Hessens größtes Planetarium ab November 2024 wieder geöffnet

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Kleine Anfrage zum Botanischen Garten an Hessische Landesregierung führt zu Irritationen – Gespräch darüber mit Landtagsabgeordnetem Thomas Spies

Marburg 22.11.2012 (yb) Im Sommer hatte der Botanische Garten Besuch aus Wiesbaden. Die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Timo Gremmels  und Thomas Spies kamen zu einer ausführlichen Visite auf die Lahnberge, um sich vor Ort ein Bild machen zu können. Dabei erhielten sie von Mitarbeitern des Gartens bei einem ausführlichen Rundgang Informationen aus erster Hand über die verschiedenen Wirkungsbereiche. In einem anschließenden Pressegespräch wurden dann Ideen für eine mögliche zusätzliche Finanzierung artikuliert. Als Folge ihres Besuches stellten Gremmels und Spies eine Kleine Anfrage an die Landesregierung. Darin wollten sie Auskunft „betreffend Rolle des Botanischen Gartens der Philipps-Universität für Artenschutz“. Dazu hatte Direktor Andreas Titze den Landtagsabgeordneten mitgeteilt, dass man auf den Lahnbergen in Zusammenarbeit mit vielen externen Partnern engagiert ist. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage durch die Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Lucia Puttrich, (Drucksache 18/5988) hat nicht alleine bei den Fragestellern Erstaunen und Unzufriedenheit ausgelöst. Ganz offenbar wurden Antworten gegeben, die den tatsächlichen Zusammenhängen in keiner Weise gerecht werden. Die Redaktion von das Marburger. hat darüber gestern ein Gespräch mit MdL Thomas Spies geführt.

Herr Spies, was sagen sie zu der Beantwortung der von Ihnen mit ihrem Kollegen Gremmels gestellten Kleinen Anfrage an die Hessische Landesregierung?
MdL Spies: Zunächst haben wir mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Antwort von der Ministerin für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Lucia Puttrich,  gegeben worden ist. Der Botanische Garten (BG) ist eine Einrichtung der Marburger Universität. Er betrifft also den Bereich Wissenschaft und Kunst. Die Verhandlungen über die Finanzierung des BG finden ja auch statt zwischen Universität und Ministerium für Wissenschaft und Kunst.
Gleichzeitig nehme ich mit großer Verwunderung zur Kenntnis, dass Frau Puttrich offenkundig einige Aufgaben, die uns vor Ort nicht nur erläutert, sonder auch demonstriert worden sind, überhaupt nicht bekannt sind. Zum Beispiel ist uns dort oben dargelegt worden, dass der BG von bestimmten Naturschutzgebieten in Hessen Pflanzen entgegennimmt, sie vermehrt für die wieder Einbringung, Bestände sichert. Zudem nimmt er für bestimmte Pflanzen Aufgaben gemäß internationaler Pflanzenschutzabkommen wahr, was als Verpflichtung Deutschland übernommen hat. Davon entfällt auch ein Teil auf Hessen.
Dass der BG viele solcher Aufgaben übernimmt und leistet,  ist uns allen sehr ausführlich erläutert worden. Deshalb bin ich ausgesprochen verwundert, dass das alles der Ministerin für die Beantwortung gar nicht bekannt ist.

Haben Sie die Anfrage an die Umweltministerin gestellt oder ist sie lediglich von dort beantwortet worden?
MdL Spies: Wir stellen solche Anfragen an die Hessische Landesregierung. Diese legt dann fest, wer antwortet. Aber natürlich ist für den Botanischen Garten zunächst einmal die Wissenschaftsministerin zuständig.
Tatsache ist, dass der BG eine Sonderlast der Universität ist. Es ist ja das Problem, dass dieser BG zu den Sonderlasten gehört. Also zu Aufgaben, die Universitäten haben, in unterschiedlichen Bereichen, die sie als Universität für Forschung und Lehre aber nicht oder nur in geringem Umfang brauchen. Dazu gehören bestimmte Sammlungen, die historisch oder künstlerisch von großem Interesse sind, aber nicht Gegenstand unmittelbarer Forschung (und Lehre) werden.
Dazu gehört unter anderen auch der BG. Dazu gehören manche alten Immobilien, für die Universität zuständig ist. Eine jüngere Universität, wie etwa Kassel besitzt so etwas gar nicht.
Der BG ist also eine Sonderlast. Jetzt hat das Land Hessen die Finanzierung der Hochschulen vor einigen Jahren umgestellt. Die Hochschule bekommen einen Pauschalbetrag pro Studierende(n) , differenziert nach Fächern. Medizin ist dabei sehr teuer, Juristen sind relativ preiswert zu haben. Die Universität bekommt diesen Fixbetrag und das macht den allergrößten Teil der Hochschulfinanzierung aus.

Wird das nicht berücksichtigt?
MdL Spies: Eine Zeit lang sind die Sonderlasten zusätzlich finanziert worden. Daraus steigt das Land jedoch zunehmend aus. Dann muss die Universität entscheiden ob sie sich ihren ‚Luxus’, der außerhalb ihres Kerngeschäfts liegt, noch leisten kann. Oder ob sie angesichts ständiger Kürzungen durch die Landesregierung und unzureichender Finanzierung nicht auf bestimmte Bereiche verzichten muss, um ihre Kernaufgaben, nämlich Forschung und Lehre bezahlen zu können.

Das genau ist ja die Situation vor der Unipräsidentin Krause steht. Eine Unterfinanzierung zu haben und entscheiden zu müssen.
MdL Spies: Das ist eigentlich nicht der Punkt. Die Landesregierung macht ihre Sparwut zum Problem von Frau Krause. Sie muss, wie alle Universitätspräsidenten, dann natürlich schauen, an welcher Stelle habe ich eine Einrichtung, die sinnvoll, die wichtig, die schön ist, die wichtige Aufgaben übernimmt, die aber nicht zu meinem Kerngeschäft als Hochschule gehört. Geld, das die Universität dann dort reinsteckt, fehlt in der Lehre oder fehlt bei Berufungsmitteln, um renommierte Hochschullehrer holen zu können.

Oberbürgermeister Egon Vaupel, links, Prof. Hans Wilhelm Bohle, Direktor Andreas Titze, Elisabeth Bohl vom Freundeskreis, MdL Thomas Spies und MdL Timo Gremmels vor den Gewächshäusern anlässslich eines Besuchs der beiden Landtagsabgeordneten im Sommer 2012. Foto Hartwig Bambey

Demnach wird das Land Hessen seiner Verantwortung nicht gerecht?
MdL Spies: Dazu muss man sagen, es ist schon eine ganz besondere  Nummer, dass man sich beim Land aus der Verantwortung rauszieht und so tut, als wäre die Universität ein x-beliebiger Lebensmitteladen. Der macht seinen Einkauf und Verkauf und muss schauen, dass er ein ordentliches Geschäft macht. Das passt aber natürlich in keiner Weise zur Universität
Zugleich der Universität solche Einrichtungen zu überlassen, ist ein ganz problematischer Ansatz und wird der Situation nicht gerecht.

Die Landesregierung entzieht sich also ihrer Verantwortung?
MdL Spies: Ja, natürlich. In Marburg ist das deshalb besonders dramatisch, weil die Universität überproportional hohe Energiekosten hat durch die Bausubstanz. Es gibt neben zahlreicher historischer Bausubstanz die 60ziger Jahre Bausubstanz, die energetisch nun einmal unterirdisch ist.  Wenn die hessischen Universitäten für jeden Studierenden das gleiche Geld bekommen, in Marburg aber deutlich mehr für Energie ausgegeben werden muss, dann wird schnell klar, dass das alles nichts mit Wettbewerb zu tun hat, sondern mit Unsinn.

Was bedeutetet das für den Garten auf den Lahnbergen?
MdL Spies: Vor dem Problem steht der BG. Die Universität sagt der ist gut und schön. Wir möchten ihn auch behalten. Wir können ihn aber nicht aus Mitteln finanzieren, die wir brauchen, um in Konkurrenz zu den anderen Hochschulen unsere Kernaufgaben zu leisten. Ansonsten würde die Universität Marburg insgesamt verlieren. Und dann wird es immer schlimmer.

Frage: Der Botanische Garten arbeitet nicht alleine hochschulbezogen. Er leistet doch mehr?
MdL Spies: Jetzt stellt sich heraus, dass für den Botanischen Garten nicht die Frage Sonderlast zutrifft. Tatsache ist, was uns sehr eindrücklich erläutert worden ist als Kollege Gremmels und ich im Sommer dort waren, dass hier überregionale naturschutzrechtliche Aufgaben wahrgenommen werden. Das ist auch die Sichtweise des Naturschutzbeirats. Bestimmte Pflanzen werden dort dokumentiert und gesichert.
So gehen wir davon aus, dass bestimmte Pflanzen schon deshalb nicht vernichtet werden dürfen, weil sich die Bundesrepublik sich im Rahmen von Artenschutzabkommen verpflichtet hat, diese Pflanzen und Arten zu sichern.
Diese Tatsachen und Zusammenhänge scheinen bei Ministerin Puttrich überhaupt noch angekommen zu sein.

Wir leben in einer Zeit des Erhalts der Biodiversität. Wie sehen sie das?
MdL Spies: Ja, wir leben im Zeitalter und reden dauernd über die UN-Biodiversitätskonvention. An dieser Stelle hat das Land Aufgaben. Herr Gremmels hat dazu den Vorschlag gemacht naturschutzrechtliche Ausgleichszahlungen zu verwenden, um bestimmte Aufgaben des Artenschutzes, bei denen der BG längst tätig ist, wahrzunehmen und damit zu finanzieren. Ein Beispiel: Für den Ausbau der B3A sind erhebliche Mittel als naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen geflossen, weil Boden versiegelt wurde und weiteres. Das gilt für jeden Straßenbau, für jeden Parkplatz und viele Baumaßnahmen. Es gibt ganz viele Stellen, von denen naturschutzrechtliche Ausgleichsabgaben gezahlt werden müssen.

Das sind Millionenbeträge im Jahr im Land Hessen?
MdL Spies: Das sind gigantische Summen in jedem Jahr, die diesbezüglich verausgabt werden. Man kann davon so etwas Wunderbares machen, wie das archäologische Freilichtmuseum bei Weimar-Argenstein. Das ist eine ganz tolle Sache. Oft werden Gelder irgendwo verbaut, um ein Stück Biotop hinzusetzen. So etwa große Bereiche von Altarmen der Lahn bei Cappel.
Das ist alles sinnvoll, aber man könnte und sollte man zumindest einmal prüfen, ob nicht Mittel, die dem Artenschutz dienen sollen, auch für einen professionellen ‚Interimsartenschutz’ eingesetzt werden können.
Gerade diese Aufgabe, Pflanzen aus Naturschutzgebieten erhalten und stabilisieren wird auf den Lahnbergen geleistet. Der BG kann feine genetische Unterschiede unterschiedlicher Populationen voneinander getrennt nachweisen, vermehren und zurückbringen. Dies ist eine Aufgabe und Leistung des BG, die für Aufgaben im Sinne der Naturausgleichsabgabe eine Unterstützungsleistung darstellen.

Was ist dazu in der Antwort auf ihre Anfrage dazu ausgeführt?
MdL Spies: Auf diesen Vorschlag geht Frau Puttrich in ihrer Antwort überhaupt nicht ein. Sie behauptet lediglich, das entspräche nicht den Zielsetzungen der Hessischen Kompensationsverordnung. Daran ist zu merken, wie eingeschränkt ihre Sichtweise ist.
Der Zielsetzung Artenschutz würde es natürlich entsprechen alle möglichen Arten und Aufgaben im Rahmen von Artenschutz wahrzunehmen und sinnvoll zu lösen.
Ich bin mir nicht sicher, ob das nur Phantasielosigkeit oder Unwillen ist. Dass man in der Antwort auf diese Frage mit nur einem Satz derartig lapidar abgefertigt wird, ist schon ein starkes Stück.

—>Die Beantwortung der Kleine Anfrage findet sich im ‚Dossier Botanischer Garten‘ in der Menüleiste veröffentlicht

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