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1. Mai in Marburg ohne Käte ist ein trauriger 1. Mai

Marburg 30.4.2011 (red) Zum diesjährigen 1. Mai dokumentiert und veröffentlicht das Marburger. drei Beiträge von engagierten Gewerkschaftern.

Veröffentlicht werden die Anprache des DGB-Sekretärs Ulf Immelt bei der Vormaifeier am 30. April in der Waggonhalle, die Maiansprache von Pit Metz und der Beitrag der ver.di-Jugenbildungssekretärin Ulrike Eifler aus Gießen zur Maizeitung.

Gastbeitrag von Ulf Immelt. Was mich aber ein wenig tröstet ist, hier wird mir Kirsten Dinnebier sicher zustimmen, dass wir hier versammelt sind und gemeinsam im Sinne von Käte die traditionelle Vormaifeier der DGB-Senioren begehen.

Dafür herzlichen Dank an den DGB-Seniorenausschuss mit Julius Klausmann an der Spitze.

Das diesjährige Motto lautet Das ist das Mindeste, faire Löhne, gute Arbeit, soziale Sicherheit. Aber wie sieht die Realität aus?

Der Niedriglohnsektor wächst. Über 22 Prozent der Arbeitnehmer arbeiten im Niedriglohnsektor. Selbst in einem reichen Bundesland wie Hessen arbeitet inzwischen jeder Fünfte unter prekären Bedingungen.

Die Leiharbeit boomt. Fast jede zweite neue Stelle ist ein Leiharbeitsverhältnis. Leiharbeit bedeutet für die Betroffenen: in der Regel 30 bis 40 Prozent weniger Lohn, Hire and Fire, Unischerheit, keine Perspektive, keine Planungssicherheit. Kurz und knapp gesagt, Leiharbeit bedeutet moderne Sklavenhalterei. Das moderne Sklavenheer hat inzwischen die Millionengrenze überschritten.

Neoliberale mit, ohne und egal welchem Parteibuch sagen „Sozial ist, was Arbeit schafft.“

  • Wir sagen Sozial ist, was gute Arbeit schafft
  • Arbeit von der man in Würde leben kann
  • Arbeit, bei der man gesund die Rente erreicht
  • Gute Arbeit bedeutet auch Wertschätzung und Respekt
  • Nicht zuletzt geht es um Mitbestimmung und Demokratie im Betrieb

Inzwischen sprechen auch viele sogenannte Experten aus der Wissenschaft und Politk von Guter Arbeit. Der DGB Marburg-Biedenkopf hat die wirklichen Experten und Expertinnen zum Thema gute Arbeit befragt, unsere Kollegen und Kolleginnen in den Betrieben.

Vormaiveranstaltung der DGB-Senioren am 30. April in der Waggonhalle. Am Rednerpult spricht Ulf Immelt, vom DGB Mittelhessen. (Foto Hartwig Bambey)

Dazu wurde im letzten Frühling im Altkreis Marburg-Biedenkopf ein lokaler Index Gute Arbeit in der Metallbranche erstellt. Beschäftigten in mehreren Betrieben im Hinterland wurden 31 Fragen gestellt, aus deren Auswertung der DGB-Index zusammensetzt. Das Ergebnis war erschreckend: Nur 2 Prozent haben gute Arbeit. 70 Prozent der Kollegen beurteilen ihre Arbeit als schlecht.

Politisches Ziel der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung war es immer die Errungenschaften der französischen Revolution Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit um den Begriff der Solidarität, also um sozial Grundrechte, zu erweitern.

Wir, die Arbeiterbewegung, haben die historische Erfahrung gemacht, dass man von Parlamentswahlen alleine nicht satt wird. Karl Marx hat dies einmal so beschrieben: „Alle vier Jahre darf der Proletarier die wählen, die ihn im Parlament vertreten oder zertreten.“ Daher brauchen wir neben den formalen politischen Teilhabemöglichkeiten genauso soziale Bedingungen, in denen Alle das gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Laben aktiv gestalten können.

Aktiv gestalten, das heißt aktive und kollektive Gestaltung aller gesellschaftlichen Bereiche – einschließlich der Wirtschaft. Ich frage Euch

  • Wie soll jemand, der nicht weis, wie er sich und seine Familie über die Runden bringen soll,
  • der nicht weis, wie er im nächsten Monat die Miete zahlen soll,
  • der früh morgens Zeitung austrägt, danach in einem Café bedient und abends putzen geht, politische Debatten verfolgen, geschweige denn, sich daran zu beteiligen.
  • Was empfindet ein Harz IV-Empfänger, dem laut Gesetz 3,50 Euro für Essen pro Tag zur Verfügung stehen, zu einem Beratungskurs für gesunde Ernährung?
  • Welchen Sinn mach der Nordic-Walking-Kurs für den zukünftigen Bürgerarbeiter, der gerade sein Auto verkaufen musste?
  • Ist so etwas Hilfe für die Betroffenen oder blanker Zynismus der Herrschenden?

August Bebel, der Gründer der Deutschen Sozialdemokratie, hat einmal zum Ausdruck gebracht: Die soziale Frage und damit auch die Eigentumsfrage ist der entscheidende Punkt, in der sich die sozialistische Arbeiterbewegung von den bürgerlichen Radikalen unterscheidet.

Bürgerliche Freiheit heißt, dass man unter Brücken schlafen darf. Wir müssen dafür sorgen, dass niemand unter Brücken schlafen muss.
Soziale Sicherheit bedeutet aus gewerkschaftlicher Sicht: Ein solidarischen Sozialstaat statt mittelalterlicher Almosenstaat. Das bedeutet statt Tafeln und Kulturloge unser Grundrecht auf soziale Sicherheit und Teilhabe.

Faire Löhne, gute Arbeit und soziale Sicherheit ist das Mindeste
Dies ist das Mindeste. Es geht also noch mehr. Zum Beispiel eine solidarische Gesellschaft ohne Klassenprivilegien, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt worden ist.

—> Beitrag zur Eröffnung Käte-Dinnebier-Saal im DGB-Haus Marburg.

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