Bessere Grundfinanzierung für hessische Hochschulen – Landespolitik(er) in der Aula
Marburg 25.1.2013 (yb) „Um Antwort wird gebeten“ war Überschrift des farbig gedruckten Flyers und der zehn Fragen an fünf Vertreter der Landtagsfraktionen, um die es am Donnerstagabend in der Aula der Philipps-Universität gehen sollte. Antworten und Aussagen zu hochschulpolitischen Fragen und Problemen kamen denn auch lebhaft in der dreistündigen Gesprächsrunde. Aus den Reihen des recht zahlreichen Publikums, etwa 200 Besucherinnen und Besucher waren zugegen, gab es zusätzliche Fragen, die oft konkreter werden und zur Sache gehen sollten. Alleine schon die erbetene Kürze der Antwortzeiten machte es den Landtagsabgeordneten nicht möglich ihre Sichtweisen vertiefend zu erläutern. So wurde es – wie in höchst allgemein formulierten Fragen angelegt – ein Crossover und Potpurri an Themen und Verlautbarungen, mit dem das interessierte Publikum klar zu kommen hatte. Konfrontiert mit dem Thema Hochschulfinanzierung und Hochschulpolitik in Hessen parlierten die Beteiligten anschließend bei Häppchen und Getränken weiter: um die zahlreich gehörten Antwortversuche reicher und zumindest die Wahrnehmung, dass Hochschulentwicklung ein weites Feld ist, zu dem die Landtagsparteien verschiedene Ansichten vertreten.
„Was trägt die Politik dazu bei, die Betreuungsrelation und den Studienerfolg zu verbessern?“ war die Eröffnungsfrage der Unipräsidentin als Moderatorin der Gesprächsrunde. Wenig überaschend in den Antworten war, dass die beiden Verteter der schwarz-gelben Regierungskoalition die hohen und anteilig gestiegenen Ausgaben betonten. Von den drei Oppositionsvertretern wurde dagegen auf die unzureichende Grundfianzierung verwiesen. In der Antwortsuche angelegt war es, das System der Hochschulfinanzierung zu betrachten. So geriet die auf Wettbewerb zwischen den Hochschulen angelegte Exzellenzförderung, etwa in Gestalt des LOEWE-Programms, als gewichtiger Bestandteil in die Betrachtung. Dazu kam klare Befürwortung von Jan Schneider (CDU) und Matthias Büger (FDP), während Gernot Grumbach (SPD), Janine Wissler (LINKE) und Daniel May (GRÜNE) eine Finanzierung im gegenseitigen Wettbewerb in Frage stellten.
Auch hinsichtlich der Einschätzung des gegenwärtigen Hochs bei den Studierendenzahlen, ob eher vorübergehend ein ‚Peak‘ oder bleibend ein ‚Hochplateau‘, ließen sich unterschiedliche Betrachtungen ausmachen. Damit wurde es unabweisbar über die Möglichkeiten zur Verbesserung der Finanzierung der Hochschulen Auskunft zu geben. Alle zeigten sich zunächst der nunmehr in der Landesverfassung wirksam gemachten ‚Schuldenbremse‘ bewußt. Sehr klar forderte Janine Wissler eine Verbesserung der Landesfinanzen mit höheren Steuereinnahmen ein, was als Notwendigkeit auch von Gernot Grumbach bejaht wurde. Matthias Büger hielt dazu den Verweis auf die langfristige Wirkung von Personaleinstellungen, etwa bei Berufung von Hochschulehrern, für wichtig. Eine später bessere Betreuungsrelation wegen sinkender Studierendenzahlen würde Grumbach in Kauf nehmen und als ‚Demografierendite‘ betrachtet wissen.
Ob unzureichende und prekäre Beschäftigungsverhältnisse für wissenschaftliche Mitarbeiter, eine möglicherweise kommende Konvergenz zwischen Fachhochschulen und Universitäten, Aufgaben und Kompetenzen von Hochschulrat (lediglich beratend oder mit Entscheidungskompetenz), das Spannungsverhältnis zwischen Forschung und Lehre, viele Themenbereiche wurden, zumeist nur ansatzweise Gegenstand von Verlautbarungen.
Viele offene Fragen – auch aus dem Publikum
Die Öffnung des Gesprächs für Fragen aus dem Publikum wurde lebhaft genutzt. Zu den Fragestellern gehörten die Präsidenten der Universität Gießen und Fachhochschule Frankfurt neben Marburger Universitätsangehörigen. Befürwortung von Hochschulfinanzierung mit Wettbewerbssystem (aber mit fairen Regeln: Senator Pieper) und dessen grundsätzliche Ablehnung (Dekan Rohrmann) wurden artikuliert. Konkret und anschaulich war die Frage eines Studierenden, der im Gremium mit über die Verwendung der ‚Mittel zur Qualitätssicherung von Studium und Lehre‘ (QSL-Mittel: seit 2008 nach Abschaffung der Studiengebühren) zu befinden hat. Der Studierende beklagte Zweckentfremdung. Anstelle von Stärkung der Lehre würden wachsende Teile dieser Gelder in Marburg für Aufgaben der Grundfinanzierung verwendet.
Doch zur Erörterung fehlte die Zeit und zugleich wurde anschaulich, dass die konkrete Situation der Marburger Universität, ob Finanzen für den laufenden Betrieb, Investitionsmittel für Hochschulbauten (HEUREKA) oder die Lage der zahlreichen mit unzureichender Bezahlung und Absicherung arbeitenden wissenschaftlichen Mitarbeiter in Lehre und Forschung, gar nicht Anliegen und Thema dieser Veranstaltung sein sollte.
Zweifelsohne hat der Abend sichtbar werden lassen, dass es viele Defizite und Probleme in der hessischen Hochschullandschaft gibt. Kaum weniger zahlreich und verschieden sind dazu die Positionen der Parteien. Sachliche und höfliche Gesprächsbeiträge von Beteiligten helfen den ZuhörerInnen indessen wenig weiter. Ein landespolitischer Horizont mag wünschenswert sein.
Vielmehr und stattdessen wünschenswert bleiben allemal Fragen und Antworten zur Situation der Philipps-Universität. Um deren Beantwortung wird gebeten, bei weitem nicht alleine zur Partikeltherapie auf den Lahnbergen. Nicht einmal dazu sind die Landespolitiker in der Aula befragt worden.