thema überhaupt anzusprechen.

Keine Auskünfte zum Bauprojekt durch Bürgermeister Vesper

In jeden Fall hat sich das Willingshäuser Gemeindeoberhaupt in dieser für Willingshausen bedeutsamen Angelegenheit äußerst zugeknöpft verhalten. Eine Anfrage zu Informationen darüber Anfang 2020 von der Redaktion das Marburger. wurde von ihm abgewiesen. Eine Nachfrage zu Stand der Dinge im Gemeindeparlament im Spätsommer 2021 beschied Vesper mit der dürftigen Auskunft die Pläne seien dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst zur Genehmigung vorgelegt worden.

Planung für eine zeitgemäße museale Präsentation?

Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es einige Vergegenwärtigung. Die projektierte Baumaßnahme Gerhardt-von Reutern-Haus ist keine reine Bauertüchtigung eines kommunalen Vielzweckgebäudes. Wie der Name mitteilt, ist mit dem Gebäude der Name des ersten Malers in Willingshausen verbunden und wird darin auch die Geschichte der Malerkolonie thematisiert. In dem Gebäude ist das Kleinmuseum Malerstübchen untergebracht. Insofern könnte vermutet werden, dass die Ausbaupläne damit in Verbindung stehen. Indem etwa eine grundständige Planung für eine zeitgemäße museale Präsentation zur „ältesten Malerkolonie in Europa“ entwickelt worden ist.

Es wäre mithin von einigem Interesse und Bedeutung mit welcher inhaltlich-konzeptionellen Vorstellung der nun einmal nicht gerade preiswerte Umbau entwickelt wurde und verwirklicht werden soll. Was für ein Raumprogramm wurde geplant und für welche Zwecke werden die Räume ausgelegt? Als Stichworte wurden bisher Einbau von Fahrstuhl und Schaffung Toilettenanlage genannt. Das ist nicht besonders viel. Zugleich hat man sich einen klangvollen Namen einfallen lassen: „Regionales Weltkulturhaus“ wurde presseöffentlich verlautbart. Was es damit auf sich haben soll, schlummert im Verborgenen.

Potpurri mit arrangierten Versatzstücken ohne Konzept?

So kann Mensch denken oder vermuten, dass es auch zukünftig ein buntes Potpurri geben soll mit arrangierten Versatzstücken des vormaligen Malerstübchens und einigen an Wänden verteilten Gemälden von Willingshäuser Malern? Das Ganze vielleicht arrondiert von Arbeitsproben traditioneller Schwälmer Weißstickerei? Dazu dann ein paar Texttafeln, weil man das so macht. Einige Ausstellungsvitrinen von modernen LED-Leuchten angestrahlt und fertig ist die Laube. Wer wollte es verübeln, wenn solche Gedanken in den Kopf kommen, nachdem Auskünfte in der Sache verweigert worden sind? Eine Frage dabei ist grundsätzlich von wem eine inhaltliche Fachplanung kommen kann? Welche Expertise liegt der Planung zu Grunde? Architektensache? Klandestin mit dem schweigsamen Bürgermeister verbunden?

Wie also hat man sich die zukünftige Kernzone der „ältesten Malerkolonie in Europa“ vorzustellen hat, ist völlig unklar. Was weiß diesbezüglich die Gemeindeverwaltung, die Beschluss fassende Gemeindevertretung, der Bürgermeister und der mit Planung beauftragte Architekt? Was bedenken und berücksichtigen die hier handelnden Personen dabei, und was nicht? Welche Fachberatung gibt es, beispielweise abgestimmt mit dem Hessischen Museumsverband? Welche referenzierten KunsthistorikerInnen wurden einbezogen, um Rat gefragt oder mit einer Konzeptentwicklung beauftragt?

Märchenhafte Holzplastik in der Dorfmitte von Willingshausen, links im Hintergrund die Kunsthalle Willingshausen. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Fragen, Fragen bis hin zum Investitionsvolumen 2 Millionen?

Wofür also sollen 1,5 Millionen Euro verausgabt werden und wer verantwortet das? Hinzu kommt die erhebliche Steigerung der Baupreise. 1,5 Millionen Baukosten sind eine inzwischen Jahre alte Summe. Längst sind die Baukosten um weit mehr als 10 Prozent gestiegen. Es könnte also sein, dass von einem Investitionsvolumen von 1,8 bis 2 Millionen Euro auszugehen sein wird. Dafür allerdings gibt es keine Finanzierung. Am Rande einer Ortsbeiratsitzung im Dezember war diesbezüglich einer Äußerung zu vernehmen, dass die Mittel dann eben nur für Fahrstuhl und bauliche Ertüchtigungen ausreichen würden.

Wozu schon braucht es Inhalte und Nutzungskonzept?

Weithin bekannt ist die Willingshäuser Verweigerung zur Kooperation. Wiederkehrende Ablehnung mussten ausgewiesene Fachleute der Kunstgeschichte hinnehmen. So wurde vor einigen Jahren eine Initiative des Kunsthistorikers Dr. Bernd Küster rüde abgewiesen. Vorschläge zur wissenschaftlichen Erschließung der wertvollen Zeugnisse im Archiv und Gemäldesammlung wurden abgeschmettert. Dies ist ein bis heute verdeckter Skandal, den die Macher in Willingshausen geflissentlich unter den Teppich kehren. Dazu gehört, dass das Atelierhaus Thielmann als Kulturdenkmal, das nach fachgerechter Sanierung mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet wurde, einbezogen werden könnte.

Engstirnige Grashüterei statt kunstgeschichtlicher Orientierung

Solche Gebahren lassen sich bestimmt nicht als geschichtsbewußt und verantwortlich bezeichnen. Vielmehr handelt es sich um eine ausgemachte Gralshüterei. Wenn nicht angeführt vom langjährigen Bürgermeister, so doch von ihm geduldet und damit von ihm maßgeblich zu verantworten. Die Malerei- und Kunstgeschichte in Willinghausen ist mitnichten „Privatangelenheit“ einer Clique von Provinzakteuren, unter denen Mensch vieles finden kann, keinesfalls jedoch Kunsthistoriker.

Damit kommt den eingetretenen Verzögerungen inzwischen eine produktive und wünschenswerte Folgewirkung zu. Das Vorhaben kann und sollte dringend überprüft werden. Die bisherigen Pläne samt den zu Grunde liegenden Nutzungsabsichten gehören überprüft und gegebenenfalls fortgeschrieben. Und so kommt der Personalwechsel im Willingshäuser Rathaus gerade zur rechten Zeit. Auf Bürgermeister Luca Fritsch wartet eine ebenso wichtige wie folgenreiche Aufgabe. Auch das Jahr 2022 kann für Willingshausen ein besonderes Jahr werden.

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