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Als der Krekel ins Rathaus kam war mehr als nur jeder Stuhl besetzt

Rund 150 Interessierte verfolgten im Historischen Rathaussaal die Vorstellung der Stadtschrift über den Krekel, die Christina Hey mit Ursula Mannschitz und Hartmut Möller unter Beteiligung vieler ehemaliger Bewohner geschrieben hat. Foto nn

27.12.2023 (pm/red) Ein ungewöhnliches Buch-Projekt mit Erinnerungen an ein beinahe vergessenes Stadtquartier war die Präsentation des Buches über den Krekel im Rathaus. Im Historischen Rathaussaal strömten zur Vorstellung der Stadtschrift „Erinnerungen an einen vergangenen Ort. Die Siedlung am Krekel in Marburg“ 150 Interessierte, wird mitgteilt.

Die Vorstellung der Marburger Stadtschrift Band 118 zur Siedlung am Krekel wurde damit zum denkwürdigen Tag für Sabine Preisler, Projekt- und Stadtschriftenleiterin, und für Christina Hey, Ursula Mannschitz und Hartmut Möller. Die drei Autoren haben für das mehr als 300 Seiten starke Buch mit über 200 Fotos und Dokumenten in vielen Archiven geforscht und interessante Quellen aufgetan. Sie haben mit ehemaligen Bewohnern aus der Zeit der 60er und 70er Jahre gesprochen.

In der Zeit vom 1930 und 1973 waren in der Siedlung „Am Krekel“ in sehr einfachen Unterkünften Menschen in Marburg untergebracht worden, die ihre Wohnung verloren hatten. Wo heute am Krekel der städtische Bauhof ist, standen Steinbaracken für Menschen, die sonst keine Wohnung fanden.

„Wenn man durch das Buch blättert und in den Geschichten liest, was Menschen vom Krekel von ihrem Alltag erzählen, dann liest man von den Beschwernissen des Lebens. Und auch von der Haltung, die andere damals gegenüber den gestrandeten Menschen Krekel einnahmen“, erläuterte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Er selbst erinnere sich, als Kind Diskriminierung und Ausgrenzung von den Bewohnern mitbekommen und den Ort als fast „verboten“ wahrgenommen zu haben.

Als die Siedlung am Krekel im Jahr 1930 gebaut wurde, war die NSDAP schon die stärkste Partei in der Stadt – viele Bürger, darunter Studenten, schlugen sich auf die Seite dieser Partei, vergegenwärtigte OB Spies. „Man darf nicht vergessen, dass es hier eine Zeit gab, in der Menschen nicht nur aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe oder ihres Glaubens, sondern auch aufgrund ihrer sozialen Möglichkeiten ausgegrenzt worden sind.“

„Mir war es total wichtig, ein Buch gemeinsam mit vielen Menschen zu schreiben. Und diese Beteiligung so vieler hat mir große Freude bereitet und mich immer wieder angetrieben weiterzumachen“, erläuterte Christina Hey.

Erzählt wird im Buch von den Schwierigkeiten und Herausforderungen eines Lebens auf engstem Raum. Aber auch von Kindheit und Alltag, von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und vom Zusammenhalt sowie vom Beginn jener Gemeinwesen- und Stadtteilsozialarbeit, die Marburg bis heute stark macht.

In über 20 Kapiteln vom „Aufwachsen am Krekel“ über „Weshalb es so schwierig mit der Wohnung war“ oder „Den Lebensunterhalt sichern“ bis zur „Sozialen Arbeit am Krekel“ bietet das Buch lebendige Bezüge, wie den Badespaß der Krekel-Kinder in der Lahn. Die Stadtschrift wird mit der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau herausgegeben. Sie beschäftigt sich mit Blick auf Vergangenheit und Zukunft mit Wohnungsnot und Perspektiven sowie als Ausblick mit neuen Modellen für obdachlose Menschen in der Stadt Marburg.

Marburger Stadtschrift zur Geschichte und Kultur, Band 118 „Erinnerungen an einen vergangenen Ort. Die Siedlung am Krekel in Marburg“ wird ab Ende Januar 2024 wieder im Buchhandel erhältlich sein.

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