Demonstration Solidarität mit Kobane – gegen den ‚Islamischen Staat‘ in Marburg
Marburg 2.11.2014 (red/pm) Seit Wochen blickt die Welt via Medien nach Kurdistan, in die Staaten Irak, Syrien und Türkei, in denen Kurden angestammt leben. Die Welt und viele Menschen blicken nicht durch in den heutigen Verhältnissen und blutigen Geschehnissen in Kurdistan. Am Samstag, 1. November war zu einem internationalen Aktionstag ausgerufen, wozu in Deutschland in über 15 Städten Demonstrationen stattgefunden haben. Auch in Marburg war von verschiedenen kurdischen Organisationen, von der Gruppe Dissident und weiteren linken Organisationen zu einer Demonstration durch die Innenstadt am Nachmittag aufgerufen. Wie die Gruppe ‚Dissident‘ berichtet, waren mehr als 500 Menschen auf den Beinen, um hier gegen den sogenannten ‚Islamischen Staat‘ zu demonstrieren. Mit Fahnen der ‚PKK‘ versuchten dabei Demonstrierende ihre Forderung nach Aufhebung des Verbots der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterstreichen.
Im Mittelpunkt der Demonstration durch die gesamte Innenstadt, mit mehreren Zwischenkundgebungen, stand die Solidarität mit den Menschen in der umkämpften Stadt Kobanê, welche seit nun über 40 Tagen massiven Angriffen des ‚IS‘ ausgesetzt ist. Sprecher wiesen daraufhin, dass durch den ‚IS‘ nicht nur den Menschen in Kobanê, sondern in vielen weiteren Gebieten Kurdistans ein Massaker drohe. Dies habe der ‚IS‘ bereits im Sommer im Raum Sindschar/Sengal unter Beweis gestellt. Nur unter Hilfe der PKK konnten die Jesiden durch einen sicheren Korridor aus dem Gebirge Sindschar fliehen.
Während der nur knapp abgewendete Genozid die weltweite Öffentlichkeit erschütterte, sahen sich die westlichen Großmächte erst spät und vor allem wegen der Vorstöße des ‚IS‘ in die irakischen Ölfördergebiete zum militärischen Handeln veranlasst. Daher betonten die Protestierenden die Wichtigkeit, dass die Menschen vor Ort ihre Verteidigung selbst organisieren und diese Organisationen, wie die PKK, die Volksverteidigungseinheiten (YPG) und die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) durch die internationale Staatengemeinschaft anerkannt werden.
Zudem forderten sie die politische Anerkennung der Selbstverwaltung und Autonomie in Rojava. Denn diese Selbstverwaltung garantiere die emanzipatorischen Elemente der Revolution in Rojava.
„Im kurdischen Teil von Syrien, den wir Rojava nennen, ist seit Mitte 2012 eine demokratische Selbstverwaltung aufgebaut worden“, berichtet Rojbin Yekbun von der YXK. „Männer und Frauen sind dort gleichberechtigt, alle Minderheiten genießen die vollen Rechte. Diese demokratische Autonomie muss gegen die Barbaren verteidigt werden!“
Da dieses Konzept der Gleichberechtigung und Freiheit eng mit den Ideen der PKK zusammenhängt, kritisierten die OrganisatorInnen der Demonstration, das seit den neunziger Jahren gültige Verbot der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die in Deutschland vor allem auf Grund des diplomatischen Drucks durch den NATO-Partner Türkei verboten ist.
Diese Rücksichtname der Bundesregierung auf die Türkei sei falsch, kommentierte Gerda Maler von der Gruppe Dissident die Situation. Zu dem betont sie, dass jedes Engagement für Kurdistan in Deutschland immer davon bedroht sei, als Terrorunterstützung verfolgt zu werden. „Dieses PKK-Verbot muss dringend weg! Daher war es auch ein wichtiges Zeichen heute die Fahnen der PKK auf der Straße zu zeigen.“
Der NATO-Partner Türkei agiere zudem durch direkte logistische Unterstützung als einer der wichtigsten Verbündeten des dschihadistischen ‚IS‘. Offenkundig wolle die türkische Regierung die in den drei Kantonen Rojavas (Nord-Syrien) erreichte demokratische-kurdische Selbstverwaltung nicht akzeptieren, da sie ein Gegenmodell zu eigenen machtpolitischen Ambitionen bilde. Diese Ambitionen führten nun nur Bedrohung des Lebens hunderttausender KurdInnen durch den ‚IS‘.
Wie ein Polizeisprecher mitteilte, verlief die mehr als zweistündige Demonstration friedlich. Polizisten aus Marburg seien zur begleitenden Regelung des Verkehrs im Einsatz. Fotografien von Hartwig Bambey