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Aufruf zur Verleihung des ‚Jürgen-Markus-Preis: Marburg barrierefrei‘

Marburg 17.4.2012 (pm/red) Die Stadt Marburg verleiht im Jahr 2012 zum ersten Mal den ‚Jürgen-Markus-Preis: Marburg barrierefrei‘. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und wird im zweijährigen Rhythmus vergeben. Die Preisverleihung soll am 14. September stattfinden. Marburg als Stadt zu weiter zu entwickeln, in der behinderte Menschen so weit wie möglich selbstbestimmt leben und arbeiten können, sei mit der Stiftung und Auslobung dieses Preise verbunden, erläutert Stadträtin Kerstin Weinbach.  Dafür stehe in vorbildlicher Weise Jürgen Markus, der in seinem Leben gezeigt habe, dass Veränderungen für ein barrierefreies Leben in vielen Bereichen notwendig und auch möglich sind. Zur Unterstützung entsprechender Aktivitäten für ein barrierefreies Marburg, aber auch zum Gedenken an einen bemerkenswerten Menschen, wurde der ‚Jürgen-Markus-Preis: Marburg barrierefrei‘ gestiftet.

Der Preis soll Bürgerinnen und Bürger in Marburg dazu anregen, sich für die Verbesserung der Lebenssituation in ihrer Stadt einzusetzen, so wie es Jürgen Markus bis zu seinem Tod im Februar 2010 getan hat. Beispielhaftes und engagiertes Wirken soll belohnt und anerkannt werden, Vorhaben sollen in der Umsetzung finanziell unterstützt werden. Auch neue Ideen sollen angeregt werden, Kreativität gefördert und entsprechendes Wirken öffentlich bekannt gemacht werden.

Prämiert werden „Maßnahmen, Initiativen und Projekte in der Universitätsstadt Marburg, die
•    zum Abbau von Barrieren in Straßen und Häusern,
•    zum Aufbau des freien Zugangs zu sozialem Leben und Kultur und
•    zur Teilhabe und Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderungen führen.“

Diese Maßnahmen, Initiativen und Projekte sollen nachhaltig dazu beitragen, dass die Universitätsstadt Marburg hinsichtlich ihrer Gebäude, ihrer Verkehrs- und Erschließungsflächen sowie ihrer gesamten Infrastruktur sowohl im öffentlichen als auch privaten Bereich barrierefrei, für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich und nutzbar sind. Hierzu zählen beispielsweise Maßnahmen zur besseren Erschließung von städtischen und privaten Begegnungsstätten, Gaststätten Bürger- und Gemeinschaftshäusern, Vereins- und Versammlungsräumen, Kinos, Theater, Konzerträumen. Die Maßnahmen sollen weiterhin Chancen zur uneingeschränkten Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebensbereichen (Kinder- und Jugendeinrichtungen, Schule, Arbeit und Beschäftigung) eröffnen und schließlich die soziale und kulturelle Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderungen auf kreative Weise voranbringen.

Über die Preisverleihung entscheidet ein Kuratorium und auch darüber, ob der Preis an eine einzelne Maßnahme geht, oder ob er auf mehrere Projekte aufgeteilt wird.

Bewerbungen für den Preis können schriftlich mit einer Kurzdarstellung bis zum 15. Juni beim Magistrat der Stadt Marburg, Behindertenhilfe, Frau Hühnlein, Friedrichstraße 36, eingereicht werden. Informationen dazu —>siehe ausführlicher am Ende dieses Beitrags.

Zum Leben und Wirken von Jürgen Markus

Jürgen Markus, geboren am 12.09.1957 in Bad Driburg, war Ende der 70er Jahre zum Studium nach Marburg gekommen. Im Februar 1982 hatte er sich durch einen Unfall beim Sport Dies der Philipps-Universität eine irreparable Verletzung im Halswirbelbereich zugezogen. Nach neun Monaten Klinikaufenthalt kam er zurück nach Marburg, querschnittgelähmt, und nicht mehr in der Lage eigenhändig seinen Kaffee zu trinken. Seine neue Lebenssituation stellte ihn vor ungeahnte Herausforderungen in seinen elementaren Lebensbereichen, für die es insbesondere in der damaligen Zeit kaum spezifische Hilfestellungen und Lösungen gab.

Für Menschen in seiner Lebenssituation war zu dieser Zeit allenfalls eine Pflegestation in der stationären Altenhilfe als Ort zum Leben denkbar. So war persönliche Assistenz in einem selbst gewählten Wohn- und Lebensumfeld weitgehend unbekannt, barrierefreier Wohnraum war nicht verfügbar. In den Städten gab es allgemein keine für die Mobilität von körperbehinderten Menschen unabdingbar notwendige Vorkehrungen, wie etwa abgesenkte Bordsteine, abgeflachtes Kopfsteinpflaster, stufenlose Zugänge zu Gebäuden oder behindertengerechter ÖPNV.

Mit diesen Bedingungen konnte und wollte sich Jürgen Markus nicht abfinden und so begann für ihn sein „zweites Leben“, wie er seine neue Lebenssituation selbst beschrieb, mit dem Kampf für ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen, die – wie er – auf eine weitreichende alltägliche Unterstützung, barrierefreien Wohnraum und ein barrierefreies Gemeinwesen angewiesen waren. Um überhaupt nach Marburg zurückkehren zu können, versuchte er zunächst mit Freunden und Bekannten ein persönliches Unterstützungsnetzwerk aufzubauen.

Schnell erkannte er jedoch, dass für einen verlässlichen Alltag institutionalisierte und rechtlich anerkannte Unterstützungsstrukturen notwendig waren, so dass er sich in der damaligen ‚Krüppelinitiative Marburg‘ (KRIM) und im gerade gegründeten ‚Verein zur Förderung der Integration Behinderter‘ (fib e.V.) engagierte. Den fib, heute größter Anbieter ambulanter Assistenzen für Menschen mit Behinderungen in der Region, hat er über viele Jahre als Vorsitzender maßgeblich geprägt.
Kommunalpolitisch engagierte sich Jürgen Markus von 1998 bis 2007 als Stadtverordneter in der Bündnis 90 / Die Grünen-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung der Universitätsstadt Marburg, dabei im Bauausschuss im Bereich der Stadtentwicklung.

Den Behindertenbeirat hat er in Marburg mit aus der Taufe gehoben und sich auch dort lange Jahre für die Belange von Menschen mit Behinderungen eingesetzt. Er hat die Arbeit des Behindertenbeirates maßgeblich durch seine Persönlichkeit geprägt. Im Rahmen dieser ehrenamtlichen Aktivitäten hat er sich stark für den Ausbau einer behindertengerechten kommunalen Infrastruktur in der Stadt Marburg eingesetzt, deren Ergebnisse heute im Straßen- und Wohnungsbau, bei der Gestaltung öffentlicher Plätze und Gebäude, im ÖPNV, beim Angebot sozialer Dienstleistungen und in vielen anderen Bereichen allgegenwärtig und somit zum Standard geworden sind.

Zugute kam ihm dabei seine besondere Fähigkeit, zuzuhören, auf andere einzugehen, kompetent und sachlich zu argumentieren, verschiedene Perspektiven zu integrieren, andere Menschen, auch wenn sie seine Ansichten nicht teilten, zu respektieren, besonnen und weitsichtig zu agieren und seine Bereitschaft, sich für andere einzusetzen. Mit diesen Eigenschaften wurde er von vielen als Gesprächspartner und Ratgeber – über Interessengegensätze, Meinungsunterschiede und Parteigrenzen hinweg – außerordentlich geschätzt. Jürgen Markus mochte die Menschen, und deshalb mochten die Menschen ihn. Er war beliebt und hatte viele Freunde.

Auch privat versuchte er sein Leben so weit wie möglich selbst in die Hand zu nehmen. Nachdem er zunächst ausschließlich auf ehrenamtliche Hilfen und Zivildienstleistende angewiesen war, beschäftigte er später persönliche Assistenten/innen, die er selbst als Arbeitgeber aussuchte, anstellte, anleitete und entlohnte. Er war aktiv, viel unterwegs, interessiert an Sport, Musik, Kunst und Natur, unternahm viele Reisen und baute sich gemeinsam mit seiner langjährigen Lebensgefährtin ein eigenes Haus, das seinen Bedürfnissen gerecht wurde. Die Verletzungen von 1982 brachten es jedoch mit sich, dass er nicht nur dauerhaft beeinträchtigt war, sondern immer wieder mit gesundheitlichen Folgeproblemen zu kämpfen hatte. Dieser schleichende Prozess hat zunehmend die Grundlagen seines mühsam erkämpften selbstbestimmten Alltags in Frage gestellt. Am 5. Februar 2010 ist Jürgen Markus 28 Jahre nach seinem Unfall und dem Beginn seines „zweiten Lebens“ im Alter von 52 Jahren gestorben.    Klaus Bendel

Jürgen-Markus-Preis: Marburg barrierefrei

Im Gedenken an das Leben und Wirken von Jürgen Markus (1957-2010) verleiht die Stadt Marburg 2012 zum ersten Mal den „Jürgen-Markus-Preis: Marburg barrierefrei“, der mit 20.000,- Euro Preisgeld dotiert ist.

Was wird ausgezeichnet?
Maßnahmen, Initiativen und Projekte in der Universitätsstadt Marburg, die beitragen

  • zum Abbau von Barrieren in Straßen und Häusern, so dass sie für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind (z.B. Begegnungsstätten, Gaststätten, Bürger- und Gemeinschaftshäuser, Vereins- und Versammlungsräume, Kinos, Theater, Konzerträume etc.)
  • zum Aufbau des freien Zugangs zu sozialem Leben und Kultur, die eine uneingeschränkte Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebensbereichen ermöglichen (z.B. Kinder- und Jugendeinrichtungen, Schule. Arbeit und Beschäftigung etc.)
  • auf kreative Weise die Teilhabe und Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderungen im sozialen und kulturellen Bereich voran zu bringen

Dabei soll der Preis beispielhaftes und engagiertes Wirken belohnen und anerkennen sowie zu neuen Ideen anregen.

Wer kann sich bewerben?
Jeder, der in der Stadt Marburg eine Maßnahme, Initiative oder ein Projekt plant oder bereits begonnen hat, die zur Barrierefreiheit in der Stadt Marburg beiträgt.

Wo und wie können Sie sich bewerben?
Bewerbungen reichen Sie bitte schriftlich als Kurzdarstellung der Maßnahme, Initiative oder des Projektes bei dem Magistrat der Stadt Marburg, Behindertenhilfe, Frau Hühnlein, Friedrichstr. 36, 35037 Marburg ein.

Bis wann können Sie sich bewerben?
Abgabetermin ist der Freitag, 15. Juni 2012.

Wer entscheidet über die Verleihung des Preises?
Ein Kuratorium entscheidet darüber, wer den Preis erhält und ob das Preisgeld an ein Projekt geht oder auf mehrere Projekte aufgeteilt wird.

Wann findet die Preisverleihung statt?
Die Preisverleihung findet am Freitag, 15.09.2012 um 15 Uhr im Rathaus statt.

Informationen Magistrat der Stadt Marburg, Behindertenhilfe, Frau Hühnlein, Friedrichstr. 36, 35037 Marburg, Tel.: 06421 / 201-525

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