Hessens größtes Planetarium ab November 2024 wieder geöffnet

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Selbsthilfegruppe für Stoma-Träger: Seit mehr als 30 Jahren aktiv

Georg Koch Foto © Patricia Grähling

Marburg 22.2.2018 (red/sr) Als Georg Koch einen künstlichen Darmausgang bekommen hat, war er erst 15 Jahre alt. Damals war der Umgang mit dem „Stoma“ noch umständlich. Heute ist für Koch vieles einfacher. Das verdankt der Bad Endbacher nicht nur dem medizinischen Fortschritt, sondern auch einer Selbsthilfegruppe.
Bereits mit zehn Jahren kämpfte Koch gegen unangenehme Darm-Beschwerden: Schmerzen, Durchfall, Blut im Stuhl. Er wurde von einem Arzt zum anderen geschickt, doch keiner wusste, wie dem Jungen zu helfen war. Erst einige Jahre später wurden zahlreiche Polypen in seinem Dickdarm entdeckt. 1966 entfernten die Ärzte Kochs gesamten Dickdarm und setzten ihm einen künstlichen Darmausgang, einen sogenannten Stoma. „Es hieß damals, wenn der Dickdarm entfernt wird, bin ich geheilt“, erzählt Koch. Doch es kam anders.

Koch lebte zunächst ein relativ normales Teenager-Leben: Er ging bereits sechs Monate nach der Operation wieder zur Schule, war Mitglied der Jugendfeuerwehr, später Kassierer in der Feuerwehr Bad Endbach. Er lernte Posaune, machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann.

1980 hat sich in Marburg eine Selbsthilfegruppe für Stoma-Träger gegründet: Der Verein Deutsche ILCO Region Marburg. Koch wurde kurze Zeit später Mitglied. Durch eine Informationsveranstaltung erfuhr er von der Gruppe, erhoffte sich Austausch und Tipps für den Alltag. Denn der Umgang mit dem Stoma war früher alles andere als einfach. Die Beutel mussten notdürftig mit einer Salbe und einem Gürtel am Bauch festgezogen werden. Heute kann davon keine Rede mehr sein. Die modernen Beutel sind selbstklebend und geruchsneutral.

Rund 30 Jahre nach der ersten Operation hatten sich erneut so viele Polypen gebildet, dass er noch einmal operiert werden musste. „Die Polypen waren sehr groß – es war schon kurz vorm Darmkrebs“, erzählt Koch.

Die Ärzte hatten noch eine zweite erschreckende Nachricht für den Patienten: Sie diagnostizierten eine Erbkrankheit, die familiäre adenomatöse Polyposis. Kochs Vater war mit 27 Jahren an Darmkrebs gestorben. Von seiner seltenen und vererbbaren Erkrankung wusste niemand. An eine Erbkrankheit hatte bei Koch daher bis 1994 niemand gedacht.

Der Diagnose begegnete er mit gemischten Gefühlen. Einerseits war er froh, endlich zu wissen, was mit ihm uns seinem Darm los war. Andererseits bekam er große Angst um seine Tochter: „Wir haben sie sofort testen lassen. Zum Glück habe ich die Krankheit nicht an sie vererbt. Uns ist ein riesen Stein vom Herzen gefallen“, erzählt der Familienvater.

Der zweite Eingriff hinterließ Folgeschäden: Koch litt unter schmerzhaften Verwachsungsbeschwerden, konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben und musste 1994 in den Ruhestand gehen. Heute ist Koch 65 Jahre alt. „Meine Krankheit ist mittlerweile normal für mich. Aber ich habe trotzdem immer ein bisschen Angst, dass sie wieder etwas finden und ich noch einmal operiert werden muss“, sagt Koch.

Dass Koch der Umgang mit seiner Erkrankung und dem Stoma so leichtfällt, verdankt er auch seinen Besuchen bei der Selbsthilfegruppe. Seit den 90er Jahren wirkt er aktiv im Verein mit. Mittlerweile ist er sogar Vorsitzender der Kreisgruppe. „Es bereitet mir Freude, die Gruppe zu besuchen, anderen Mitbetroffenen mit Rat zu helfen und ihnen Mut zu machen“, erzählt er.

Diesen Lebensmut möchte er auch außerhalb der Selbsthilfegruppe weitergeben. Deswegen fährt er nicht nur zu eigenen Untersuchungen regelmäßig ins Klinikum, sondern auch, um neue Stoma-Patienten zu besuchen. Denen erzählt Koch dann von seinem Leben, dass er mit seinem künstlichen Darmausgang sogar ins Wasser gehen und lange Ausflüge machen kann. „Man kann damit sehr gut leben“, erklärt er. „Allerdings wünsche ich mir von manchen Menschen mehr Akzeptanz gegenüber Stoma-Trägern und unseren Einschränkungen.“

Die Selbsthilfegruppe Deutsche ILCO Region Marburg trifft sich alle zwei Monate in Cappel. Die nächsten Termine sind unter www.ilco.de abrufbar.

Kontakt zur Selbsthilfegruppe
Deutsche ILCO e.V. Gruppe Marburg
Vorsitzender Georg Koch
Telefon: 0 27 76 / 91 19 26
E-Mail: ilco-marburg@t-online.de

1. Marburger Selbsthilfetag

Am 7. April, dem Weltgesundheitstag, findet ab 13 Uhr der 1. Marburger Selbsthilfetag im Erwin-Piscator-Haus statt. Neben einer offenen Podiumsdiskussion zum Thema Selbsthilfe werden zahlreiche Selbsthilfegruppen über ihre Angebote informieren. Die Veranstaltung richtet sich an alle, die sich für Selbsthilfe interessieren, unabhängig davon, ob sie selbst eine persönliche Verbindung zum Thema haben. Veranstalter sind die Selbsthilfekontaktstelle Marburg sowie Arbeit und Bildung e.V. Finanziert wird die Kampagne von der Stadt Marburg.

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