Politische Kultur in Marburg mit Aussetzer
Marburg 27.5.2013 (yb) Zur politischen Kultur in Marburg gehört ein parteilpolitisch recht weit aufgespreiztes Stadtparlament mit Mandatsträgern von SPD, CDU, GRÜNEN, Fraktion Marburger Linke, FDP und Piratenpartei. Außerdem gibt es die Marburger Bürgerliste (MBL) und die Bürger für Marburg (BfM). In der Gänze betrachtet ist das gerne und immer noch so genannte ‚bürgerliche Lager‘ mithin sehr fragmentiert. Über die Sitzverteilung informiert eine Grafik der Stadt selbst und damit sei genug der objektiven Sachinformation.
Zur politischen Kultur in Marburg gehört auch, dass jeder mit jedem oder jeder redet, im Stadtparlament, in den Ausschüssen oder einfach auf der Straße. Es gibt keine Feindschaften, keine Verteufelungen und keine Stigmatisierungen. Es gibt mithin eine demokratische politische Kultur, die Respekt vor Andersdenkenden in sich trägt.
Im Alltagsgeschäft des Politikbetriebs läuft es in der letzten Zeit rund. Damit soll auch zum Ausdruck gebracht werden, dass es andere Zeiten, solche mit leidenschaftlich ausgetragenen Disputen und Dissonanzen, gegeben hat. Auch das gehört zur politischen (Streit-)Kultur. Durchaus anders war es in der Maisitzung vor drei Tagen. Ein Antrag der Bürger für Marburg zu vermeintlichen und/oder tatsächlichen parteipolitischen ‚Verstrickungen‘ führte zu Schieflagen in der Aussprache, zu Entgleisungen inhaltlicher und verbaler Eigenart. Unterbrechung der Sitzung mit Einberufung des Ältestenrats waren die Folgen. Da war das Kind längst in den Brunnen gefallen.
Nicht genug damit. Die beiden in der Sitzung des Ältestenrat verabredeten Beiträge zur Deeskalierung (eine Richtigstellung und eine Entschuldigung) gerieten jeweils zum Rohrkrepierer. Bauz, pardauz und die CDU zog aus. Ziemlich alleine und sichtlich betroffen saß danach die Antragstellerin auf ihrem Platz, hatte sich zuvor schon vorwerfen lassen müssen, ihr Antrag sei schlampig und schlecht gemacht gewesen. Wobei sowieso die Frage zu stellen ist, ob Stadtverordnete von Bürgerlisten, die bewusst keine Partei oder parteipolitische Arbeit für sich wollen, nun gerade zur Parteiengeschichte politische ‚Aufklärungsinitiativen‘ starten sollen, können oder müssen?
Aufgeklärt wurde jedenfalls nur sehr wenig an diesem Freitagabend in Marburg. —>siehe Live-Berichterstattung dazu in das Marburger. Es wurde zwar in Redebeiträgen einiges gesagt. Doch das hat ganz offenbar nicht gefruchtet und stattdessen (psychologische oder politische) Gräben aufgetan. Nun ja, könnte wer sagen, das gehört zur politischen Kultur, nicht alleine in Marburg. Und doch konnte und musste erschrecken, mit welcher Unverdrossenheit und Unwissenheit hantiert wurde. Dies hat nun wirklich nicht für die politische Kultur und politische Bildung mancher Akteure gesprochen, eher schon für eine signifikant niedrige Peinlichkeitsschwelle.
Demnächst soll das Geschehen in der Stadtverordnetenversammlung mittels Webcam und Livestream über das Internet übertragen werden. Das wird außer nicht ganz wenig Geld und Arbeit für einige damit technisch zu Beauftragende nichts bringen.
Zur politischen Kultur gehört politische Bildung. Dazu kann den Stadtverordneten die Ausstellung ‚Verstrickung der Justiz in das NS-System 1933 – 1945 Forschungsergebnisse für Hessen‘ empfohlen werden. —>Diese Ausstellung wird gerade in der Universitätsbibliothek gezeigt – und das noch bis zum 15. Juli.