Ausstellung „Ludwig Bickell – Frühe Fotografie für die Denkmalpflege“ im Marburger Landgrafenschloss.
Unter dem Titel „Ludwig Bickell – Frühe Fotografie für die Denkmalpflege“ zeigen das Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität, das Bildarchiv Foto Marburg und der Marburger Geschichtsverein Architekturaufnahmen Bickells, der zu den Pionieren der Fotografie und der Denkmalpflege in Hessen gehört und in diesem Jahr 175 Jahre alt geworden wäre. Er hinterließ dem Marburger Geschichtsverein rund 3.000 Glasplattennegative, die sich seit 1978 in der Obhut von Foto Marburg befinden. Experten des Bildarchivs, das 2013 sein 100-jähriges Bestehen feierte, haben die Aufnahmen inventarisiert, digitalisiert und in der Online-Datenbank www.bildindex.de publiziert.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt werden derzeit die materiellen Eigenschaften und fotohistorischen Besonderheiten der Negative untersucht. In der Ausstellung wird eine Auswahl von Bickells Fotos in neuen Abzügen gezeigt. Die Original-Glasplattennegative lagern bei 11 Grad Celsius in einer Kühlkammer bei Foto Marburg. Publikationen mit Bickells Bildern und Dokumenten aus der Entstehungszeit der Fotografien sind ebenfalls zu sehen.
Bickell fotografierte ab den späten 1860er Jahren, nachdem Kurhessen eine Provinz des Königtums Preußen geworden war, vor allem historische Zentren wie Fulda, Gelnhausen und Kassel, aber auch kleine Orte. Das Ziel Bickells war der Aufbau eines „Denkmäler-Archivs“. Die Fotografien verstand er als „bildnerische Urkunden“ für die Inventarisierung und Dokumentation des Denkmälerbestandes. Er betrachtete die historischen Bauten als Zeugnisse einer Zeit, die durch die Industrialisierung und den wachsenden Raumbedarf des gründerzeitlichen Wirtschaftsaufschwungs vom Verschwinden bedroht war.
Bickell nutzte die Fotos überwiegend für die Bildteile seiner kunstwissenschaftlichen Veröffentlichungen, zum Beispiel den Inventarband für den Kreis Gelnhausen und die Dokumentation zu Hessischen Holzbauten. Oftmals sind seine Aufnahmen die letzten Belege für historische Objekte. Dazu gehört zum Beispiel die Fotoserie zu den Abbrucharbeiten der alten Dechanei des Martinsstiftes in Kassel im Jahr 1891.
Auch für die technische Seite der Fotografie interessierte sich Bickell. Als er seine erste Kamera erwarb, arbeiteten Fotografen mit schweren Plattenkameras, großformatigen Glasnegativen und langen Belichtungszeiten. Die Negative mussten unmittelbar vor und nach der Aufnahme präpariert werden. Außenaufnahmen waren daher nur mit einer mobilen Laborausstattung möglich. In seinem Marburger Haus, heute die Kugelgasse 1, richtete er ein Tageslichtatelier, ein Labor und eine Dunkelkammer ein. Zeitlebens arbeitete er an der Verbesserung seiner Ausstattung und des fotografischen Verfahrens. Er experimentierte mit Fotochemikalien, entwickelte leistungsfähige Objektive und baute selbst Kameras.
Anfang 1892 erhielt Bickell für seine Leistungen auf dem Gebiet der Kunstgeschichte und für seine Verdienste um die Sammlung, Erhaltung und Abbildung von Kunstdenkmälern die Ehrendoktorwürde der Marburger Philosophischen Fakultät. Im gleichen Jahr wurde er zum ersten Bezirkskonservator des Regierungsbezirkes Kassel ernannt. Konfrontiert mit zahlreichen Abbruchgesuchen und Neubauprojekten, die er zu begutachten hatte, machte er sich zum Fürsprecher von Gebäuden, deren Verlust oder Umbau vielen seiner Zeitgenossen als verschmerzbar erschien. So konnte Bickell zusammen mit dem Marburger Geschichtsverein einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung im Jahr 1898 abwenden, das historische Rathaus um ein weiteres Geschoss aufzustocken.
Die Kabinettausstellung mit Werken von Ludwig Bickell ist vom 28. November 2013 bis 16. Februar 2014 im Westsaal des Marburger Landgrafenschlosses zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellung dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr.