Drei Konzepte für Lokschuppen für eine zweite Runde ausgewählt
Marburg 19.4.2017 (pm/red) Um den verfallenden denkmalgeschützten Ringlokschuppen mit einer zum kulturellen Umfeld des Waggonhallenareals passenden Nutzung zu erhalten, hatte sich das Stadtparlament im Herbst auf Magistratsvorschlag für eine Konzeptausschreibung mit Bürger/innenbeteiligung entschieden. Ein breit aufgestelltes Auswahlgremium habe am Mittwoch die eingegangenen Angebote t zunächst in einer ersten Stufe beraten. Drei der Konzepte sollen nun in die zweite Runde der Auswahl Anfang Mai.geh, wird von der Stadt Marburg mitgeteilt. Um die inhaltliche Ausrichtung der eingereichten Konzepte als Faktor bei der Auswahl eines möglichen Käufers am stärksten gewichten zu können und nicht aufgrund des preislichen Höchstangebotes veräußern zu müssen, sei das besondere Verfahren der “Konzeptausschreibung“ gewählt worden, betont die Pressemitteilung der Stadt.
Im Rahmen des neuen städtischen Schwerpunkts der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung sind dabei Anwohnerinnen und Anwohner, Nutzerinnen und Nutzer, fachkundige Beiräte und alle Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung neben Magistrat und Verwaltung an der Auswahl direkt beteiligt. Sie haben die eingegangenen Angebote heute nach Kriterien wie Denkmalschutz, Architektur, Gestaltung, städtebaulichem Konzept und Art der Nutzung, nach Wirtschaftlichkeit, Realisierungszeitraum und energetischem Konzept – also nach konzeptionellen Schwerpunkten – bewertet. In einer zweiten Runde Anfang Mai kommt dann der Angebotspreis als Kriterium hinzu. Das Verfahren ist somit aktuell noch nicht abgeschlossen.
Welches der eingereichten Konzepte am Ende des Beteiligungsprozesses umgesetzt werden soll, entscheidet im Anschluss die Stadtverordnetenversammlung. Das Auswahlgremium gibt zuvor eine Empfehlung ab, die in Magistrat und Stadtverordnetenversammlung beraten wird.
Die drei für die zweite Runde ausgewählten Konzepte lagen mit einem jeweils überzeugenden Denkmalschutzkonzept in der Bewertung des Auswahlgremiums nah beieinander:
„Begegnungsstätte für Mensch, Technik, Kultur, Geschichte, Handwerk und Bildung“
Ziel des Projektes ist es, den Gebäudekomplex zu sanieren, soweit wie möglich zu erhalten und zum überregionalen Anlaufpunkt für Interessierte der Technikgeschichte und Lokomotiven zu entwickeln. Das komplette Gelände soll für Sonderfahrten mit alten Lokomotiven nutzbar und dem Tourismus zugänglich gemacht werden. Dazu würde die Drehschreibe erhalten und im Inneren des Lokschuppens ein flexibler Boden eingerichtet. Drei der 16 Lokstände blieben in ihrer ursprünglichen Funktion erhalten. Sichtbarstes Merkmal des Konzepts wäre eine Glasriegelkonstruktion in den Tür- und Fensterbereichen des Lokschuppens. Das Werkstattgebäude soll als Präsentations- und Ausstellungsraum dienen. Die Außenfläche böte Platz für Veranstaltungen, auch für das Theater der Waggonhalle.
„Kultur- und Begegnungszentrum Drehscheibe-Lokschuppen“
Ein neues gläsernes Atrium mit Sichtachse auf Drehscheibe und Stadt soll laut diesem Vorschlag architektonisch mehrere Raumkonzepte miteinander verbinden: auf der einen Seite einen Veranstaltungsraum für kulturelle Events, Gottesdienste sowie als offene Begegnungsfläche und auf der anderen Seite ein Kreativraum mit Büros, Ateliers und Meetingräumen für die Kunst-, Kreativ- und Kulturszene. Ein Konzept für studentisches Wohnen käme integriert in die historische Industriekultur des Lokschuppens hinzu. Im angrenzenden Werkstattgebäude entstünden auf zwei Ebenen Verwaltungs- und Seminarräume sowie ein Erlebnisbereich für Kinder.
„Von der Industriebrache zum kreativen Knotenpunkt“
Baulich will dieses Projekt die historische Hülle der Waggonhalle erhalten und um ein Dach mit Glaselementen ergänzen. In die Hülle hinein gebaut werden sollen, so der Plan, separat beheizbare Teilbaukörper. Öffentliche Tagungsräume und eine Ausstellungsfläche wären sowohl für das Theater der Waggonhalle und die Gastronomie des Rotkehlchens, als auch zur Vermietung für Veranstaltungen nutzbar. Ergänzt würde das bestehende Gebäude um eine private Arbeitsfläche für die Marburger Kreativwirtschaft und Start-Ups, wobei die Wände und das Dach des Lokschuppens erhalten und sichtbar bleiben. Im Werkstattgebäude entstünde ein Hotel und Boarding-Haus mit 32 Zimmern. Das Auswahlgremium würde in die weitere Planung einbezogen werden.
Der seit langem ungenutzte und leerstehende Lokschuppen im Nordviertel am Ortenberg ist als Kulturdenkmal eingetragen und befindet sich in einem baulich sehr schlechten Zustand. Aufgrund der unterlassenen Instandhaltung seitens des Voreigentümers waren große Teilbereiche des Daches bereits vor dem Kauf eingestürzt, so dass das Gebäude nach der Übernahme durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft als Erstes komplett abgesperrt werden musste.
2015 war zudem der kontrollierte Abbau eines begrenzten, unmittelbar einsturzgefährdeten Teilbereiches des Daches notwendig geworden, um wesentlich größere Schäden durch einen unkontrollierten Teileinsturz zu verhindern. Die Dacheindeckung wurde abgenommen und die freiliegende Dachkonstruktion vor weiterer Verwitterung geschützt. Es besteht dringend Handlungsbedarf, um den Bestand zu sichern.