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140-jähriges Bestehen des Marburger Seminars für Alte Geschichte

Die Tagungsteilnehmer zum Jubiläum der Althistoriker vor dem Hessischen Staatsarchiv Marburg. (Foto Valentina Matei)

Marburg 8.9.2012 (pm/red) Vor 140 Jahren, exakt am 6. April 1872, wurde innerhalb des Historischen Seminars der Philipps-Universität eine eigene Abteilung für Alte Geschichte eingerichtet. Anlässlich dieses Jubiläums kamen am 19. und 20. April renommierte Althistoriker zu einer internationalen wissenschaftsgeschichtlichen Tagung im Hessischen Staatsarchiv Marburg zusammen. In seiner Begrüßung wies Professor Hans-Joachim Drexhage, Sprecher des Seminars für Alte Geschichte, darauf hin, dass die Althistorie seit der Universitätsgründung 1527 gelehrt worden sei: „Schon in dem 1529 durch Philipp den Großmütigen ausgestellten Freiheitsbrief wurde als Aufgabe des Historicus vor allem die Beschäftigung mit den antiken Autoren beschrieben.“

1872 sei die Alte Geschichte in Marburg dann institutionalisiert worden. Professor Wilhelm E. Winterhager, Dekan des Fachbereichs Geschichte und Kulturwissenschaften, hob die bis heute starke Stellung der Alten Geschichte auch innerhalb der Curricula der Bachelor- und Master-Studiengänge hervor. „Das Seminar für Alte Geschichte kann mit seiner attraktiven Lehre eine Erfolgsbilanz vorweisen“, so Winterhager. In einem Grußwort würdigte Professor Eckart Conze, Sprecher des Marburger Arbeitskreises für Universitätsgeschichte, die Tagung als wichtigen Forschungsbeitrag. Die Rolle der Universitätshistorie beschrieb er als die eines Scharniers zwischen Wissenschaftsgeschichte und politischer sowie gesellschaftlicher Geschichte.

Die insgesamt zwölf Referenten aus Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz stellten im Sinne einer Wissenschaftsgeschichte, die auch als Wissenschaftlergeschichte verstanden wird, die Lebenswege der einzelnen Ordinarien vor, welche die Alte Geschichte in Marburg seit 1872 maßgeblich geprägt haben. So wurde im Eröffnungsvortrag der erste Lehrstuhlinhaber Heinrich Nissen (1869-1877) von Professor Helmuth Schneider (Kassel) als ein zu Unrecht vergessener Althistoriker dargestellt.
Mit zwei Vorträgen über Karl Christ (1965-1988), der die Wissenschaftsgeschichte als Disziplin etablierte und damit Anstöße weit über die Grenzen seines eigenen Faches gab, endete die Tagung. Dessen Beziehungen zur italienischen Althistorie zeichnete Professor Leandro Polverini (Rom) nach, eine erste wissenschaftsgeschichtliche Annäherung an seinen Lehrer Christ wagte Professor Hartmut Leppin (Frankfurt).

Die Situation der Alten Geschichte in Marburg nach 1945 skizzierte eindrücklich Dr. Volker Losemann: „Brauchen Sie keinen Althistoriker?“, zitierte er eine Postkarte des Rostocker Althistorikers Ernst Hohl von 1945 an den Marburger Dekan Ebbinghaus. Ob das Seminar für Alte Geschichte einen neuen Althistoriker brauchen würde, war zu jener Zeit noch ungewiss, denn der Lehrstuhlinhaber Fritz Taeger (1935-1960) war von der amerikanischen Militärregierung seines Amtes enthoben worden. Erst 1948 wurde er als ‚Nichtbelasteter‘ eingestuft und erhielt seinen Lehrstuhl zurück. Losemann zeichnete Taegers Entnazifizierungsverfahren anhand der Akten nach. Die Germanistin Dr. Barbara Stiewe schließlich zeigte Spuren des George-Kreises in Marburg auf. Ihr Vortrag beschrieb das geistige Klima der 1920er Jahre in Marburg, das insbesondere auch von dem Klassischen Philologen Paul Friedländer geprägt wurde.

In allen Beiträgen wurden nicht nur die fachlichen Schwerpunkte der Lehrstuhlinhaber sowie ihre akademische Lehre kritisch reflektiert. Zugleich wurde der Einfluss der Zeitläufte auf Werk und Wirken der Lehrstuhlinhaber in den Blick genommen. Das Universitätsarchiv sowie das Hessische Staatsarchiv Marburg stellten aus ihren Beständen die notwendige Quellenbasis für viele Vorträge bereit. Einen weiten Überblick lieferte dann Professor Alexander Demandt (Lindheim/Berlin) in seinem Festvortrag. Er zeichnete die Wandlungen des Geschichtsbildes in der Frühen Neuzeit vom Humanismus bis zum Historismus nach.

Im Rahmen der Tagung gab es eine Ausstellung im Staatsarchiv, in der aus den Beständen der Universitätsbibliothek, des Universitätsarchivs der Philipps-Universität und des Staatsarchivs unter anderem Lehrbücher und Schriften aus dem 16. bis 19. Jahrhundert und der Freiheitsbrief von 1529 ausgestellt wurden. Die Geschichte des Seminars wurde dabei auf Fotowänden dokumentiert.

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