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Erfahrungsbericht als Buch: Leben und Sterben mit einem Hirntumor

29.01.2023 | Buchvorstellung von Manuela Teichgreber  In einer vierteiligen Abhandlung beschreibt die Ehefrau des Verstorbenen das
Familienleben nach der Krebs-Diagnose auch mit Rückblick in die Zeit des Kennenlernens. Schwerpunkt des autobiografischen Werkes ist die Schilderung zum Verlauf eines Glioblastoms bis zum Tod des Erkrankten mit Anfang 30. Anliegen von Alia Schilling ist es populärmedizinische Informationen zu einer Hirntumor-Erkrankung sowie Anregungen für einem resilienten Umgang mit lebenszeitverkürzenden Erkrankungen für Betroffene und ihre Angehörigen zu vermitteln.

Schockierenden Diagnose für eine junge Familie

Die Autorin gibt Einblick in die Gefühlswelt von der ersten schockierenden Diagnose für die junge Familie, vom Hoffen und Bangen, von Rückschlägen, dem „medizinischen“ Alltag, aber auch vom intensiven Leben im Hier und Jetzt mit Ehemann und Tochter in großer Liebe zueinander. Im abschließenden Teil bietet die Autorin umfangreiche Hilfen für Betroffene, Partner, Angehörige und Freunde: wichtige Adressen,wertvolle Tipps etwa zur Selbstorganisation, zum Finden von Unterstützung und zur Beziehungsführung, um nicht in Überforderung oder dem Verlustschmerz zu resignieren.

Ein Buch, das Leser/in bewegt

Dieser Bericht bewegt von der ersten Seite an. Offen und ungeschönt, ohne Pathos oder Mitleiderhaschen erzählt Schilling vom herausfordernden Leben einer Familie, in der ein geliebtes Mitglied seine niederschmetternde Krebsdiagnose erhält. Der Texte strahlt trotz der aussichtslosen Lage Hoffnung aus. Immer spürt man den Willen, sich der Aufgabe zu stellen, das Beste aus der Situation zu machen und im Hier und Jetzt das Leben, so gut es eben geht, zu meistern und auch noch zu genießen.

Wichtig und wertvoll zeigen sich die Gespräche mit ihrem Partner Ingo auch zu Themen, wie weit er noch über sich selbst und seine Krankheit bestimmen wolle und könne; wann und wie er sich ihre Unterstützung bzw. Übernahme der Entscheidungen wünsche. Aber auch Unterhaltungen, in denen die Autorin deutlich macht, wie weit sie, ohne sich selbst zu verlieren, noch mitgehen kann, wie weit sie sich auch immer wieder emotiona ein Stückweit herausnehmen muss, um für ihn und ihre Tochter funktionieren zu können.

Solche Gespräche – allzu oft aus falscher Rücksichtnahme oder zu großer Angst nicht gemacht – erweisen sich für die meisten Angehörigen und auch für Betroffene als unendlich wichtig. Denn sie nehmen nicht nur in der Zeit der Krankheit, sondern auch danach Unsicherheit, Ängste und Selbstvorwürfe.

Besonders berührt das Einbeziehen ihrer Tochter, indem sie mit ihr ehrlich und kindgerecht über den unausweichlichen Krebstod ihres Vaters Gespräche führt. So kann und darf ihre Tochter auch zur Gestaltung und Verarbeitung dieser schwierigen Familiensituation beitragen – etwa wenn sie zum jährlichen „Hirntumortag“ Kuchen backt und schöne Bilder für den betroffenen Ingo malt. Trotz des intellektuellen und körperlichen Verfalls konnte ihr einst promovierter Ehemann durch ihre Fürsorge in Würde aus dem Leben scheiden.

Schreiben gegen die Angst und eine Hilfe für Betroffene

Für die Autorin war das Verfassen dieses Buches selbst ein Schreiben gegen die Angst, die gemeinsame Zeit zu vergessen, zu verdrängen oder nur noch verfälscht wiederzugeben. Diese Furcht hat sie sich damit genommen. So vermag sie heute über den Verstorbenen voller Zuneigung zu erzählen und in ihrer Selbsthilfegruppe Unterstützung anzubieten. Zu guter Letzt bietet ihre Geschichte „Das Leben und Sterben mit einem Hirntumor“ eine wertvolle Hilfe für alle Betroffenen und Angehörigen. So finden sie hier doch zahlreich erprobte Tipps, um das Gefühl von niederschmetternder Hilflosigkeit und grenzlosem Alleingelassensein konstruktiv zu bewältigen. Doch nicht nur für Betroffene erweist sich dieses Buch als nützlich, sondern auch für helfende Hände im medizinischen, psychologischen, sozialen und betreuerischen Bereich.

Alia Schilling
Leben und Sterben mit einem Hirntumor
Der ungeschönte Bericht über die finale Phase eines Glioblastom-Patienten
1. Aufl., Dezember 2022, 272 Seiten
ISBN: 978-3-00-073391-8
Hardcover, 19,90€

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