Kunst im Klinikum folgt Bildbedürfnis und wirkt als Impulsgeber – Der Funktionalität mit der Lebendigkeit des Menschen antworten
Marburg 24.03.2015 (red) Kunst ist gefragt. Das zeigt der „Kunstmarkt“, wo Rekordpreise für angesagte Werke erzielt werden. Kunst gehört zum kulturellen Leben. Dafür engagieren sich Kunstvereine, ob in Gießen, Marburg, Wetzlar oder in viel kleineren Kommunen. Kunst ist auch gefragt, wenn es um Aufmerksamkeit geht. Mit der Präsentation von „Kunstwerken“ streben mancherlei Akteure, angefangen bei Banken, öffentlichen Verwaltungen oder längst auch Arztpraxen um Wahrnehmung, wollen ihren Räumen andere, zusätzliche Bedeutung geben. Am Uniklinikum in Gießen (UKGM) gibt es inzwischen eine besondere Initiative, die „Kunst im Klinikum“ präsentiert und einiges dafür aufbietet. Über dessen Entstehung, Hintergründe und Intentionen geht das Interview mit Dr. Susanne Ließegang.
Redaktion: Frau Ließegang, sie sind promovierte Kunsthistorikerin und inzwischen als Kunstbeauftragte am Uniklinikum Gießen tätig. Was gehört zu ihren Aufgaben?
Susanne Ließegang: Grundlage der Arbeit hier im Uniklinikum ist ein von Personal und Patienten geäußertes „Bildbedürfnis“ und meine Überzeugung, dass Kunst im Krankenhaus für das Personal, die Patienten und Angehörigen Impulsgeber sein kann, die lebendige, gesunde Seite zu stärken und zu nutzen, um der kranken Seite zu begegnen. Vor diesem Hintergrund ist es meine Aufgabe, Konzepte zu entwickeln, die in dem weitverzweigten Haus auf Bildbedürfnisse der unterschiedlichsten Art antworten.
Wenn eine Intensivstation Bilder für ihren Flur haben möchte, oder der Laufweg für die Lungenfunktionsprüfung attraktiver gestaltet werden soll, liegen ganz unterschiedliche Bedingungen und Bedürfnisse zu Grunde – das jeweilige Bildkonzept muss darauf antworten. Mein Handwerkszeug als Kunsthistorikerin – darunter mein über Jahrzehnte am Bild geschultes Sehen und das Verständnis des Zusammenhangs von Bild und Umfeld – hilft mir sensibel den Bezug von Bildern und den unterschiedlichsten Funktionszusammenhängen hier im Haus zu bedenken und daraus Konzeptionen zu entwickeln. Neben dieser konzeptionellen Arbeit und deren Umsetzung gehört die Vermittlungsarbeit zum Beispiel in Form von öffentlichen und hausinternen Kunstgesprächen und die Pressearbeit mit zu dieser Arbeit.
Redaktion: Ist die Klinikleitung in Gießen besonders kunstbeflissen und wie ist es zu der Kunstpräsentation gekommen?
Susanne Ließegang: Nein, so würde ich das nicht beschreiben. Der Impuls zu diesem Projekt kam nicht aus einer Kunstbeflissenheit. Zunächst gibt es schon seit Jahrzehnten in vielen Klinikbereichen Ausstellungen, die aus den unterschiedlichsten Beweggründen entstanden.
Da gibt es den Pfleger, der fotografiert und sich dafür einsetzte, dass die kahlen Wände mit Bildern bestückt wurden. Da gibt es Leihgaben von Patienten oder deren Angehörigen, die dazu führten dass Ausstellungen entstanden sind.
Für das heutige Projekt „Kunst im Klinikum“ ist das Engagement von Renate Seeger grundlegend gewesen. Vor über 10 Jahren hat sie begonnen, in der damaligen Med.II, Ausstellungen zu organisieren. Dann kam es zu einer Kooperation mit der Med. I, die Ausstellungen unter dem Motto „Patienten und Mitarbeiter stellen aus“ präsentierten.
Diese Ausstellungen entwickelten sich von einer Hobbyebene hin zu Präsentationen, die sich der Kunst annäherten. Frau Seeger ist es zu verdanken, dass diese Ausstellungen eine Diskussion reifen ließen, die darum zu kreisen begann, die Klinik nicht nur als einen weiteren Ausstellungsort zu begreifen, sondern nach der besonderen Funktion von Bildern in einem Klinikzusammenhang zu fragen.
Mit dem Umzug des Uniklinikums in den Neubau wurde dann die Chance ergriffen, der Kunst im Klinikum ein stärkeres Gewicht zu verleihen. Zunächst wurde eine weitere Professionalisierung der Ausstellungsreihe von Renate Seeger, jetzt im Gang zur Kapelle („Kunst im Kapellengang“ E 0) angesiedelt, angestrebt. Parallel dazu stellte sich die Situation ein, dass der Neubau zunächst mit einem „Bilderverbot“ belegt war.
Sehr schnell erwuchs daraus ein starkes Bildbedürfnis der Mitarbeiter und Patienten, denn die kahlen Wände wurden als unterkühlt und trostlos empfunden. Dieses Bildbedürfnis paarte sich mit der Wahrnehmung, dass trotz der Installation eines Wegweiser Systems es zu großen Orientierungsschwierigkeiten in dem weitverzweigten Haus kam. Das alles gemeinsam führte zu der Entscheidung seitens der Klinikleitung, mich als Kunstbeauftrage am UKGM offiziell mit der Entwicklung eines Konzepts zu betrauen.
Redaktion: Gibt es also mehrere Ausstellungen im Uniklinikum, schließlich handelt es sich ja nun wirklich um ein sehr großes Gebäude?
Susanne Ließegang: Das Gebäude ist nicht nur riesig. Im Grunde genommen hat es die Struktur einer ganzen Stadt. Denn hier sind jetzt in einem einzigen Gebäudekonglomerat fast alle Kliniken zusammengelegt, die vorher in einzelnen, über das Gelände verstreute Häuser untergebraucht waren.
Das bedingt, dass es innerhalb des Gebäudes die unterschiedlichsten Funktionsbereiche gibt, die sich entsprechend unterschiedlich für Bilder und Kunst eignen. Zurzeit umfasst das Projekt, neben der Präsentation von Bildern auf den Stationen, vier Ausstellungsbereiche, im Sommer wird ein weiterer dazu kommen.
Redaktion: Ist es Aufgabe von Kunstwerken die Architektur zu schmücken? Gibt oder gab es zu viele kahle Wände?
Susanne Ließegang: Obwohl sich seit dem vergangen Jahr schon viel getan hat, sind immer noch sehr viel mehr Wände kahl als „geschmückt“. Wobei es weniger um die Frage des Schmuckes geht – das ist es immer auch. Aber würde es bei diesem Projekt nur um das Schmücken gehen, dann wäre es wohl einfacher gewesen einen Innenarchitekten/in mit einem Design zu beauftragen…
Kernpunkt des Projektes „Kunst im Klinikum“, ist der Funktionalität des Gebäudes mit der „Lebendigkeit“ des Menschen zu antworten. Daraus folgt, dass ein Krankenhaus nicht einfach eine weitere Galerie ist. Es ist ein Ort, an dem der Ausnahmezustand der Normalzustand ist. Hier ist dem Leben das Gleichgewicht entzogen, Geburt und Tod sind hier nicht Metaphern für etwas, sondern Realitäten des Alltags.
Befremdlichkeiten zwischen kulturellen Verhaltensweisen überschreiten
Die Frage, was Leben und Lebendigkeit auszeichnet, ist hier keine Luxusfrage, sondern häufig genug existentielle Herausforderung. Dazu gehört, dass Krankheit die Menschen gleich zu machen scheint: egal ob Chinese, Türke, Deutscher oder Eritreer – ein Beinbruch ist ein Beinbruch, der behandelt werden muss, und zwar unabhängig davon, ob der mir begegnende Arzt oder Pfleger Iraner, Serbe oder Ägypter ist. Will sagen, ein Universitätsklinikum ist in unserer international durchmischten Gesellschaft ein Ort, an dem die Befremdlichkeiten zwischen kulturellen Verhaltensweisen überschritten werden müssen.
Die Konsequenzen hieraus sind weitreichend, hier ist nicht der Ort dies weiter auszuführen. Wesentlich ist, dass die Internationalität und die Frage nach dem Leben zur Grundkonstellation des Ortes gehört, genauso wie die Tatsache, dass wir es außerdem mit einem Wirtschaftsunternehmen zu tun haben, das spezifische Arbeitsbedingungen schafft und darüber hinaus auch noch Teil einer Universität ist.
Kunstorte mit unterscheidbarer Qualität schaffen
Meine Aufgabe als Kunstbeauftragte ist es mit hoher Sensibilität damit umzugehen, dass Bilder und Kunst in einem sehr spezifischen Umfeld eingebettet sind. Es geht um gravierende Unterschiede, wenn die Opferschutzambulanz der Rechtsmedizin nach Bildern fragt, oder die Anästhesie danach fragt, wie mit Bildern der Anonymität des hinter Masken verborgenen Personals ein Gegengewicht gegeben werden kann oder wie das Personal einer Intensivstation ihr Bildbedürfnis äußert.
Bis hin zu der Möglichkeit eines Gebäudes, dass im Prinzip ein ganzes Stadtviertel ist, in dem es Plätze, neutrale Zwischenräume gibt, die sich dafür eignen ähnlich einer Galerie bespielt zu werden.
Aus dieser Komplexität entwickelt sich ein Konzept, das innerhalb des Klinikums „Kunstorte“ mit unterscheidbarer Qualität schafft.
Redaktion: Wendet sich die Kunst an die Patienten, diese sind doch meistens nur für wenige Tage und Nächte dort?
Susanne Ließegang: Auch wenn die Patienten heute nur eine sehr kurze Verweildauer hier im Hause haben, spielt die Atmosphäre, die ein solches Haus ausstrahlt, dennoch eine besondere Rolle für deren Befinden und deren Umgang mit ihrer Krankheit. Im Verhältnis zu den 80er Jahren, als die ersten Projekte mit Kunst im Klinikum umgesetzt wurden, hat sich die Zielsetzung gewandelt. Das große Ziel der Heilung ist inzwischen dem Gedanken der Gesundheitsförderung gewichen – unter diesem Aspekt stehen die Patienten im Zentrum der Aufmerksamkeit dieses Projekts.
Nur ein Beispiel: das ICH (Interdisziplinäre Chirurgische Holding: dort werden Patienten auf ihre OP vorbereitet), ist mit der Farbmalerei von Lena Will ausgestattet, die jedem Raum einen eigenen Klang gibt und zum Gedanken gleiten lassen oder auch zum Träumen einladen.
Redaktion: Wollen Mitarbeiter Kunst in ihrem Bereich haben und können sie die bekommen?
Susanne Ließegang: Das Projekt läuft über zwei unterscheidbare Schienen: da sind die öffentlichen Bereiche, die Flure und Wartezonen außerhalb der eigentlichen Klinikbereiche und die halb öffentlichen Bereiche der Stationen. Während die erstere ganz unter meiner Regie stehen, kommt der Impuls für die Stationen vom Personal.
Bildbedürfnis des Personals auf den Stationen
Dort geht es nicht um die Frage der Präsentation von Kunst, sondern um ein Bildbedürfnis. Dem zu entsprechen ist meine Aufgabe. Vor allem, ist hier nicht meine wie auch immer geartete Kunstvorstellung der Maßstab, sondern die Frage, mit welchen Bildern fühlt sich das Personal wohl, welche Bilder passen in den Zusammenhang der jeweiligen Klinik. Dieser Teil meiner Arbeit ist für mich persönlich sehr spannend, weil ich vom Personal viel über die Bildkultur unserer Gesellschaft lerne.
Redaktion: Was können Kunstwerke, also Gemälde, Montagen oder auch Fotografien, leisten?
Susanne Ließegang: Das ist eine spannende Frage. Die Idee ist, dass die Bilder die Atmosphäre im Haus positiv verändern. Dass sie nach und nach im Haus an vielen Stellen Lebendigkeit aufscheinen lassen und darüber hinaus hier und da den Anstoß liefern, dass Menschen mit einander ins Gespräch kommen und wahrnehmen, dass es neben der eigenen Sichtweise auch noch andere, manchmal befremdliche, manchmal auf überraschende Weise beglückende gibt.
Redaktion: Verändern Kunstwerke im Klinikum etwas? Werden sie in dem Geschehen überhaupt bewusst wahrgenommen?
Susanne Ließegang: Ja, sie werden wahrgenommen, soviel kann ich aus den Rückmeldungen von Personal, Patienten und Besuchern sagen. Das reicht von Äußerungen wie zum Beispiel „Ich freu mich jedes Mal, wenn ich die heiteren Elefantenbilder (von Anke Koch-Röttering, E +3 Magistrale Übergang zur Kinderklinik) sehe“ über „Ich würde mir hier etwas anderes als die zarten Blumenbilder (Intensivstation 3.5) wünschen“ bis hin zu „Schön, es gibt wieder was neues“ (Kunst im Kapellengang).
Bilder in der Beiläufigkeit des Besucherstroms
Für die öffentlichen Bereiche der Flure und Wartezonen ist das Kriterium der Auswahl, dass es Werke sein müssen, die die Beiläufigkeit des Besucherstroms aushalten müssen, das heißt auch dann noch raumwirksam sind, wenn sie nicht detailliert betrachtet werden. Zugleich müssen sie dem Blick, der sich ihnen zuwendet, Nahrung geben, das Sehen als eine Aktivität zu erfahren, das Sinnlichkeit mit dem Sinn verbindet.
Das leisten zum Beispiel die Bilder von Veronika Dutt im Foyer der Eingangshalle – wie viel und was davon der Einzelne mitnimmt, kann ich nicht sagen. Aber auch das ist ein wichtiges Kriterium der Auswahl – die Werke müssen dem Besucher die Freiheit gewähren, hin zu schauen, oder auch nicht.
Redaktion: Gibt es verschiedene Widmungen von Kunst oder Kunstwerken?
Susanne Ließegang: Ja, neben der oben angesprochen grundsätzlichen Unterscheidung zwischen öffentlichen und halböffentlichen Bereichen, werden im öffentlichen Bereich einzelne Kunstorte benannt, die jeweils festgelegten Auswahlkriterien unterliegen. Bis jetzt bespielen wir vier solcher Kunstorte.
Das ist das Foyer im Haupteingang (Klinikstr.33), das im zwei bis drei jährigen Wechsel von einem Künstler/in mit einer Rauminstallation bespielt wird. Noch bis zum September wird dort Veronika Dutt zu sehen sein.
Dann gibt es den schon erwähnten Kapellengang, in dem halbjährlich wechselnde Ausstellungen von professionellen Künstler/innen eingerichtet werden, bis Juni derzeit Ithes Holz.
Als dritter Kunstort wird auf der Ebene +3 die große Magistrale für regional verankerte Künstler/innen und Institutionen bereit gestellt, bis zum Juli sind dort Arbeiten von Schülern der Willy- Brandt-Schule, Fachoberschule Gestaltung, zu sehen.
Und schließlich haben wir einen Kunstort für Werke ehemaligen Patient/Innen. Elisabeth Turvolds Fotografien sind im Fenstergang von der Zentralen Notaufnahme zu Chirurgie bis auf weiteres zu sehen.
Redaktion: Finden sich genügend Bereiche, die für Kunstpräsentation geeignet sind?
Susanne Ließegang: Wenn das die Frage nach kahlen Wänden und Fluren ist, dann haben wir mehr als genug davon. Aber da es hier nicht einfach darum geht, kahle Wände zu schmücken, sondern sinnvoll mit dem Ort umzugehen, stellt sich für jeden einzelnen Bereich neu die Frage, worum soll es hier gehen, was sind die Bedingungen unter denen hier Bilder oder Kunst erscheint.
Außer den angesprochenen „Kunstorten“ soll es daher in loser Folge wechselnde Orte geben, die eben nicht im Vorfeld als Kunstort bestimmt sind. Viel mehr wird sich aus der Struktur und dem Inhalt einer bestimmten künstlerischen Arbeit, unter Mitarbeit eines Künstlers, einer Künstlerin, ein Ort finden, an dem die jeweilige Arbeit in die besonderen Gegebenheiten des Ortes eingreift. Zum Mittelhessischen Kultursommer 2015 werden wir erstmals ein solche Arbeit präsentieren können. Dann wird Andreas Walther mit seiner Videoarbeit „Familienportraits“ die große Wartehalle der Zentralen Notaufnahme bespielen.
Redaktion: Wie gehen professionelle Künstler mit „Kunst im Klinikum“ um, müssen sie diese überzeugen dort auszustellen?
Susanne Ließegang: Grob gesagt gibt es zwei sich widerstreitende Aspekte: auf der einen Seite haben wir eine generelle Entwicklung, die nach den Bedingungen und Möglichkeiten von Kunst im öffentlichen Raum fragt. Hier kann „Kunst im Klinikum“ ein spannender Ort sein, denn die Bedingungen unter denen Kunst hier eingreifen kann, sich behaupten muss, sind sehr vielschichtig. Die Werke einem nicht ausschließlichen Kunstpublikum auszusetzen, nehmen die Künstler/innen als Herausforderung an. Das ist die positive Seite.
Schwieriger ist für Künstler/innen damit umzugehen, dass dies Projekt „Kunst im Klinikum“ noch jung ist und sich erst noch seine Sporen verdienen muss. Sprich das Renommee des Ortes kann sich nur mit dem hohen Niveau, auf dem hier Kunst präsentiert wird und mit der Ernsthaftigkeit mit der hier über Kunst nachgedacht wird, entwickeln. Daher sind wir sehr froh, dass uns für den kommenden Sommer der Künstler Andreas Walther, Gießen (ZNA), und die Künstlerinnen Veronika Dutt, Fulda (Foyer), und Ana Laibach, Mannheim, (Kapellengang), ihr Vertrauen geschenkt haben. Damit können wird drei sehr unterschiedliche künstlerische Positionen im Klinikum präsentieren.
Redaktion: Ist ein Krankenhaus, gar ein so großes wie das Uniklinikum Gießen, ein kultureller Ort?
Susanne Ließegang: Das Krankenhaus ist auch ohne Kunst ein Ort der Kultur und der Kulturen. Die Art und Weise wie wir mit Krankheit umgehen ist kulturell geprägt, unser Umgang mit Leben und Tod geschieht aus einer kulturell geprägten Grundhaltung heraus.
Darüber hinaus ist ein Uniklinikum als Krankenhaus der Höchstversorgung, geprägt von einer hohen Durchmischung der unterschiedlichsten Kulturen. Das Projekt „Kunst im Klinikum“ hat sich mit zur Aufgabe gemacht, diese Situation wahrnehmbar zu machen; ganz nach der alten Klee´schen Setzung „Kunst gibt nichts Sichtbares wider, sondern macht sichtbar“.
Das Nebeneinander der beschriebenen Kunstorte, die durch unterscheidbare Auswahlkriterien geprägt sind, wird zunehmend die Bildkultur und das Bildbedürfnis unserer Gesellschaft offenlegen. Diesen Ort als einen Ort wahrnehmbar werden zulassen, der vielfältige kulturelle Begegnungen ermöglicht, gehört zu den spannenden Herausforderungen dieses Projekts.
Redaktion: Welche Ausstellung oder Präsentation ist ihnen besonders wichtig?
Susanne Ließegang: Das Dreigestirn der Ausstellungen Dutt, Laibach, Walther, die wir ab Juni hier im Haus haben werden, verspricht eine sehr spannende Begegnung. Wichtig im Hinblickt auf die Frage der Internationalität der Menschen, die sich im Uniklinikum bewegen, ist mir die Videoinstallation von Walther, der mit seinen weltweit aufgenommen Familienportaits, unter anderem das Thema der kulturellen Unterschiede in der Wartehalle der zentralen Notaufnahme wahrnehmbar machen wird.
Darüber hinaus ist die Einbindung des Uniklinikums in die Region ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit, weshalb mir die Präsentation regional verankerter Künstler und Institutionen ( E +3 Magistrale) ein besonderes Anliegen ist. Zurzeit sind dort Schülerarbeiten der Willy-Brandt-Schule Fachoberschule Gestaltung, Gießen, zu sehen, die auf ganz eigene Weise Lebendigkeit ins Haus bringen.
Redaktion: Wird zur Kunst auch etwas vermittelt, etwa durch Führungen oder andere Angebote?
Susanne Ließegang: Ja, es werden Vernissagen veranstaltet und hierzu die allgemeine Öffentlichkeit eingeladen. Zum anderen werden zu den Ausstellungen im „Kapellengang“ regelmäßig Kunstgespräche angeboten. Darüber hinaus sind Führungen auf Anfrage möglich.
Redaktion: Wie wird die Kunst im Klinikum bekannt gemacht, sind Interessierte von außen willkommen? Interessiert sich die Öffentlichkeit in der Stadt für die Kunstpräsentation im Klinikum?
Susanne Ließegang: Die öffentlichen Veranstaltungen richten sich generell an alle Interessierten. Die Einladungsweg sind die üblichen, über die Presse und die persönlichen Kontaktadressen. Eine Besonderheit ist, dass die Patienten über den Informationskanal, den sie über die Fernsehmonitore am Krankenbett empfangen können, eingeladen werden.
Da neben der Anregung des Gesprächs über Kunst, auch die Vernetzung des Uniklinikums mit der Stadtöffentlichkeit ein wichtiger Aspekt dieses Projekts ist, freuen wir uns besonders, über den Kontakt zur Gießener Kulturamtsleiterin Frau Maiwald. Zudem war es ein wichtiger Schritt das Projekt „Kunst im Klinikum“ im Rahmen des 1. Gießener Kulturforums vorstellen zu dürfen. Das gleiche Anliegen haben wir bezüglich des Kontakts zur Universität.
Redaktion: Was kommt noch in diesem Jahr, kommt etwas Neues dazu?
Susanne Ließegang: Wie schon erwähnt, haben wir das Glück im Rahmen des Mittelhessischen Kultursommers die Videoinstallation von Andreas Walther präsentieren zu können. Sie wird von Juni bis September gezeigt werden. Parallel dazu wird es eine neue Ausstellung im Kapellengang geben – Ana Laibach wird dort unter anderem ihre schwarz-weiß Arbeit „Ahnen“ installieren. Und im September wird Thomas Vinson das Foyer der Eingangshalle neu einrichten.
Kontakt: Dr. Susanne Ließegang, Email susanne.liessegang@uniklinikum-giessen.de, Tel 06409 80 80 284
Fotografien von Hartwig Bambey und Susanne Ließegang