Der gebrochene Arm – Probleme und Fragen zu einem Spielplatz in Marburg
Marburg 24.11.2012 (red) Am Weißen Stein in Marburg-Wehrda ist ein Kinder-spielplatz ergänzend ausgebaut übergeben worden. Für ältere Kinder wurde nahe der Freiherr-vom-Stein Straße in Wehrda ein Spielplatz um Spielelemente ergänzt. Das ist gut so und zeigt, dass für Kinder in Marburg etwas getan wird. Zugleich steht es woanders mit einem Spielplatz nicht zum Besten. Damit beschäftigt sich dieser Gastbeitrag von Daniel Grosse, der als Familienvater im Stadtteil Marbach lebt:
Dann kam der Fall. Die Vierjährige stürzte von der Plattform auf dem Spielplatz in der Brunnenstraße. Feuerwehrspielplatz nennen ihn Kinder und Eltern in der Marbach. Zum Glück brach sich die Kleine nur den Arm. Einige Wochen trug sie einen Gips, dann war alles wieder gut.
Der Feuerwehrspielplatz im Stadtteil Marbach hat es in sich. Die Spielgeräte, die Rutsche, der Sandkasten, das Karussell und der Bolzplatz sind wunderbare Orte, an denen Kinder sich ausprobieren können, ja sollen. Aber Eltern diskutieren auch immer wieder darüber, was ihre Kleinen dort nun schon alleine machen können und dürfen. Denn der Turm aus Holz, der leicht erhöht auf einem Erdhügel steht, ist ein Anreiz für die Kleinen. Nicht nur für die Größeren und die Schulkinder. Immerhin führt von oben eine meterlange, gewundene Rutsche hinunter. Als Aufstieg dienen Treppe, Wackelbalken und ein Holzsteg. Aber auch eine senkrechte Sprossenleiter führt hinauf, mit einem offenen Einstieg auf die obere Plattform.
Es geht Senkrecht nach unten
Meist über Treppe, Balken und Steg hangeln sich die Eltern mühsam mit ihren Zwei-, Drei- oder Vierjährigen bis hinauf auf die Plattform. Denn vor allem die Rutsche ist natürlich verlockend. Oben müssen die Eltern die Kleinkinder aber weiterhin festhalten – leider. Denn einen Schritt weiter tut sich schon wieder die Tiefe auf. An dieser Stelle ist der Spielplatzturm mit seiner Plattform offen. Der Weg nach unten auf die schräge Gummifläche führt über eine senkrechte Sprossenleiter – oder eben über den freien Fall. So wie bei der erwähnten Vierjährigen.
Spielkombination für Ältere
Immer wieder ist es, insbesondere mit kleineren Kindern, an dieser offenen Stelle bereits zu gefährlichen Situationen gekommen. Ist solch ein offener Zugang in einer solchen Höhe überhaupt zulässig? Oder müsste er nicht besser ‚zugemacht‘ werden?
Die Spielkombination sei für ältere Kinder konzipiert und habe andere Anreize als ein Spielgerät für Kleinkinder, ist zu hören von Seiten der Stadt Marburg. „Auf solche Anlagen gehen nur Kinder hinauf, die sich das zutrauen. Leider erleben wir, dass oft kleinere Kinder von ihren Eltern auf Spielgeräte für ältere Kinder gesetzt werden, die sie von alleine nie erklimmen könnten. Hier ist die Aufsichtsperson verantwortlich“, so Wilfried Ferdinand, gerade in Ruhestand verabschiedeter Fachdienstleiter beim Fachdienst Stadtgrün.
Eine Zwickmühle für Eltern
Und da liegt das Dilemma. Kleinkinder möchten und sollen ihre Umgebung erkunden. Sie sollen klettern und sich ausprobieren. Und Erwachsene helfen ihnen dabei, soweit sie das verantworten können. Aber Erwachsene, insbesondere Eltern, sollten nicht die ständigen Verbieter sein. Denn die Kleinkinder möchten auf den Turm hinauf. Das nicht machen zu dürfen, schmerzt. Vor allem, wenn der Eine das darf und der Andere nicht. Verbieten, zulassen oder zumindest begleiten?
Vielleicht wäre eine Lösung, sich das Konzept des Spielplatzes am Ende der Alfred-Wegener-Straße anzuschauen. Dort am Ortenberg haben die Planer den Kleinkind-Bereich mehrere Meter abseits des Kletterturmes errichtet. Klein und Groß räumlich getrennt. Das scheint zu funktionieren. Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn.
Kontrollen nutzen
Neukonzeptionen scheinen auch gewünscht zu sein. Immerhin verkündet die Stadt Marburg doch auf ihrer Internetseite: „Öffentliche Grünflächen leisten einen großen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen in unserer Stadt. Grünanlagen, Spielplätze, Waldflächen u.a. sind unverzichtbare Freiräume für Bürger. Diese Flächen müssen erhalten, gepflegt und weiter entwickelt werden.“
Warum also nicht die Möglichkeiten der Kontrollen nutzen, wenn jemand Offizielles den Spielplatz Brunnenstraße besucht. Schließlich hat auch der Marburger Fachdienst einen eigenen Spielplatzkontrolleur mit entsprechender Qualifikation, der die Plätze nach Einhaltung der Vorschriften kontrolliert. Und geht es zum Beispiel um die Abnahme von neuen Spielplätzen, schaltet die Stadt hin und wieder externe Prüfer ein. Es gibt die Jahreshauptuntersuchung, laut der Stadt Marburg eine der umfangreichsten Kontrollen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit von Spiel- und Sportgeräten. „Einmal pro Jahr werden alle Spieleinrichtungen der Stadt Marburg umfassend auf ihre Verkehrssicherheit kontrolliert“, heißt es. Weitere Sicht- und Funktionskontrollen im Laufe des Jahres kämen hinzu. Stichworte sind Standsicherheit der Geräte, funktionstüchtige Schraubverbindungen, Funktionalität und Reparaturen von mangelhaften Spielgeräten.
Bestandsschutz hat Geltung
Der Spielplatz an der Brunnenstraße hat einen so genannten Bestandsschutz, ist also mit Spielgeräten nach alter Rechtsnorm gebaut, die vor Inkrafttreten der aktuellen DIN-Norm gültig war. Und diese Spielplätze dürfen weiter bestehen in ihrer Form. Es sei denn, sie sind gravierend gefährlich. Und wenn bei Altgeräten reparaturbedingt Elemente ausgetauscht werden müssen, dann müsse dies gemäß der neuen DIN EN erfolgen, erklärte Fachdienstleiter Ferdinand.
Was also tun mit dem Feuerwehrspielplatz und seinem tückischen Spielturm?
Text und Fotos von Daniel Grosse, Marburg-Marbach, freier Journalist