Ein verhinderter Start der Marburger Schlossbahn
140701 (yb) Großer Bahnhof auf dem Marburger Marktplatz. Einen Tag bevor der ordentliche Betrieb der ‚Marburger Schlossbahn‘ am 1. Juli 2014 losgehen sollte, hatte Familie Brunett eingeladen und rund 100 Interessierte, darunter viele Repräsentanten, waren erschienen. Doch unter blauem Himmel gab es gleich schlechte Nachrichten: Die notwendige Genehmigung seitens des Regierungspräsidiums zum Befahren der sehr steilen Strecke hoch und runter zum und vom Landgrafenschloss konnte noch nicht erwirkt werden. So schauten die illustren Gäste irritiert und die Einladenden waren kompromittiert.
Die in weinrot und weiß gehaltene ‚Marburger Schlossbahn‘ auf dem Marburger Marktplatz. Das Gefährt mit Zugmaschine und zwei angehängen Wagen zur Personenbeförderung, Kapazität gut 50 Personen, hat zwar eine TÜV-Zulassung für Personenbeförderung. Doch zum Anfahren des Landgrafenschlosses in Marburg mit Steigung / Gefälle deutlich über 10 Prozent bedarf es zusätzlicher technischer Abnahmen und darauf fußender Lizenz. Die Tauglichkeit zur Beförderung bergauf unter Volllast und die Fähigkeit zum Abbremsen unter Vollast auf Kopfsteinpflaster muss die Konstruktion erst noch unter Beweis stellen. Erst dann kann die notwendige behördliche Genehmigung zum Befahren der eigentlichen Schlossroute mit der Sybel- und Lutherstraße als extrem steilen Streckenbabschnitten erteilt werden.
Betretene und verwunderte Gesichter beim öffentlichen Vorstellungstermin also, dazu Erklärungsversuche bis hin zu anklingender ‚Behördenkritik‘. Dazu bedurfte es denn gar klarer Worte von Oberbürgermeister Egon Vaupel, der die Berechtigung und Notwendigkeit solcher Tauglichkeitsprüfung betonte, woran das Behördenhandeln nun einmal gebunden sei. Häppchen und Getränke hatte Familie Brunnett kurzerhand vom Schloss runter auf den Marktplatz umdisponiert, womit die zahlreichen Gäste zumindest in dieser Hinsicht schadlos gestellt waren.
Nach vertröstenden Worten, vielen Fotos und Aufnahmen seitens verschiedener Medienvetreter wurden dann Rundfahrten angeboten. Vom Marktplatz durch die Barfüßerstraße über Wilhemsplatz, Universitätsstatraße, Biegenstraße, Deutschhausstraße und zurück über Steinweg und Wettergasse, konnte, wer wollte, die Eigenart und Tauglichkeit der einstweilen verhinderten ‚Marburger Schlossbahn‘ ausprobieren.
Mehr oder weniger im Schritttempo ging es durch die gepflasterten und holprigen Gassen der Oberstadt und dann zügig vom Wilhelmsplatz bis zum Steinweg, wo die Starthaltestelle ausgewiesen ist. Federung in Ordnung, Sitze eng aber gepolstert, Panoramadach aus Plexiglas zum Durchblicken – die Fahrt ging reibungslos. So bekamen die interessierten Premierengäste zumindest ein Fahrgefühl.
Bis es losgeht mit der eigentlichen Schlossroute liegt die einschlägige Überprüfung samt Testfahrten seitens des TÜV an. Und dann soll sie endlich kommen, die Betriebsgenehmigung mit Streckenkonzession. Einstweilen soll die Touristenbahn nur einen Rundkurs via Marktplatz befahren.
Fotografien von Hartwig Bambey © 2014.