Rückblick ohne Schulterklopfen: 10 Jahre Beratungsnetzwerk Hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus
Marburg 29.9.2017 (pm7red) Das Beratungsnetzwerk Hessen hat runden „Geburtstag“: Seit 2007 ist es landesweit aktiv im Einsatz gegen Rechtsextremismus und für die Stärkung der Demokratie. Grund genug, dass die Netzwerkmitglieder ihr jüngstes Vernetzungstreffen in Hünfeld auch zu einem Rückblick auf die Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre und die künftigen Herausforderungen nutzten.
Ziel und Aufgabe des „beratungsNetzwerks hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ ist es, Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Rassismus vorzubeugen und zu bekämpfen. Dafür berät das Netzwerk kostenlos Hilfesuchende wie Betroffene, Eltern, Familien, Schulen, Kitas, Kommunen oder Vereine und bietet ein breites Spektrum von Präventionsmaßnahmen an. Finanziert wird die Arbeit durch Förderprogramme des Bundes und das Landes Hessen.
Nüchtern stellte man beim Treffen in Hünfeld (vor der Bundestagswahl) fest, dass die Arbeit des Netzwerks trotz aller Anstrengungen nicht weniger oder gar überflüssig geworden sei. In seiner Bilanz ließ Dr. Reiner Becker, Leiter des Demokratiezentrums Hessen, das an der Uni Marburg angesiedelt ist und die Arbeit des Beratungsnetzwerks koordiniert, die Statistik sprechen:
658 Beratungsfälle und (seitdem die Prävention als neues Aufgabenfeld 2015 hinzukam) 178 Präventionsmaßnahmen hat das Beratungsnetzwerk seit Gründung 2007 bearbeitet und angeboten – Tendenz steigend.
Das enorme Wachstum der Arbeit und Aufgaben des Beratungsnetzwerks machen auch die Budget- und Mitglieder-Zahlen deutlich, die Becker zitierte: Der Etat des Netzwerks stieg von einst 150.000 auf derzeit rund 2,5 Millionen Euro. Heute gibt es hessenweit elf Träger, die für die Arbeit vor Ort zuständig sind, und im Netzwerk sind mittlerweile ca. 40 staatliche und zivilgesellschaftliche Institutionen, Organisationen und Vereine zusammengeschlossen, die als „Expertenpool“ fungieren.
Daneben arbeiten in Hessen aktuell 29 „Partnerschaften für Demokratie“ auf kommunaler Ebene. Doch in Zeiten einer „gesellschaftspolitischen Ereignisschwemme“ und eines erstarkenden Rechtspopulismus gebe es keinen Anlass für einen Rückblick mit Schulterklopfen. Es sei Zeit für eine „Entschleunigung“. „Wir müssen den Blick schärfen für das, was ansteht“, so Becker.
Deutschland zeige sich mehr und mehr als „Angstgesellschaft“ mit Verunsicherungen und Polarisierungen, in der Populisten leichtes Spiel hätten. Es stelle sich ernsthaft die Frage, ob wir vor einer „Zeitenwende“ stehen, in der die „Arbeit für Demokratie“ wichtiger denn je sei. Und diese dürfe „nicht von Koalitionsfarben abhängig“ sein, sondern müsse eine stetige Struktur erhalten, um langfristig erfolgreich arbeiten zu können.
In einem Grußwort lobte der Leiter der Referatsgruppe Demokratie und Vielfalt im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Thomas Heppener, ausdrücklich die Arbeit des Beratungsnetzwerks in Hessen. Es sei gelungen, sehr unterschiedliche Akteure zusammenzubringen und partizipativ zu arbeiten. Heppner unterstrich das gemeinsame Ziel einer nachhaltigen Demokratieförderung – egal unter welcher Bundesregierung.
Über das Beratungsnetzwerk Hessen und das Demokratiezentrum Hessen
Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus oder Salafismus vorzubeugen und entgegenzuwirken – das ist Ziel und Aufgabe des „beratungsNetzwerks hessen – gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“. Seit 2007 berät es in solchen Fällen Hilfesuchende – Schulen, Eltern, Familienangehörige, Kommunen, Vereine, Diskriminierungsopfer und andere Betroffene – und bietet ein breites Spektrum entsprechender Präventionsmaßnahmen an. Die professionelle Beratung ist individuell, qualifiziert, vertraulich und kostenlos.
Im Beratungsnetzwerk kooperieren zahlreiche staatliche, nichtstaatliche und kirchliche Institutionen, Organisationen, Vereine, öffentliche und freie Träger aus ganz Hessen sowie landesweit eingesetzte mobile Beraterinnen und Berater, um sich gemeinsam für die beschriebenen Ziele und Aufgaben einzusetzen.
Zentrale Anlauf- und Geschäftsstelle des Beratungsnetzwerks ist das Demokratiezentrum Hessen, das an der Philipps-Universität Marburg angesiedelt ist. Es vermittelt Ansprechpartner vor Ort, koordiniert die Beratung, Vernetzung und Prävention und dokumentiert die Arbeit des Beratungsnetzwerks Hessen.
Finanziert wird die Arbeit des Beratungsnetzwerks und des Demokratiezentrums Hessen durch das Hessische Ministerium des Inneren und für Sport im Rahmen des Landesprogramms „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“ sowie durch das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend über das Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“