Naomi Beckwith als Künstlerische Leiterin der documenta 16 vorgestellt

19.12.2024 (yb) Mit Spannung erwartet wurde in Kassel von Kunstfreunden und Medien die Vorstellung der Künstlerischen Leiterin der documenta 16 im Jahr 2027. Als Naomi Beckwith aus New York das Podium im UK14 als Location …

Lesen Sie den gesamten Beitrag »
Kultur

Hessische Geschichten

Kassel

Hessen Kassel Heritage

Kunst

Home » Allgemein, Angesagt

Über Muslimfeindlichkeit in Marburg – Vorfälle und Hintergründe dazu

Moschee in Marburg. Foto nn

04.09.2023 (pm/red) Letzten Monat hat der von der Bundesregierung beauftragte unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit seinen Abschlussbericht vorgelegt und kommt zum Ergebnis, dass jeder Zweite in Deutschland muslimfeindlichen Aussagen zustimmt. Das führt zu Frage, ob sich dergestaltiger antimuslimische Rassismus und die Diskriminierungen über „kopftuchtragende Frauen“ und „gewaltbereite muslimische Männer“ in der als liberal geltenden Stadt Marburg finden lässt?

Der Vorsitzende der islamischen Gemeinde in Marburg, Professor Bilal El-Zayat, schränkt zunächst ein: „Zustimmung zu muslimfeindlichen Äußerungen muss ja noch nicht bedeuten, dass man dann selbst ein Muslimfeind ist. Wir alle haben ja Vorurteile über Menschen, was wir nicht unbedingt böse meinen. Wir sollten lieber überlegen, wie wir damit umgehen.“

Gut findet der Gemeindevorsitzende aber, dass diese Haltungen und Taten jetzt untersucht wurden, da sie allzu lange totgeschwiegen waren. Er begrüßt, dass es jetzt eine Faktenlage gibt.

Der Expertenrat umfasste zwölf Personen, die seit 2020 auch unter dem Eindruck des rassistisch motivierten Anschlags von Hanau ihre Arbeit aufgenommen hatten. Ihre Studie kommt zu dem Schluss:

„Eine Fülle repräsentativer Untersuchungen zeigt, dass sich Muslimfeindlichkeit in großen Teilen der Bevölkerung findet. Unbewusste Vorverständnisse, Fehlinformationen und pauschale Ängste, aber mauch strukturelle Benachteiligungen führen zu einer feindlichen Spaltung der Gesellschaft in ein „Wir“ und „die Anderen“.

Vorwiegend erkennt der Expertenkreis die Diskriminierung in den Bereichen Bildung, Arbeit und Wohnen. Ausländerbeiratsmitglieder und Moscheevorstände berichten über positive Entwicklungen in den letzten 15 Jahren, aber auch über deutlich ablehnende Arbeitgeber, sobald der Name des Stellenbewerbers / der Bewerberin muslimisch klingt, über Vermieter, deren angeblich freie Wohnung auf einmal schon weg ist, als sich die Bewerberin mit Kopftuch an der Tür vorstellen will.

Trotz Erziehermangel fand sich vor Jahren kein Kindergarten im Marburger Raum, der eine Kopftuch tragende, gut ausgebildete Erzieherin einstellen wollte.

Statt Vorbehalte zu pflegen, sollte man offen miteinander umgehen und verschiedene Lebensweisen und mehr Vielfalt akzeptieren, so viele muslimische Bürgerinnen und Bürger, die Diversität als Bereicherung verstehen und nicht als Gefahr: „Muslime sind Teil der Lösung und nicht Teil des Problems“, so eine muslimische Flüchtlingsberaterin.

Auch Bilal El-Zayat verweist darauf, dass ein Kopftuch auch bei orthodoxen Christen und bei Juden vorkommt und dringend mehr Austausch, mehr Begegnung, mehr Musik, mehr Kultur gemeinsam organisiert werden sollte. „Wir sind eigentlich extrem gastfreundlich und wollen Gutes gerne zurückgeben, das gibt uns unsere Religion schon vor“, so die Flüchtlingsberaterin.

Auf die Frage nach antimuslimischem Rassismus fällt dem Gemeindevorsitzenden in Marburg einiges ein:

„Na klar, da gibt es zahlreiche Beispiele. Da war die Bombendrohung vor unserem letzten Ramadan-Fest, es gibt Angriffe und Übergriffe auf Frauen, die Kopftuch tragen, wir hatten vor wenigen Jahren einen Brandanschlag auf eine Marburger Moschee (es war die am unteren Richtsberg), Sachbeschädigungen stellen wir ständig fest, Schmähbriefe und Drohbriefe aus der Bevölkerung kommen regelmäßig bei uns an – teilweise mit Namen und Absender.“

Zur Frage, wie man bisher reagiert habe, räumt Prof. El -Zayat ein, dass man bisher vielleicht zu gelassen gewesen ist, „aber alles, was jetzt kommt, melden wir dem Staatsschutz, das haben wir von der jüdischen Gemeinde gelernt.“

Was kann man besser machen?

„Die Information und der Austausch, auch gemeinsame Treffpunkte und Begegnungen müssen mehr organisiert werden“, schlagen die Betroffenen vor. Politisch könnte man z.B. verhindern, dass ein Schulsportfest, an dem ja auch viele muslimische Kinder teilnehmen, ausgerechnet auf den höchsten islamischen Feiertag geplant wird.

Sich gegenseitig informieren und aufeinander zugehen? Die muslimischen Mitbürger/innen im Marburger Raum scheinen dazu bereit zu sein und wollen sich selbst auch noch mehr der Marburger Bevölkerung öffnen.

Contact Us