„Haus Europa“ Thema beim 14. Ökumenegespräch in Marburg
140211 Zum 14. Mal hat am vergangenen Wochenende die Marburger „Ökumenegespräch“ stattgefunden Damit wirdseit 1987 im zweijährigen Turnus an das Marburger Religionsgespräch anno 1529 erinnert. In diesem Jahr lautete das Thema: „Das Haus Europa – Was hält uns zusammen?“. Die Frage bei diesen Ökumenegesprächen sei unter anderem, ob mit Europa etwas zusammengehalten werden solle, das nie wirklich zusammengehört hat. „Ist Europa nur ein mühsam zusammengehaltenes Konstrukt?“ Klar sei in jedem Fall, dass die Werte der Menschen in diesem Europa gar nicht so weit voneinander entfernt seien. „Menschen wollen Gerechtigkeit“, sagte Oberbürgermeister Egon Vaupel in seiner Begrüßungsansprache.
Gut 100 Besucher waren in die Alte Aula der Philipps-Universität gekommen, darunter auch der Bischof von Marburgs Partnerstadt Maribor, und mit ihnen die Redner Professor Dr. Marios Begzos aus Athen, Professor Dr. Elmar Salmann aus Rom und Dr. Udo Bullmann aus Straßburg beziehungsweise Brüssel. Es seien Gäste aus Städten kommen, die „hochgradig symbolisch aufgeladen“ sind, so der Moderator des Gesprächs Dr. Joachim Negel, Akademischer Rat am Katholisch-Theologischen Seminar der Philipps-Universität.
Die Hauptthese von Professor Dr. Marios Begzos lautet: „Europa ist durch die Bibel geprägt“. Der Dekan der Orthodox-Theologischen Fakultät Athen erläuterte, die christliche Präsenz in Europa dürfe weder überschätzt, noch unterschätzt und Europa nicht als exklusiver christlicher Raum betrachtet werden. Damit würden alle nicht-christlichen Bürger Europas diskriminiert. Das Biblische sei Kriterium des Christentums und nicht umgekehrt. Begzos sieht die Bibel auch als eine „Chance für Europa“, als „erste und letzte Instanz, an die jedermann appellieren kann“. „Keiner wird beschädigt und keinem wird Unrecht getan, wenn das Emanzipatorische der Bibel in den Vordergrund rückt“, so Professor Begzos.
Professor Dr. Elmar Salmann von der Päpstlichen Universität Sant Anselmo in Rom betonte in seinem Vortrag nicht das Biblische, sondern das Römische und das Politische im „Haus Europa“. Als konstituierende Elemente von Europa nannte er das Erbe, die „civitas“ (Bürgerschaft), das Recht, die „pietas“ (Frömmigkeit), den Ritus, die „leere Mitte“ (das Zentrum ist laut Salmann nie bestimmbar) sowie Vermittlung und Differenz. Er führte unter anderem aus, dass die Herkunft Europas janusgesichtig und doppelköpfig sei und dass die Theologie einst aus dem Orient kam. „Europa spielt nicht mehr die erste Geige, sondern allenfalls die Viola – aber wie sie spielt“, stellte Salmann fest.
Dr. Udo Bullmann, Vorsitzender der SPD-Delegation im Europäischen Parlament, hatte seinen Fokus auf der „Empirie des Projekts Europa“. Das moderne Europa sei nicht zu trennen von der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Was wir heute als europäisches Projekt kennen, sei die Antwort darauf. Im Hinblick auf die aktuelle Situation, den Wirtschaftseinbruch und die Schuldenkrise sprach der Politiker von einer „organisierten Unverantwortlichkeit“. Bullmann forderte, die Fairness müsse zurückkehren ins Haus Europa. Für die südeuropäischen Länder werde dringend ein Marshall-Plan gebraucht. Außerhalb des europäischen Verbundes könne man indes als Land „weder Wohlstand noch Freiheit verteidigen“, so Bullmann weiter. „Wir wären sehr klein und sehr allein in dieser Welt.“