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Wie mit der Millionenspende umgegangen wird

Marburg 1.2.2012 (pm/red) Ungewöhnlich ist der Spendenbetrag in Höhe von 4 Millionen Euro. Ungewöhnlich war der Wunsch des Spenders nach Anonymität. Ungewöhnlich ist es einen Schrägaufzug zum Schloss finanzieren zu wollen. Den Schrägaufzug hatte der Oberbürgermeister zur Diskussion gestellt. Bürgerinnen und Bürger sind wie die gewählten Mandatsträger/innen mit Fragen zum Umgang konfrontiert. (Kommunal-)politische Kultur in Marburg ist jetzt gefordert und herausgefordert. Die Koalitionsfrage dürfte schnell verklingen und Betrachtung des eigentlichen Themas weichen.

Das ist kein leichtes Unterfangen, soll es eine positive und aufklärende Diskussion werden. Stadtpolitik und Finanzen, die Haushaltshoheit des Stadtparlaments und das Verhältnis zum Spender in Person und Institution will geklärt sein. Neben der öffentlichen Debatte in der Stadt ist die Stadtverordnetenversammlung gefordert klare Positionen zu entwickeln.

Das Stadtgeschichte und Stadtbild prägende Schloss war von Egon Vaupel schon vorher als Örtlichkeit für ein Stadtmuseum ins Gespräch gebracht worden. Die Liegenschaft des Landes im Besitz der Universität mag als ‚gute Stube‘ weitergehender Nutzungen harren. Von sonderlichem Vorrang ist dies nicht. Spender Pohl will den Schrägaufzug finanziell befördern. Unmittelbar musste das der Oberbürgermeister ablehnen, hat dies mitgeteilt, auch im Stadtparlament. Zugleich wollte er die Millionenspende nicht zurückweisen. Das ist nicht zu kritisieren, oder etwa doch?

Es geht um das Verfahren. Die Frage warum (zunächst) anonyme Spende zudem kurzfristig zum Jahresende könnte und sollte der Spender beantworten. Jedenfalls diesem ‚geschenkten Gaul‘ schaut man in Marburg sehr wohl ‚ins Maul‘. Dabei ist es nicht die erste Zuwendung von Pohl an seine Heimatstadt. Es gibt Stiftungen von ihm,  er fördert die Universität im großem Umfang. Vor wenigen Wochen erst ist, mit 6 Millionen Euro von der Dr. Reinfried Pohl-Stiftung finanziert, das ‚Zentrum für medizinische Lehre‘ samt Kindertagesstätte eröffnet worden. Das wurde von vielen begrüsst und von niemandem in Frage gestellt.

Sollten und konnten kurz darauf 4 Millionen Euro von der Person Dr. Reinfried Pohl abgelehnt werden? Wohl kaum. Ganz andere Worte der Kritik hätte Marburgs OB erfahren, wenn er die Öffentlichkeit, politische Gremien und Koalitionspartner darüber informiert hätte, dass er die Spende zurückgewiesen habe, weil…

Solche Umkehrung soll auf das Ungewöhnliche verweisen. Nicht einmal Nutzen von einem Schrägaufzug, den Pohl als Gastronomiebetreiber in Bückings Garten haben könnte, würde die Spende verwerflich machen. Ob soziale oder kulturelle Widmung, der Wunsch nach positivem Ansehen oder wirtschaftliche Interessen – Sponsoring, Mäzenatentum und Spenden sind nicht unerwünscht oder unanständig. Generell und hier konkret geht es um Klarheit und Transparenz.

Zum mehrfach Ungewöhnlichen der Spende gehört auch, dass es dafür keine Gepflogenheit und Regeln gibt. Herbei damit. Dafür braucht es Öffentlichkeit statt Anonymität und Diskussion statt Exklusivität. Dahin geht die Forderung der GRÜNEN, ganz aktuell artikuliert als Vorschlag zur Errichtung einer Bürgerstiftung. Was spricht dagegen? Herbei also mit privaten Spenden und Umgang in Transparenz.

Die Marburger LINKE will schon länger eine höhere steuerliche Abschöpfung mittels Gewerbesteuer. Ob dies jetzt neu diskutiert wird, erscheint fraglich. Dabei gibt es wachsende Missverhältnisse in der Verteilung. Die Armut vieler wächst, dagegen der Reichtum weniger. Dazu wächst die Verarmung der öffentlichen Hand, ob in Deutschland oder in Europa. Marburg ist Teil dieser Welt und wird noch mehr Sitz von Finanzindustrie in Gestalt der DVAG mit Vorstand Dr. Reinfried Pohl.

Das kann schon lange befangen machen. Dass diese Spende befangen machen müsse (nach hinten oder zukünftig), ist die Position eines Marburger Stadtverordneten (wahrscheinlich auch von weiteren). Das ist eine Position für die weitere Diskussion. Wie es mit der Koalition weiter geht, werden SPD und GRÜNE klären. Etwas anderes, weitergehendes, alle Parteien und Mandatsträger betreffendes ist, wie reflektiert oder unbedarft, transparent oder versteckt mit Spenden und Spendern umgegangen wird.

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