Wärme aus Fett – ein evolutionär frühes Phänomen Marburger und Münchner Wissenschaftler erforschen Energiestoffwechsel
Marburg 18.7.2013 (wm) Wissenschaftler der Philipps-Universität Marburg und des Helmholtz Zentrums München haben herausgefunden, dass die Wärmebildung im braunen Fettgewebe der Säugetiere ein evolutionär schon lange bestehender Mechanismus ist. Die Erkenntnisse bilden eine neue Grundlage den Energiestoffwechsel und seine beteiligten Komponenten zu charakterisieren, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift ‚Nature Communications‘.
Braunes Fettgewebe dient Säugetieren der Erzeugung von Wärme, indem Fettreserven verbrannt werden. Die Fähigkeit „zitterfrei“, also ohne Muskelarbeit, hohe Körpertemperaturen aufrechterhalten zu können, hat evolutionär sowohl für die Fortpflanzung als auch für die Besiedelung kalter Lebensräume eine bedeutende Rolle gespielt. Rebecca Ölkrug vom Fachbereich Biologie an der Philipps-Universität Marburg hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Diabetes und Adipositas (IDO) am Helmholtz Zentrum München (HMGU) und der Mitochondrial Biology Unit des Medical Research Council, Cambridge, nachgewiesen, dass voll funktionsfähiges braunes Fettgewebe bereits früh im Lauf der Evolution der Säugetiere ausgebildet war.
Dieser Nachweis gelang durch Untersuchungen am madagassischen Igeltenrek (Echinops telfairi), einer Tierart die entwicklungsgeschichtlich zu einer Vorstufe der „höheren Säugetiere“ (Eutheria) gehört und die keine konstante Körpertemperatur zeigen. Echinops telfairi besitzt braunes Fettgewebe und ein thermogenetisch aktives Protein, UCP1, das zur raschen Fettverbrennung benötigt wird. Daraus schließen die Wissenschaftler, dass die rasche Fettverbrennung ein von der Körpertemperatur unabhängiger, früh entwickelter physiologischer Prozess ist. „Dies lässt eine neuartige Betrachtung des Energiestoffwechsels zu, indem Rückschlüsse auf die Evolution und Funktionalität des braunen Fettgewebes gezogen werden können“, erklären Rebecca Oelkrug und Dr. Martin Jastroch für das Autorenteam der Publikation.
Vor diesem Hintergrund wollen die Wissenschaftler nun die im Rahmen der Studie entwickelten technologischen Ansätze nutzen, um weitere Aktivatoren der Fettverbrennung zu identifizieren. Im Fokus stehen dabei Entkopplerproteine, wie das UCP1, die entscheidend am Gleichgewicht des Energiehaushaltes beteiligt sind. Langfristig sollen diese Ergebnisse dazu beitragen, neue therapeutische Konzepte der Fettverbrennung zu entwickeln, um überschüssige Fettreserven, beispielsweise bei Übergewicht (Adipositas), zu bekämpfen. Text: Nadja Becker/Martin Jastroch
Originalveröfentlichung: Oelkrug, R. et al. (2013). Brown fat in a protoendothermic mammal fuels eutherian evolution, Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms3140
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