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Studie zur Nazi-Vergangenheit: Politische Führungskräfte der Landkreise Marburg und Biedenkopf

29.06.2022 (pm/red) Von Marcel Spannenberger ist eine Studie zur NS-Belastung der „Führungsspitzen der Landratsämter Marburg und Biedenkopf während der Nazi-Zeit“ vorgelegt worden, wird von der Kreisverwaltung mitgeteilt. Dass „das politische Führungspersonal in hohem Maß am Verfolgungsterror des Regimes beteiligt war“ werde anschaulich aufgezeigt, womit nunmehr „der Kreis einen weiteren wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der Region“ präsentiere. 

NS-Karriere Hans Krawielitzki als Ratsherr, Landrat und Reichstagsmitglied bis 1945

Als ein besonders auffälliges Beispiel wird mit Hans Krawielitzki (1900 – 1992) der mächtigste politische Akteur im Marburger Landratsamt in der Studie herausgestellt.  „Er galt als „alter Kämpfer“, weil er schon 1927 in die NSDAP eingetreten war, hatte ein Gespür für Propaganda und ein Talent für bürokratische Organisation. Schon 1920 hatte er sich als Freiwilliger des Marburger Studentenbataillons an der Niederwerfung des kommunistischen Aufstands in Thüringen beteiligt.“

1933 zog Krawielitzki für die NSDAP in die Stadtverordnetenversammlung ein, war von 1934 bis 1945 Ratsherr und ab November 1933 Reichstagsmitglied. Höhepunkt seines Lebenslaufs wurde die Ernennung zum Landrat, wonach er bei der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung eine herausragende Rolle spielte.

Wiederholt ist er gemeinsam gegen Menschen vor, die „kommunistischer Umtriebe“ oder einer politisch nonkonformen Haltung verdächtigt wurden. Lediglich im „Kirchenkampf“ habe er als Pfarrerssohn eine relativ gemäßigt Linie vertreten, berichtet die Studie.

NS-Landrat Krawielitzki wurde 1948 zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dann blieb er politisch zurückhaltend, wenngleich er regelmäßig an Altnazi-Treffen in Cölbe teilnahm.

Nach acht Jahrzehnten „Einen Schlussstrich kann es nicht geben“

Verbunden mit Studie hat der Autor seine Masterarbeit vorgelegt, deren Erarbeitung von Prof. Eckhart Conze, Philipps-Universität Marburg betreut worden ist.
„Fast acht Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung Deutschlands von der nationalsozialistischen Herrschaft zeigt die Studie von Marcel Spannenberger, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus noch immer nicht umfassend aufgearbeitet sind, ja dass jede Generation neue Fragen an die Geschichte und Wirkungsgeschichte des Nationalsozialismus stellt. Einen Schlussstrich kann es nicht geben“, betont Prof. Conze.

Die vollständige Studie mit dem Titel „Das Führungspersonal der Landratsämter Marburg und Biedenkopf in der NS-Zeit“ ist online unter www.marburg-biedenkopf.de verfügbar. Sie findet sich als PDF unter Bildung & Freizeit, dort  Menüpunkt „Kultur“ dann unter „Geschichte“.

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