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Region Marburger Land: Gefühlte und gelebte Identität in konkreten Projekten umsetzen

Marburg, 15.9.2011 (ni) Ob das märchenhafte Schloss Rauischholzhausen mit Kulturangeboten und Wissenschaftstagungsort, ob die historische Kulisse der malerischen Bonifatius-Bergstadt Amöneburg, ob das Wassersport- und Freizeit-Eldorado am Niederweimarer See, ob schmucke Fachwerkbauten in Fronhausen oder ein (noch) intaktes traditionelles Landleben in den Außenstadtteilen Marburgs – die Region Marburger Land hat einiges zu bieten. Seit 2008 gibt es einen Verein gleichen Namens, der sich in gemeindeübergreifender Kooperation den Erhalt und die Stärkung des landschaftlich, historisch und kulturell zusammengehörigen Gebietes zur Aufgabe gemacht hat. Am Mittwoch lud der Vorsitzende, Ebsdorfergrunds Bürgermeister Andreas Schulz, zu einer Informationsveranstaltung ein, in der auch konkret künftige Strategien und Konzepte vorgestellt und für die Region geworben wurde.

EU-Förderprogramm LEADER für die ländliche Region

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Zum Verein Region Marburger Land gehören die Kommunen Amöneburg,  Ebsdorferfgrund, Fronhausen und Weimar sowie die ländlich geprägten 15 Außenstadtteile von Marburg. Das Gebiet umfasst 50 Ortschaften mit  rund 38.500 Einwohnern und wurde von der Europäischen Union als sogenannte LEADER-Region für die Förderperiode 2007 bis 2013 anerkannt. Das bedeutet,  dass Kommunen, Vereine, Verbände, Unternehmen, Initiativen und Privatpersonen aus dieser Region die Möglichkeit der Projektförderung aus Mitteln des LEADER-Programms der EU haben. Das LEADER-Programm soll die Entwicklung des strukturschwachen ländlichen Raums unterstützen. Die Förderung dient als Anschubfinanzierung für Projekte, die die Wertschöpfung und Wirtschaftsentwicklung in der Region stärken oder einen Beitrag zur Lebensqualität sowohl im kulturellen als auch im sozialen Bereich leisten.

Bürgermeister Schulz hatte nun als neuer Vorsitzende der Region Marburger Land die Ortsvorsteher und Ortslandwirte sowie Hotel- und Gaststättenbetriebe aus der Region eingeladen, um Vorstellungen für ein lebendiges Marburger Land zu präsentieren, zum Mitmachen zu motivieren und konkret Praxisbeispiele anzusprechen. Denn die vorhandenen Potenziale in der Region sollen ausgebaut und nachhaltig entwickelt sowie eine gemeinsame Identität geschaffen werden. „Nach der gefühlten auch eine gelebte Identität zu schaffen“ ist Schulz ein wichtiges Anliegen.

Vier Leitprojekte als Zielvorhaben

An dem Informationsabend wurden den rund 30 Besuchern zunächst die vier Leitprojekte der Region Marburger Land vorgestellt; die Regionalbeauftragten, die für private und öffentliche Investoren in den jeweiligen Gemeinden auch als Ansprechpartner in allen Förderfragen fungieren, erläuterten dazu Überlegungen zu dem langfristigen Entwicklungskonzept:

•    Birgit Gruß aus Amöneburg gab Einblicke in die Verknüpfung kultureller und touristischer Attraktionen und das breit gefächerte Spektrum an Kultur und Erlebnisangeboten für den Landtourismus unter dem Leitmotiv ‚KulTourErlebnis Marburger Land‘. Der Ausbau von Veranstaltungsorten, die Verbesserung der Infrastrukturen und der Gästeinformationen oder die verstärkte Berücksichtigung neuer Zielgruppen, wie zum Beispiel der Pilger, sind einige der vorgestellten Ziele.

•    Carina Zimmermann, Regionalbeauftragte der Gemeinde Ebsdorfergrund,  referieret über ‚Regionale Netzwerke, die verbinden‘ und beschrieb die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Verknüpfungen auf vielen gesellschaftlichen Ebenen, um gemeinsam Standortvorteile und Synergieeffekte zu nutzen und auszubauen und ein unverwechselbares Profil entstehen zu lassen. Netzwerke für Kultur, Soziales, Tourismus, Wirtschaft, Städtebau und Infrastruktur zu schaffen, sei eine zentrale Aufgabe für die Region Marburger Land.

•    Sabine Becker aus Fronhausen erläuterte die Potenziale in der Region Marburger Land bezüglich erneuerbarer Energien. Als zukunftsfähige, ökologische Beispiele nannte sie Biogasanlagen, Energiemais-Anbau, Wärmedämmmaßnahmen, Erdwärme, nachhaltige Nutzung von Holz oder den Ausbau eines umweltverträglichen Energiemixes.

•    Wolfgang Liprecht, Regionalbeauftragter der Stadt Marburg, schließlich zeigte auf, wie wichtig die Zusammenarbeit untereinander gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels ist, um die Dörfer als Lebensraum mit Zukunft erhalten zu können. Die Dörfer seien in ihrer Struktur unmittelbar bedroht durch Überalterung, Abwanderung und Höfesterben. Aufgabe sei es, die dörflichen Strukturen attraktiv zu gestalten, Dorfkerne zu erhalten, Gebäudesanierungen anzuschieben und dazu ausreichend Beratungsangebote bereitzustellen. Generationenübergreifendes Wohnen oder studentisches Wohnen in ländlichen Gebieten, Dorfläden, die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, der Erhalt von Grundschulen und Kindergärten vor Ort seien beispielhafte Aspekte, um das traditionelle Dorf in der Region zu einem attraktiven Wohn- und Lebensraum zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Schulz: gemeinsam Stärken ausbauen und Schwächen minimieren

Bürgermeister Schulz betonte zusammenfassend, dass man die Risiken des Strukturwandels offen ansprechen müsse ebenso wie aber auch die Chancen, die es gelte, in der Region Marburger Land gemeinsam zu entwickeln, um sich auch 2013 für eine weitere Förderperiode zu bewerben. Aber selbst, wenn man dann keine Fördermittel mehr bekäme, gebe es keine Alternative dazu, dass sich die Dörfer im eigenen Interesse gegenseitig  „unterhaken“ und Aufgaben gemeinsam angehen, um ihre Zukunft sichern zu können, so Schulz.

Zur Anschauung dafür, dass die Region Marburger Land nicht nur auf dem Papier existiert, sondern Ziele konkret in die Praxis umsetzen und in einem lebendigen Miteinander entwickeln will, wurden zwei Projekte vorgestellt, die der Verein für nächstes Jahr plant.

Sanfter Tourismus mit Elektro-Fahrrädern

Bürgermeister Andreas Schulz aus dem Ebsdorfergrund will Elektrofahrräder samt Verleihstationen in das Marburger Land holen, um damit weitere Impule im touristschen Bereich zu setzen. Zugleich dürfe ein Trend keinesfalls verschlafen werden, meint der Vorsitzende des Vereins der LEADER-Region. (Foto Hartwig Bambey)

Da ist zum einen die Überlegung, Verleihstationen von Elektro-Rädern in der Region zu initiieren, wie es sie schon andernorts gibt. Mit solchen Movelo-Pedelecs könnte ein Fremdenverkehrs-Marketinginstrument im Sinne eines sanften Tourismus geschaffen werden, der der heimischen Wirtschaft, ähnlich wie im Burgwald, in Marburg oder entlang des Lahntals, neue Zielgruppen erschließen könnte. „Wenn das nicht angeboten wird, geht Fahrradtourismus am  Marburger Land vorbei“, plädierte Schulz für ein möglichst großes Interesse an der Einrichtung vieler Verleihstationen.

Gemeinsame Testfahrt im Marburger Land mit Elektrofahrrädern: Bürgermeister Reinhold Weber, links, Fronhausen, Bürgermeister Michael Richter-Plettenberg, Amöneburg, Bürgermeister Perter Eidam, Weimar und Erster Beigeordneter Lothar Mücke aus Fronhausen am Wegekreuz. Foto Hartwig Bambey

Marktplatz-Projekt im April 2012 als Dienstleistungs-Tauschbörse

Als weiteres konkretes Projekt ist im April nächsten Jahres im Schloss Rauischholzhausen ein sogenannter ‚Marktplatz‘ geplant.  Dabei sollen an einem Nachmittag Vereine, gemeinnützige Organisationen oder öffentliche Einrichtungen mit Unternehmen aus der Wirtschaft zusammengebracht werden. Dies geschieht mit dem Ziel, gegenseitige Dienstleistungsvereinbarungen abzuschließen. „Geld ist tabu“, erläuterte Doris Heineck von der den Marktplatz organisierenden Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf die Grundregel des interessanten Konzepts. Es gehe allein darum, Dienstleistungen auszutauschen, sich auf diesem Wege auch näher kennen zu lernen, Netzwerke zu knüpfen und auf lokaler, regionaler Ebene konkrete gesellschaftliche Kooperationen zu schaffen.

So könnte beispielsweise eine Kindergartengruppe bei einer Betriebsfeier in einem Unternehmen ein kleines Theaterstück aufführen, wofür das Unternehmen im Gegenzug wiederum dem Kindergarten ein Klettergerüst baut. Nun gelte es zu überlegen, was suche ich und was biete ich an. Alle Teilnehmer sollen dabei im Vorfeld durch Workshops vorbereitet werden. Das Marktplatzprojekt basiert auf einem bundesweit in vielen Städten erprobten Konzept, das von der Bertelsmannstiftung initiiert und gefördert wird.

Einbringung und Mitsprache an einem ‚Runden Tisch‘

Abschließend kündigte Schulz an, man wolle einen ‚Runden Tisch‘ einrichten, damit jeder mitarbeiten, Ideen entwickeln und Anregungen oder Kritik äußern könne, um die Region Marburger Land lebendiger und attraktiver zu machen.

Weitere Informationen finden sich auf der Website der Region Marburger Land.

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