Meine erste dOCUMENTA (13) – Eindrücke von der Weltkunstausstellung in Kassel
Marburg 3.8.2012 (red) Als weiteren Beitrag über die laufende dOCUMENTA 13 veröffentlicht das Marburger. einen Gastbeitrag. Renée Stulz ist Studierende der Medienwissenschaften an der Philipps-Universität. Sie arbeitet über den Sommer als Praktikantin bei Sternbald Intermedia, um die journalistische Arbeit für ein Online-Magazin kennen zu lernen. Von ihrem ersten Tag – einem gemeinsamen Besuch der dOCUMENTA 13 – hat sie einen Beitrag als Bericht Stimmungsbild geschrieben. Sie war zugleich Akteurin beim Fotografieren. Ihre Rolle war eine gestisch-mimische Interpretation zu einigen Werken in Freilichtbereich der Karlsaue.
Das erste Mal in meinem Leben auf die Documenta, die größte Kunstausstellung weltweit. Ich erwartete großartige Kunst mit großem Interpretationspotential, aber erst einmal zum Anfang. Als geplantes Ziel war der Karls-Aue-Park vorgesehen. Eine gute Überlegung ist es dabei mit dem Fahrrad zu fahren, da der Park vom Hauptbahnhof Kassel etwas weiter entfernt und der Park selbst sehr weitläufig ist. Zwischen den einzelnen Ausstellungsstücken gilt es ebenfalls ein ganzen Stück Weg zu bewältigen. Die deutsche Bahn und Konrad stellen den Besuchern der dOCUMENTA (13) Fahrräder nmit praktischen Körben zur Verfügung und viele der Besucher nehmen dieses Angebot gerne in Anspruch.
Als erstes fuhren wir die Presseabteilung der dOCUMENTA (13) an und ich bekam meinen ersten Presseausweis ausgestellt, etwas was mir definitiv in Erinnerung bleiben wird. Weiter ging es zum Park, in dem wir als erstes das Kunstwerk von Giuseppe Penone anfuhren (Idee di pietra), welches auch das erste Kunstwerk der dOCUMENTA (13) war, dessen Einweihung die Geschichte der Plastiken im Außenraum, die für vergangene documenta-Ausstellungen geschaffen wurden, zelebriert und ein Symbol für den Eingriff der Natur darstellt. Der Park um den Bronzebaum herum wird sich in stetem Wandel befinden, während der Baum immer gleich sein wird.
Nach einiger Zeit radeln durch die warme Mittagssonne gelangten wir zu der Konstruktion von Sam Durant, eine abgeleitete Konstruktion seines Kunstwerks Gallows Composite A-E, indem mehrere maßstabsgetreue Nachbildungen von historischen Balken, u.a. der Galgen von Saddam Hussein, zu einer großen Konstruktion zusammengesetzt wurden. Was auf den ersten Blick freundlich und nett zusammengesetzt wirkt, wegen des hellen Holzes und der freischwebenden Treppen, hat eigentlich eine sehr düstere und ganz und gar nicht freundliche Bedeutung.
Ein weiteres der bekanntesten Objekte der dOCUMENTA(13) ist die Uhr des Künstlers Anri Sala: Er erschuf eine ca 3 Meter hohe Uhr, welche perspektivisch verzogen ist. Diese wurde inspiriert durch ein Gemälde von G. Ulbricht (1825). Trotz der nun elliptischen Form der Uhr geht sie – auch zum Erstaunen einiger Besucher wie ich selbst hören konnte – richtig.
Einige andere Ausstellungsstücke wirkten eher verstörend als nachdenklich stimmend und inspirierend, da sie teilweise ohne Titel dargestellt wurden oder so dekonstruiert und überladen waren, dass man gar nicht wusste, wo man nun den Interpretationsansatz setzen soll. Letztendlich waren die Ausstellungsstücke im Aue-Park nicht grade das, was ich mir so vorgestellt beziehungsweise von der dOCUMENTA(13) erhofft hatte: sporadisch waren die Holzhütten im Park verteilt, mit teilweise langweilenden Inhalten und zu wenig Background Informationen für den Erstbesucher und/oder Kunstneuling.
Spontan beschloss ich meinen Presseausweis doch noch einmal richtig zu benutzen und spazierte ins Fredericianum. Dort angekommen wunderte ich mich erst einmal sehr über den riesigen leeren Raum in dem es etwas zugig war. Als ich mir das bestreffende Informationsschild dazu durchlas wurde es mir klar: Der Künstler hatte eine Luftinstallation in dem Raum angebracht, die den Besucher durch den Lufthauch durch den Raum ziehen sollte. Ich war von dieser Idee sehr positiv überrascht, da ich sie im wahrsten Sinne des Wortes, freudig erfrischend fand!
Als Resümee kann ich zur dOCUMENTA(13) sagen, dass mir die gezeichneten Werke im Fridericianum besser gefielen als die ausgefallenen Dekonstruktionen und Konstruktionen – obwohl ich bei weitem kein konservativer Mensch bin.
Die Werke von Doreen Reid Nakamarra und Warlimpirrnga Tjapaltjarri ähneln sich sehr (Doreen unterhielt eine Liason mir Warlimpirrngas Bruder) und erstaunen durch eine verblüffend gute 3-D-Optik, bei der Betrachtung aus verschiedenen Winkeln.
Das tote Tsetsefliegenpärchen von Pratchaya Phintong lässt einen an der Kunst zweifeln. Aber Klassiker der Kunst erstaunen immer wieder. Ich durfte zum ersten Mal einen Salvador Dali aus der Nähe betrachten. Die beiden ausgestellten Gemälde ( Le grande paranoiaque und Espange, 1938) faszinierten mich mehr als jedes andere Stück, welches ich auf der dOCUMENTA(13) sehen konnte. Je länger ich die Bilder betrachtete, umso mehr fielen mir winzige, aber wichtige Details auf, die ein großes Ganzes bilden. So war der Raum, in dem Dali ausgestellt ist, der letzte den ich besuchte.
Wie sagt man so schön: Das Beste kommt zum Schluss!
Fotografien von Hartwig Bambey © 2012