Bündnis Gemeinsam für unser Klinikum weist Aussagen von Prof. Jochen Werner zurück
Marburg 17.8.2012 (red) In der Form eines ‚Offenen Briefes‘ bezieht das ‚Bündnis Gemeinsam für unser Klinikum‘ Stellung zu Äußerungen des stellvertretenden ärztlichen Direktors und Mitglied der Geschäftsführung des UKGM Prof. Jochen A.Werner. Dieser hatte in der Informationsveranstaltung zur Vorstellung einer Studie von Marburger Politikwissenschaftsstudierenden behauptet, die Kritik an den Zuständen, insbesondere zur Entwicklung der Beschäftigungsverhältnisse, sei überzogen und vermitle ein falsches Bld in der Öffentlichkeit. Über die Veranstaltung hat das Marburger. ausführlich berichtet.
In seiner Stellungnahme weist das Bündnis die Aussagen von Prof. Jochen Werner entschieden zurück, weil dabei in durchsichtiger Art und Weise von Prof. Werner eine „Nestbeschmutzung“ behauptet werde und „die Kritiker diskreditiert und die aufgezeigten Mißstände unter den Teppich gekehrt werden“ sollen. Nachstehend wird hier der Offene Brief des Bündnis veröffentlicht:
Offener Brief
An die Geschäftsführung
des Universitätsklinikums Gießen und Marburg
Baidingerstraße
35043 Marburg
Sehr geehrte Mitglieder der Geschäftsführung,
am 17. Juli hat eine Marburger studentische Arbeitsgruppe ihre qualitative Studie darüber vorgestellt, wie UKGM-Mitarbeiterlnnen in patientennahen Bereichen ihre Beschäftigungsverhältnisse sehen: Sie stehen, was ‚Arbeitszufriedenheit‘, ‚Work & Life Balance‘ und ‚Arbeitsbeziehungen‘ angeht, ‚unter Druck‘. Die Studie deutet die Befunde als Folgen der Privatisierung des Universitätsklinikums. In der anschließenden Podiumsdiskussion vom 17. Juli hat Herr Professor Werner dazu die Meinung vertreten, wie an allen Krankenhäusern der Maximalversorgung gebe es zwar auch am UKGM gelegentliche Fehler und die entsprechende Kritik, aber in Gießen würden die Leistungen des Klinikums positiv, in Marburg dagegen würden sie negativ, nämlich einseitig und sogar diffamierend kommuniziert.
Diese Meinung ist nach unserer Ansicht unhaltbar. Richtig ist, dass das Vergütungssystem der Fallpauschalen alle Krankenhäuser zu Konkurrenten im Hinblick auf ökonomische Effizienz macht. Das zwingt die Krankenhäuser zu Personalabbau und gleichzeitiger Fallzahlsteigerung, wie es die Untersuchungen des Deutschen Pflegerats und des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung insbesondere für die Intensivtherapie belegen. Richtig ist weiter: Bei privaten Krankenhausträgern wird der Zwang verschärft durch die Notwendigkeit, ihren Anteilseignern Renditen zu sichern. Und schließlich ist richtig: Bei Universitätskliniken kommen darüber hinaus noch die Erfordernisse von Forschung und Lehre hinzu.
Die Universitätskliniken Gießen und Marburg stehen an beiden Standorten unter den gleichen organisatorischen Vorgaben. Sie werden von einem privaten Krankenhauskonzern vorgegeben, zu dessen Geschäftsmodell betriebswirtschaftliche Effizienz mit industrieanalogen Produktionsformen gehört. Dass sich die tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse in Gießen und Marburg in relevanter Weise unterscheiden, ist also kaum anzunehmen.
Herr Professor Werner verwendet eine durchsichtige Strategie, um die öffentlich gewordene Kritik zurückzuweisen. Er geht überhaupt nicht auf die vorgetragenen Argumente ein – stattdessen unterstellt er den Kritikern Nestbeschmutzung. Mit dieser rhetorischen Verdrehung des Sachverhalts sollen die Kritiker diskreditiert und die aufgezeigten Mißstände unter den Teppich gekehrt werden.
Tatsächlich zeigt sich aber auch in Gießen das Phänomen der ‚inneren Kündigung‘, das er auf der Podiumsdiskussion bestätigt hat.
Die gewünschte Aufbruchsstimmung wird sich weder in Marburg noch in Gießen solange nicht erzeugen lassen, wie sich die Mitarbeiterinnen für ein Geschäftsmodell missbraucht fühlen müssen, das ihrem professionellen Selbstverständnis widerspricht.
Für das Bündnis Gemeinsam für unser Klinikum
Helga Scherer, Marburg, 8. August 2012