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Diskussion zur Erweiterung der Stadthalle Marburg als Notwendigkeit

Marburg 26.6.2012 (yb) Mit Beginn der Überlegungen zur Modernisierung und Erweiterung der Stadthalle Marburg – dem Erwin-Piscator-Haus – hat es darum lebhafte Diskussionen gegeben. So plädierte die CDU anfangs für einen Neubau einer viel größeren Veranstaltungshalle am Standort der heutigen Geisteswissenschaftlichen Institute. Diese werden noch für ein Jahrzehnt oder länger gebraucht. Inzwischen ist der Umsetzungsbeschluss von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet. Die erste Bürgerinformation im Rahmen eines Stadtforums am 20. Juni hat lebhaftes Interesse wie viele Anregungen und Fragen sichtbar werden lassen. Als bekannt können jetzt die Grundanliegen des Vorhabens betrachtet werden: Es geht um bauliche und energetische Modernisierung und um bauliche Erweiterungen, die Raum für neue Nutzungen schaffen sollen. Neben Veranstaltungs-, Konzert- und Theaterbetrieb werden in dem Gebäudekomplex Räume für die Martin-Luther-Schule, Räume für den Kulturladen KFZ, für die Touristinofrmation mit Marketing und Tourismus Marburg (MTM) und eine veränderte Gastronomie geschaffen. Damit wird eine stärkere Nutzung einher gehen, was zu einer Verdoppelung der Nutzerzahlen führen kann. Die Kosten werden inzwischen mit 27,1 Millionen beziffert, worin nicht die gastronomische Ausstattung und Freiraumgestaltung einbezogen ist.

Namensgeber Piscator in Gestaltung einbeziehen

Beim Stadtforum meldete sich als erste die Schauspielerin Charlotte von Sachsen. Eingedenk ihrer persönlichen Zusammenarbeit mit Erwin Piscator forderte sie in einem ebenso leidenschaftlichen wie überzeugenden Plädoyer eine angemessene Einbeziehung des Namensgebers Erwin Piscator bei der Neugestaltung. Sie erinnerte an vorhandene Sachzeugnisse von einer Gedenkaustellung, vergegenwärtige Inszenierungen von Piscator in Marburg mit großer Strahlkraft nach außen, was nach ihrer Auffassung in einem Raum zum Gedenken an den großen Mann des politischen Theaters präsentiert werden sollte. Dem wollte niemand widersprechen. Andererseits war die Theaterfrau die erste, die öffentlich für das Gedenken an den Namensgeber eine angemessene Darstellung einforderte. Dies will als deutlich formulierter Auftrag – soweit bei den Planungen nicht bedacht – verstanden und umgesetzt sein.

Äußere Gestaltung dem Gestaltungsbeirat vorlegen

Seitens der IG MARSS macht man sich Gedanken wegen des äußeren Erscheinungsbildes. Anhand der neuesten Zeichnungen habe man sich mit der Architektur und dem äußeren Erscheinungsbild des geplanten Stadthallen-Umbaus befasst und ist der Ansicht, „dass die vorgelegten Entwürfe eine optimale Lösung noch nicht sein können.“ Allzu sehr werde deutlich, dass es sich um einen Umbau, „eine Verkleidung eines vorherigen Baukörpers mit vielen Kompromissen handelt.“
Dies veranlasst die IG MARSS zu der Forderung, dass in jedem Fall der neue Gestaltungsbeirat dieses
Projekt vorgelegt bekommt. Das Anliegen wurde am 20. Juni kurz vorgetragen und erhielt von Oberbürgermeister Vaupel Zustimmung. Es sei jedoch zu berücksichtigen, gab Vaupel einschränkend zu bedenken, dass sowohl durch die vorhandene Struktur einem Umbau Grenzen gesetzt seien, wie andererseits die Pläne bereits recht weit gediehen seien.

Stadträumliche Integration und Verkehrsanbindung

Die Parkplatzfrage ist wie überhaupt eine Planung der gesamten verkehrlichen Belange zwar zur Sprache gebracht worden. Dazu existieren derzeit noch keine konkreten Pläne. Zwar zeigt sich die Stadt sehr wohl bewußt der Verflechtung des Vorhabens mit den umfangreichen Baumaßnahmen der Universität für den Campus Firmanei. Als Folge davon kommt es zu einer städtebaulichen Verdichtung, die Tausende neuer Nutzer an jedem Tag in das Gebiet zwischen Deutschausstraße, Pilgrimstein und Biegenstraße bringen wird. Zur verkehrlichen Abwicklung, ob fußläufig, per Fahrrad, Kfz oder mit Bussen, gibt es derzeit keine konkreten Pläne. Das ist ein klares Defizit und kann erhebliche Folgeprobleme schaffen. Neben der vagen Absichtserklärung zum Bau eines Parkdecks am heutigen UB-Parkplatz und Gedankspielen für eine Tiefgarage zwischen Stadthalle und Hörsaalgebäude gibt es dazu nichts. Ob es nun die erheblichen Investitionskosten sind oder planerische Kurzsichtigkeit und Einäugikeit walten, sei dahingestellt. In jedem Fall braucht es einer durchgearbeiteten Verkehrsplanung samt Projektion für den ruhenden Verkehr, also hinreichende Parkmöglichkeiten. Die derzeitigen Hinweise auf eine Platzgestaltung zwischen Stadthalle und Hörsaalgebäude mit Rückbau der Biegenstraße auf zwei Fahrspuren sind signifikant zu wenig.

Berücksichtigung der Belange des Theaters

Fragen und Einwendungen sind vom Freundeskreis des Landestheaters aufgeworfen worden. Neben der Forderung nach angemessenen Raumangeboten für das Theater bedürfe die Ausstattung des großen Saals Nachbesserungen, meint der Förderverein. Kritisiert wird, dass es derzeit noch keine Ausweichräume gibt. Damit könne das Theater keine langfristige Spielplanplanungen machen, wozu nun einmal der Vorverkauf in Kenntnis der Platzangebote gehört. Ins Gespräch gebracht wurde die Anmietung eines temporären Theaterszelts in den Wintermonaten. Dafür würden monatliche Mietkosten von 30.000 Euro anfallen. In den derzeitgen Plänen findet sich dazu nichts. So wird bald die Frage zu beantworten sein, ob Ersatzräume geboten werden oder sich das Hessische Landestheater für die zweijährige Bauzeit mit kleinen Spielorten begnügen muss.

Das Großvorhaben braucht Ausstattung für angemessene Umsetzung

In den bisherigen Abläufen ist unübersehbar, dass die Planer und Porjektbeteiligten selbst Lern- und Aneignungsprozesse durchlaufen. Das ist gut so, ist aber nicht hinreichend. Der Magistrat und Oberbürgermeister wären gut beraten, wenn sie die weitere und laufende Einbeziehung der  Öffentlichkeit nicht als lästig begreifen. Außerdem dürfte es unabweisbar sein, dass für die kommende Planungs- und Ausführungsphase ein professionelles Maßnahmen-, Kosten und Controlling-Management von außen beauftragt wird. Auch wenn diese Marburger Großinvestition deutlich unterhalb von Elbphilharmonie, Großflughafen Berlin oder – um das jüngst Pannenprojekt mit riesigen Nachfinanzierungsbedarf zu benennen – dem Bau des BKA in Berlin liegt, drohen kommende Probleme. Ob zeitlicher Verzug, technische Defizite, Fehlplanungen, Baumängel oder davonlaufende Baukosten – für eine seriöse Umsetzung braucht es externen und unabhängigen Sachverstand ebenso wie eine weitere kritische Begleitung seitens der Marburger Öffentlichkeit.

 

 

 

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