Kürzungen beim kommunalen Finanzausgleich in Hessen verfassungswidrig – Urteil des Staatsgerichtshofs zur Klage der Stadt Alsfeld ergangen
Marburg 21.5.2013 (pm/red) Heute ist beim Hessischen Staatsgerichtshof das Urteil zur Klage der Stadt Alsfeld gegen das Land Hessen ergangen. Danach ist das Finanzausgleichsänderungsgesetz aus dem Jahr 2011 in wesentlichen Teilen verfassungswidrig. Die Kürzung von 360 Millionen Euro bei den Landeszuweisungen an die Kommunen durch die Landesregierung ist nicht haltbar.
Landrat Robert Fischbach verweist auf dramatische Unterfinanzierung der Kommunen
„Dieses Urteil ist nicht nur ein Erfolg für die Stadt Alsfeld, sondern auch für die kommunale Familie in Hessen! Auch die vom Hessischen Landkreistag geführten Klageverfahren der drei Landkreise Bergstraße, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meissner wurden damit bestätigt: Das Land Hessen darf die Finanzausstattung der hessischen Kommunen nicht willkürlich beeinträchtigen!“ bewertet der Präsident des Hessischen Landkreistages, Landrat Robert Fischbach (Landkreis Marburg-Biedenkopf), die Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs in einer ersten Stellungnahme.
Der Staatsgerichtshof hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Landesgesetzgeber den Kommunen eine angemessene Finanzausstattung zukommen lassen muss. Hierzu müsse der Finanzbedarf der Kommunen zunächst ermittelt werden. Dies habe der hessische Landesgesetzgeber bei der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2011 und dem darin erfolgten jährlichen Entzug von rund 360 Millionen Euro nicht getan.
„Bei einem ordentlich ermittelten Finanzbedarf wird das Land feststellen, dass die Kommunen und insbesondere die Landkreise in Hessen dramatisch unterfinanziert sind und einer besseren Finanzierung bedürfen“ gibt sich Fischbach überzeugt und fordert die Landesregierung auf, nun nicht die vom Staatsgerichtshof gesetzte Frist bis zum 31.12.2015 für eine neue gesetzliche Regelung auszunutzen, sondern schnellstmöglich, noch in diesem Jahr, zu einer kommunalfreundlichen Regelung zu finden.
ver.di Hessen fordert grundsätzliches Überdenken des haushaltspolitischen Kurses
Auch ver.di Hessen fühlt sich durch das heute ergangene Urteil des Staatsgerichtshofs bestätigt. Gerhard Abendschein, Fachbereichsleiter Gemeinden: „Ich freue mich über das Urteil. Wir haben in unserem letzten Kommunalfinanzbericht nachgewiesen, dass die Kommunen strukturell unterfinanziert sind. Außerdem haben wir gezeigt, dass die Begründungen des Landes für die Kürzungen bei den Landeszuweisungen an die Kommunen nicht haltbar sind. Genau wie der Staatsgerichtshof haben auch wir angemahnt, dass das Land bei seinen Entscheidungen den Mittelbedarf der Gemeindeebene beachten muss.“
Die Landesregierung, so Abendschein, sei aufgerufen, ihren haushaltspolitischen Kurs grundsätzlich zu überdenken: „Das Leitbild vom ‚schlanken Staat‘, das die Landesregierung auch den Kommunen aufdrücken wollte, ist gescheitert. Die öffentliche Hand muss wieder angemessen ausgestattet werden. Das gilt vor allem für die Gemeindeebene, die stark von den Zuweisungen des Landes abhängig ist. Nach diesem Urteil muss die Landesregierung die Kürzungen aus dem Jahr 2011 sofort rückgängig machen.“