Inflation, Stagnation, Deindustrialisierung – und Kiffen wird legal
25.02.2024 (pm/mm/red) „Wirtschaft steuert in Rezession“ lautete das veröffentlichte Resümee der IHK-Konjunkturumfrage, also nicht nur Stagnation sondern Rezession steht demnach in Nordhessen und Deutschland vor der Tür. Bereits eine Woche zuvor wurde die Deindustrialisierung der deutschen Volkswirtschaft von einem Repräsentanten eines Industrieverbands beklagt. Das waren sehr deutliche und warnende Worte. „Trübe Aussichten“ titelt dazu der Wirtschaftsteil der >Welt am Sonntag< vom 25.02.2024. Weiter findet sich dort zu lesen: „Der Chemiekonzern BASF will nur noch im Ausland wachsen und verschärft den Sparkurs am Hauptsitz in Ludwigshafen. Die Stadt fürchtet um Jobs und Steuereinnahmen – und ist nicht die einzige Kommune mit diesen Sorgen.“ Es folgt eine Aufzählung weiterer bekannter Firmen deutscher Industriehersteller mit Zahlen zum Abbau von Arbeitsplätzen samt Verlagerungen ins Ausland: 2.000 Jobs weniger bei Miele, 700 sollen vom Stammsitz Gütersloh nach Polen verlagert werden. Bei Bosch und Continental stehe der Abbau von „Tausende Stellen“ an. Dass bei ZF Friedrichshafen laut Gesamtbetriebsrat „12.000 Jobs auf der Kippe“ stehen, lässt die Listen der Streichungen, Kürzungen und des Abbaus guter Industriearbeitsplätze endgültig in bedrohliche Höhen anwachsen.
Dagegen vermag die Ankündigung in der Wochenendausgabe der HNA auf einer Regionalseite kaum große Zuversicht auslösen. 115 neue Arbeitsplätze sollen mit einem neuen Werk von Stiebel Eltron in Eschwege entstehen. So sehr dies für die Stadt an der Werra erfreulich ist und vom Bürgermeister begrüßt wird, ist die mitgeteilte gute Hundertschaft neuer Beschäftigter (115 neue Arbeitsplätze) nicht annähernd genug um den Verlusten alleine in der Stadt Kassel etwas entgegen zu setzen.
Eher wie eine Pflichtmeldung kommt die Nachricht, ebenfalls in der HNA aus Kassel daher, dass es weiter viele Grippefälle in der Region gebe. Die Influenza geht um, was weder jahreszeitlich noch in langjähriger Betrachtung eine Besonderheit ist. Interessant erscheint dagegen eher – und soll daher an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben – der letzte Satz: „Corona sei in Kliniken und Arztpraxen kein Thema mehr, heißt es.“ Corona also kein Thema mehr, doch selbiges wird zumindest mitgeteilt, schließlich begegnen immer noch hinter Masken verborgene Gesichter im Stadtbild an der mehr oder weniger frischen Luft. Und, wie es scheint, entfalten die allermeisten Trennscheiben aus Plexiglas an Countern und Tresen, sogar auf Schreibtischen in Büros, Banken, Arztpraxen oder Apotheken erstaunliche Verharrungskräfte.
Mehr und offenbar drastische Befürchtungen in der Darstellung mancher Medien löst dagegen die mit großer Mehrheit gerade vollzogene Bundestagsabstimmung zur Freigabe von Cannabis aus. Wenngleich diese späte Legalisierung – nicht nur als gut wirksames Schmerztherapeutikum von vielen chronisch an Schmerzen leidenden Menschen begrüßt wird – eignet sich der Themenkomplex allzugut um einmal mehr den Untergang des Abendlandes zwischen Alpen und Nordsee zu beschwören.
„Am Morgen ein Joint und der Tag ist Dein Freund“ als unverhohlener (Aus-)Spruch in lange vergangenen friedlichen Zeiten in Afghanistan, südlich des Himalalya in Indien oder mit Erlebnissen des „Himmel über der Wüste“, in der Kabylei, oder verbreitet dies- und jenseits des Atlasgebirges, bleibt inzwischen den deutlich älteren Jahrgängen vorbehalten. Ob freilich eine kunstvoll gedrehte Tüte oder in rauchfreier Zubereitung gebackene Kekse der wachsenden Bedrückungen und Sorgen immer schwindsüchtiger werdender Geldbeutel von Millionen Menschen in unserem Land etwas wirksam entgegensetzen können, müsste bei einigem Nachdenken bezweifelt werden. Welcher smarte Social-Media-User hat dafür noch Gelegenheit oder eine passende App?
(—>Korrekturen u. Ergänzung 260224-9.12 CET)