Schlechte Bezahlung Grund für Arbeitskräftemangel im Gastgewerbe
18.10.2023 (pm/red) Viele Beschäftigte im Gastgewerbe haben sich während der Coronakrise andere Jobs gesucht. Ohne bessere Arbeitsbedingungen werden sie nicht zurückkommen – und die Branche wird generell nicht attraktiver für Arbeitskräfte. Neben weiteren Verbesserungen bei der Bezahlung spielt dabei eine berechenbare Arbeitsorganisation eine wichtige Rolle, so eine neue Studie für die Hans-Böckler-Stiftung.
Vor der Corona-Krise waren über zwei Millionen Menschen im Gastgewerbe tätig. Im April 2020 waren es 330.000 Beschäftigte weniger – trotz Kurzarbeit und anderer Unterstützungsmaßnahmen. Und bis heute ist das Vorkrisenniveau nicht wieder erreicht. Das geht aus der Untersuchung von Katrin Schmid und Dr. Stefan Stracke hervor, darunter eine Befragung von mehr als 4.000 Beschäftigten und von Betriebsräten.
„Das bisherige Geschäftsmodell der Branche kam durch Corona ins Wanken und die Nachwirkungen sind immer noch zu spüren. Im Jahr 2022 waren noch rund 100.000 Beschäftigte weniger im Gastgewerbe tätig als vor der Pandemie. Die Frage ist, ob und wie sich diese Personallücke wieder schließen lässt,“artikulieren die Autorinnen der Studie.
4.200 Gastronomiebetriebe weniger
Das Gastgewerbe besteht in erster Linie aus Gastronomiebetrieben, hinzu kommen Hotels und Pensionen sowie Catering-Firmen. Meist handelt es sich um Kleinunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten. Die Zahl der Betriebe hat zu Beginn der Pandemie um rund 5000 abgenommen, 4200 davon in der Gastronomie. 2021 blieb sie – höchstwahrscheinlich wegen der staatlichen Überbrückungshilfen – in etwa konstant und liegt inzwischen knapp über dem Niveau von 2019.
100 Milliarden Euro Branchenumsatz in 2022
Nach einem Einbruch um gut 40 Prozent im Jahr 2020 sind die Umsätze wieder gestiegen, haben den Wert von 2019 aber nicht wieder erreicht. 2022 setzte die Branche nicht ganz 100 Milliarden Euro um, zeigt die Branchenanalyse, die die Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gefördert hat.
Hoher Anteil von Minijobs
Die Beschäftigung im Gastgewerbe hatte in den Jahren vor 2019 stetig zugenommen, wobei erstmals seit Jahren wieder mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse als Minijobs entstanden waren. Dieser Trend hat sich nach der Coronakrise allerdings wieder umgekehrt: Fast zwei Drittel des jüngsten Beschäftigungszuwachs entfallen auf Minijobs.
Gründe der Abwanderung von Arbeitskräften
Viele Beschäftigte haben dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt. Häufig arbeiten sie nun im Einzelhandel oder in Logistikberufen. Gründe für die starke Abwanderung sind schlechte Bezahlung, regelmäßige Überstunden, ständiger Zeitdruck und enorme Anforderungen an die Flexibilität.
Nicht die Arbeit an sich sei es, die den Menschen zu schaffen macht, sondern die Organisation, so die Befragung: Die Spätschicht am Wochenende zu übernehmen, ist nicht das Problem. Problem ist es, erst einen Tag vorher zu erfahren, wann man eingeteilt ist. Ein Fünftel muss häufig jenseits der verabredeten Arbeitszeiten kurzfristig einspringen. Die Planungsschwierigkeiten und das ständige Improvisieren selbst sind wiederum oftmals Personalmangel geschuldet.
Die Branche zählt nach der letzten Mindestlohnerhöhung beim Lohnniveau weiterhin zu den Schlusslichtern. Die Tarifbindung ist niedrig, die hohe Inflation zehrt von der gewonnenen Kaufkraft wieder viel auf. Insofern seien weitere Verbesserungen der Entlohnung geboten, sagen die Fachleute.