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Die Sauna ist schon zu: Stadt Marburg will eigenen Energieverbrauch um bis zu 15 Prozent senken

Keine lichten Aussichten mehr für Marburg b(u)y Night wie in vergangenen selig Zeiten, als abendliche Shopping-Aktionen im November und Dezember mit Illuminationen verknüpft wurden. Sternbald-Archivfoto

11.08.2022 (pm/red) „Mit einem Energiesparpaket senkt die Universitätsstadt Marburg ihren eigenen Verbrauch an Wärme und Strom.“ So aktuell die Mitteilung von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. 15 Prozent Energie wolle die Stadt damit bis zum Frühjahr 2023 einsparen. Es werden Maßnahmen mitgeteilt, die „von Warmwasser abstellen und Heizung drosseln bis zu Licht ausschalten an repräsentativen Gebäuden“ reichen. Der Einspareffekt werde regelmäßig überprüft, wird aus dem Rathaus versichert und dass man schon los gelegt habe: Die Sauna im AquaMar ist schon seit Montag zu.

Nachstehend der weitere Text der heutigen Pressmitteilung Nr. 250 – als Illustration dazu einige Fotos aus friedlicheren Zeiten:

„Wir sind durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit einer ernsten Energieversorgungskrise konfrontiert. Dem stellen wir uns entschlossen entgegen“, betont der Marburger Oberbürgermeister. „Jeder Schritt, mit dem wir weniger Energie verbrauchen, hilft.“ Das Energiesparpaket hat die Stadtverwaltung mit dem Krisenstab Energieversorgung ausgearbeitet.

„Damit können wir schnell und effektiv Energie sparen“, so Spies. Wichtig für das Gelingen sei, dass die Einsparungen sinnvoll und effektiv sind, aber in Relation zu ihren Auswirkungen trotzdem verträglich. „Denn ohne Akzeptanz innerhalb der Verwaltung ebenso wie außerhalb bei allen, die davon betroffen sind, geht es nicht“, betont der Oberbürgermeister. „Die bislang überwiegend positiven Rückmeldungen aus dem eigenen Haus zeigen uns, dass die Mitarbeiter*innen unsere Vorbildfunktion als Stadt genauso sehen und mitziehen wollen.“

Das Marburger 15-Prozent-Einspar-Ziel orientiert sich an den Maßgaben, die von der EU über Bund und Land bis hin zum Deutschen Olympischen Sportbund ausgegeben werden. Marburg stimmt sich auf Hessenebene eng mit den anderen Kommunen ab – als Mitglied der Arbeitsgruppe „Gasmangellage“ des Präsidiums Hessischer Städtetag. „Wenn alle Städte und Gemeinden in allen ihren Verwaltungen, Bürgerhäusern und Sporthallen jetzt das warme Wasser abdrehen und die Zimmertemperatur im Winter nur ein Grad senken, hat das eine enorme Wirkung“, erklärt OB Spies. „Wir wollen keine Effekthascherei, sondern ein gemeinsames wirkungsvolles und vor allem nachhaltiges Vorgehen.“

Rund 30 Mio. Kilowattstunden Energie verbraucht die Stadt Marburg selbst für Wärme und Strom im Jahr – in allen Verwaltungsgebäuden, Schulen, Kindertagesstätten, Bürgerhäusern, Sportstätten, Bädern, im Erwin-Piscator-Haus und den sonstigen Liegenschaften sowie für den Verwaltungsbetrieb selbst. Das entspricht in etwa dem Durchschnittsverbrauch von 1000 Vier-Personen-Haushalten.

Die Wärmeversorgung der Gebäude (23,5 Mio. kWh/Jahr) hängt zu gut 80 Prozent direkt oder indirekt von Gas ab (Erdgas, Fernwärme). Weitere Energieträger sind Holzpellets, bei Neubauten wie zum Beispiel der Grundschule Marbach oder dem Nachbarschaftszentrum Waldtal werden Geothermie-Anlagen mit Photovoltaik kombiniert. Wenige ältere Heizanlagen werden noch mit Heizöl betrieben. Die rund 6,5. Mio. Kilowattstunden Strom pro Jahr bezieht die Stadt als 100 Prozent Ökostrom von den Stadtwerken Marburg.

„Wir werden alle Verbräuche senken, spürbar Energie einsparen und so unseren Teil dazu beitragen, um dass es im Winter nicht zu einem akuten Gasmangel kommt“, betont OB Dr. Thomas Spies. „Außerdem senken wir gleichzeitig unseren CO2-Ausstoß und tun noch etwas für den Klimaschutz“.

Das Energiesparpaket der Stadt besteht aus einem Stufenplan mit
a. kurzfristigen Maßnahmen, die bis Ende der Sommerferien umgesetzt sind,
b. Maßnahmen, die bis zum Start der Heizperiode vorbereitet werden,
c. langfristige Maßnahmen für nachhaltige Energieeffizienz, die so schnell wie technisch, personell, material- und marktabhängig möglich in die Tat umgesetzt werden.

a. Kurzfristige Maßnahmen:

Bäder: Das Sport- und Freizeitbad AquaMar mit Sauna und das Hallenbad Wehrda verbrauchen zusammen rund zehn Prozent der Gesamtenergie und 25 Prozent des Strombedarfs aller städtischen Liegenschaften. Das Wasser im Freibad wird mit Sonnenenergie (Solarthermie) beheizt. Die Hallenbäder beziehen ihre Wärme aus Heizkraftwerken der Stadtwerke Marburg. Der größte Energieverbrauch in Schwimmbädern entsteht durch den Betrieb der technischen Anlagen (Pumpen, Lüftungsanlagen, Beckenwassererwärmung, etc.)

In beiden Bädern finden neben dem Freizeit- und Trainingsbetrieb auch Reha- und Seniorenschwimmen, Schwimmunterricht für Kinder und Schüler*innen sowie Babyschwimmen statt.

Am Montag hat das AquaMar den Saunabetrieb bereits eingestellt. Gleichzeitig ist die Wassertemperatur in beiden Bädern für den Freizeit- und Trainingsbetrieb um 2 Grad auf 26 Grad gesenkt. Im AquaMar bleiben das Aktions-, Lehr- und Kinderplanschbecken bei 30 bis 31 Grad.

Warmwasserversorgung in Verwaltungsgebäuden, Sporthallen, Bürgerhäusern: In den genannten städtischen Gebäuden werden die Warmwasseraufbereitung abgestellt und verzichtbare Elektroboiler ausgeschaltet. Gleichzeitig mit dem Verzicht auf warmes Wasser aus der Leitung muss die Wasserqualität in den Gebäuden engmaschiger als bisher kontrolliert werden. Die Ausnahme sind Schulen- und Kitagebäude mit ihren Küchen und Cafeterien. Dort ist warmes Leitungswasser aus Hygienegründen unverzichtbar.

Lüftungsanlagen: Die Lüftungsanlagen werden in allen Räumen abgeschaltet, die auch mit Blick auf den Infektionsschutz noch problemlos ausreichend durch Fenster gelüftet werden können – zumindest bis zum Beginn der Heizperiode. Außerdem: Die neu eingebauten Lüftungsanlagen verfügen über eine gute Wärmerückgewinnung – und sind damit auch in der Heizperiode energieeffizient.

Heizungsanlagen: Heizungsanlagen werden kurzfristig bis zu Beginn der Heizperiode komplett abgeschaltet. Der Standby-Betrieb wird vermieden.  

Repräsentative Beleuchtung: Die Stadt strahlt nur wenige Gebäude in Marburg an oder beleuchtet sie aus Repräsentationszwecken, wenn es dunkel wird. Das sind zum Beispiel das Rathaus und Erwin-Piscator-Haus, der Kaiser-Wilhelm-Turm mit dem Lichtkunstherz, das Theater neben dem Schwanhof oder das Theater neben dem Turm. Diese Beleuchtung wird ebenfalls kurzfristig abgestellt. Gleichzeitig appelliert die Stadt an andere Institutionen in Marburg, mitzumachen und ebenfalls die Lichter überall dort auszuschalten, wo sie nicht aus Sicherheitsgründen brennen müssen.

Verwaltungsbetrieb: Licht aus beim Verlassen des Raums, Computer und Bildschirm ausschalten statt auf stand-by: „Das Ändern von Gewohnheiten ist eines der wirksamsten Instrumente zum Energiesparen im Alltag, ob privat oder bei der Arbeit“, sagt OB Spies, „konsequent angewendet, kommen hier viele eingesparte Kilowattstunden zusammen“. Energiesparlots*innen gibt es bereits seit Jahren in jedem Fachdienst der Stadtverwaltung. „Zugegebenermaßen – die Konzentration auf das Thema war gerade in den herausfordernden Coronajahren nicht jederzeit und überall die erste Priorität“, berichtet der OB. Nun sind die Lot*sinnen als Multiplikator*innen und Motivator*innen wieder aufgerufen, gemeinsam mit den Kolleg*innen im jeweiligen Arbeitsumfeld alle Möglichkeiten des Energiesparens zu prüfen und zu nutzen. Außerdem werden alle elektronischen Geräte wie Kühlschränke, Boiler etc. in den Verwaltungseinheiten erfasst, auf Energieeffizienz und Notwendigkeit überprüft.

b. Maßnahmen bis zum Start Heizperiode – in Abstimmung mit hessischen Kommunen

Raumtemperatur: Die Absenkung der Raumtemperatur in den städtischen Liegenschaften wie Verwaltungsgebäuden, Sporthallen und Bürgerhäusern auf 20 Grad wird in Abstimmung mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz geprüft. Ausnahmen sind – wie beim Warmwasser – Schulen und Kindergärten.

Straßenbeleuchtung: Insgesamt 8944 Leuchten sind entlang der Marburger Straßen, Wege und Plätze installiert. Davon sind bereits 4728 Leuchten auf LED umgerüstet, vor allem in den Außenstadtteilen. Die verbliebenen Leuchten haben Natriumdampf-Hochdrucklampen (NAV). Anders als in anderen Städten gibt es in Marburg keine Gaslampen mehr. Die LED-Leuchten in den Außenstadtteilen sind ohnehin nachts gedimmt. In der Innenstadt ist bereits jede zweite Lampe in den Nachtstunden ausgeschaltet. In Abstimmung mit dem Hessischen Städtetag prüft die Stadt Marburg, ob die Betriebszeiten der Straßenbeleuchtung und Ampelanlagen in den Nachtstunden weiter reduziert werden sollen – in Abwägung von Sicherheitsgefühl und Energieeffizienz.

Öffentlichkeits-Kampagne: Die meiste Energie wird für Wärme und Strom verbraucht. Die Stadt wird mit den Stadtwerken Marburg zum Beginn der Heizperiode eine neue Kampagne zu Aufklärung, Information und Motivation zum Energiesparen und zur Akzeptanz der getroffenen Maßnahmen auflegen. Dabei geht es auch um Hilfen und Tipps, wie mit einfachen Mitteln die private Energiebilanz verbessert werden kann.

Monitoring: Der Einspareffekt und die Wirksamkeit der Maßnahmen werden durch eine regelmäßige Kontrolle der Energieverbräuche überwacht. Das geschieht pro Monat im Jahresvergleich. Die Auswertung ist auch witterungsunabhängig möglich, so dass der aktuelle Einspareffekt tatsächlich abgelesen werden kann.  

c. Langfristige Maßnahmen für nachhaltige Energieeffizienz

Beleuchtung: Die noch fehlende Beleuchtung im Innen- und Außenbereich (Gebäude, Straßen) wird vollständig auf LED nachgerüstet und umgestellt.

Lüftungsanlagen: Ältere Anlagen werden gegen energieeffiziente Anlagen ausgetauscht.

Wärme: Bei allen Neubauten und Sanierungen städtischer Gebäude werden bereits seit Jahren energieeffiziente Heizungssysteme eingebaut. Langfristig werden alle Anlagen in allen Liegenschaften auf energieeffiziente Systeme umgerüstet.

Energieerzeugung – Selbstversorgung durch Photovoltaik:  Derzeit sind auf den Dächern der stadteigenen Gebäude (inkl. Schulen, Kindergärten etc.) insgesamt 72 PV-Anlagen installiert (Gesamtleistung 1761 kWp). Zusätzlich will die Stadt innerhalb der nächsten fünf Jahre ihre restlichen PV-geeigneten Dachflächen komplett mit PV-Anlagen ausstatten. Damit kann der gesamte Strombedarf der Stadtverwaltung bilanziell zu 100 Prozent gedeckt werden. Rund 160 städtische Liegenschaften haben Dächer, die gut oder sehr gut geeignet für PV-Anlagen sind.

Bei allen städtischen Neubauten, die sich in Planung und Bau befinden, werden die Dachflächen mit den jeweils größtmöglichen PV-Anlagen ausgestattet. Durch fünf neue Bauvorhaben können so bis 2024 rund 318 kWp zusätzlich erzeugt werden. Zusätzlich betreibt die Stadtverwaltung 17 thermische Solaranlagen, deren erzeugte Wärmemenge allerdings nicht gemessen wird.

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