50 Millionen Förderung für SYNMIKRO-Forschungsbau in Marburg
140415 Bei seiner Frühjahrssitzung in Darmstadt hat der Wissenschaftsrat den Antrag für den Forschungsbau des LOEWE-Zentrums für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) als Vorhaben von überregionaler Bedeutung zur gemeinsamen Bund-Länder-Förderung empfohlen. Damit erhält die Philipps-Universität Marburg nach dem Sprachatlas und dem Zentrum für Tumor- und Infektionsbiologie zum dritten Mal in fünf Jahren den Zuschlag für ein Gebäude und kann sich im Wettbewerbsverfahren durchsetzen. Der Forschungsbau für SYNMIKRO ist mit Baukosten von circa 50 Millionen Euro eines der größten zur Förderung empfohlenen Bauvorhaben. Der Wissenschaftsrat hat seine Empfehlung für jeweils ein Forschungsbauprojekt der Technischen Universität Darmstadt, der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Philipps-Universität Marburg sowie der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgesprochen. Das förderfähige Investitionsvolumen beträgt insgesamt rund 107 Millionen Euro. Nach Billigung durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, teilen sich Bund und Land die Kosten.
„Es ist ein fantastischer Erfolg für Marburg, bei all der harten Konkurrenz in diesem Verfahren dieses überdurchschnittlich große Forschungsgebäude durchgesetzt zu haben“, meint Professor Dr. Roland Lill, der den Antrag vor dem Expertengremium des Wissenschaftsrates vertreten hatte. Damit erhält das seit 2010 im Rahmen der hessischen LOEWE-Initiative geförderte Zentrum die langersehnten Räumlichkeiten, in denen die neu eingerichteten Arbeitsgruppen und mehrere bisher auf andere Standorte verteilte Gruppen unter einem Dach zusammengeführt werden. Eine Besonderheit des Forschungsbaus wird sein, dass sowohl biologisch-chemisch als auch theoretisch-modellierend arbeitende universitäre Gruppen und die eigens für SYNMIKRO eingerichtete vierte Abteilung am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie einziehen werden. „Die kurzen Wege und die räumliche Nähe sind für unsere interdisziplinären Forschungsaktivitäten besonders wichtig“, betont Professor Dr. Bruno Eckhardt, der Geschäftsführende Direktor des Zentrums.
Im Zentrum für Synthetische Mikrobiologie wird untersucht, inwieweit sich Konzepte der Modularisierung und Standardisierung, wie sie in den Ingenieurwissenschaften etabliert sind, auf die Funktionsweise von Zellen übertragen lassen. So werden zelluläre Teile und Prozesse nachgebaut und zu Modulen zusammengefasst, die dann flexibel zu komplexeren funktionellen Einheiten kombiniert werden können. Weiterhin wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Zentrum eine quantitative und theoretisch modellierende Beschreibung zellulärer Vorgänge entwickeln. Damit soll einerseits ein molekulares Verständnis zellulärer Prozesse in bisher unbekannter Qualität erreicht und andererseits die Grundlage für zukünftige Technologien gelegt werden, die das Design und die Synthese von neuartigen, in dieser Form nicht aus der Natur bekannten Zellen mit vordefinierten Eigenschaften ermöglichen.
Die Gesamtinvestitionen belaufen sich voraussichtlich auf rund 61 Millionen Euro. Davon entfallen circa 51 Millionen Euro auf die Erstellung des Gebäudes, 4,3 Millionen Euro auf die Ersteinrichtung und 5,3 Millionen Euro auf den Erwerb von Großgeräten. Der Bund wird auf der Basis der Begutachtung durch das Expertengremium und der Empfehlung des Wissenschaftsrates nach der Förderentscheidung durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder einen Anteil von 25 Millionen Euro übernehmen, das Land Hessen trägt 36 Millionen Euro.
Der geplante Neubau soll in zentraler Lage auf dem naturwissenschaftlichen Campus Lahnberge in direkter Nachbarschaft zu den Fachbereichen Chemie, Biologie, Mathematik und Informatik sowie zum Max-Planck-Institut entstehen. In der Nähe liegen weiterhin das neue Zentrum für Tumor- und Immunbiologie, das erste aus dem Förderprogramm bewilligte Gebäude, der kurz vor der Fertigstellung stehende Neubau für die Chemie und das Biomedizinische Forschungszentrum, in das auch das BSL4-Labor des Instituts für Virologie integriert ist.
Der Forschungsbau wird eine Hauptnutzfläche von rund 6.000 qm haben. Der weitaus größte Teil wird von den mikrobiologisch und chemisch arbeitenden Gruppen genutzt werden; rund die Hälfte wird auf Labor- und Geräteräume entfallen. Um räumlich und zeitlich hochauflösende Verfahren für die Untersuchung von Mikroorganismen zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung stellen zu können, sollen zentrale Serviceeinheiten für Licht- und Elektronenmikroskopie ausgebaut werden. Das geplante Cryo-Elektronenmikroskop soll die dreidimensionale Rekonstruktion ultrafeiner Zellstrukturen sowie gereinigter Proteinkomplexe und damit Einblicke in den Aufbau einer Zelle in bisher unerreichtem Detail ermöglichen.