Wie viel Smartphone verträgt der Schulalltag? – Kreiselternkonferenz stellt neue Medien in den Mittelpunkt
Marburg 20.11.2014 (pm/red) Die Nutzung von Smartphones und der Umgang mit neuen Medien in der Schule haben Elternvertreter im Rahmen einer Elternkonferenz im Marburger Landratsamt diskutiert. Wie Erster Kreisbeigeordneter und Schuldezernent Marian Zachow mitteilte, solle die Kreiselternkonferenz künftig zu einem festen und regelmäßigen Gesprächsforum werden. Der Kreis als Schulträger wolle nicht nur Schulräume bauen sondern den Schülerinnen und Schülern rundum gute Lernbedingungen ermöglichen. „Dafür brauchen wir den engen Dialog mit dem Staatlichen Schulamt, den Schülerinnen und Schülern, den Lehrkräften und allem mit den Eltern“, sagte der Schuldezernent.
Die Nutzung von Smartphones und neuen Medien im Schulalltag sei ein wichtiges Thema, das Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte gleichermaßen bewege, wie Monika Kruse, die Vorsitzende des Kreiselternbeirats, und Bernhard Druse vom Staatlichen Schulamt feststellten.
Der Kreiselternkonferenz mit diesem aktuellen Schwerpunktthema war eine Befragung der Schulen zur Nutzung von Handys und Smartphones durch den Landkreis Marburg-Biedenkopf als Schulträger vorausgegangen. Von 64 Schulen haben 60 Rückmeldungen gegeben.
An 47 Schulen ein Handy- oder Smartphone-Verbot
Danach gibt es an 47 Schulen ein Handy- oder Smartphone-Verbot. Auch nach der Ausgestaltung dieses Handy- oder Smartphone-Verbotes wurde unter anderem gefragt. Die Regeln sidn demnach unterschiedlich: Die Geräte müssen zu Hause bleiben, sind in der Schule aus- oder stumm zu schalten, sind nur während der Unterrichtszeiten verboten oder sind auf dem gesamten Schulgelände verboten. Schulen, in denen kein Handy- oder Smartphone-Verbot besteht, gaben an, dass dieses Thema noch nicht diskutiert wurde, dass keine Notwendigkeit besteht oder eine entsprechende Regelung derzeit erarbeitet wird.
Die Befragung machte auch deutlich, dass es an 21 Schulen im Landkreis bereits Fälle von so genanntem Cyber-Mobbing gegeben hat, also Fälle, in denen Schüler von ihren Mitschülern über Soziale Medien beschimpft oder verunglimpft wurden. Dies stellt für die Opfer eine erhebliche Belastung dar
„Unsere Befragung war sehr wichtig, um eine belastbare Basis für weitere Schritte zu bekommen“, betonte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. Gerade bei diesem Thema sei es wenig hilfreich, aus purem Aktionismus irgendetwas zu machen. „Alle Beteiligten haben mehr davon, wenn Maßnahmen gezielt und passgenau angewendet werden können“. Gerade die Zahlen im Bereich des Cyber-Mobbing müssten wachrütteln und hier zeige sich auch ganz klarer Handlungsbedarf.
In einem Vortrag mit dem Titel „Wie viel Smartphone verträgt der Schulalltag“ erläuterte der Sozialpädagoge Thomas Graf, Bildungsreferent für Prävention und Medienpädagogik, Chancen und Risiken der Nutzung moderner Kommunikationsmedien: „Smartphones werden schon bei Kindern in der 3. oder 4. Klasse zum Thema“, sagte er. Mit zunehmendem Alter der Kinder steige auch die Bedeutung der Handy- oder Smartphone-Nutzung. Der Grund: Soziale Kontakte zwischen Kindern und Jugendlichen spielen sich heute auf Kanälen ab, die über Smartphones laufen – etwa WhatsApp oder Facebook. Diese Kanäle würden oft auch während der Unterrichtszeit genutzt.
Er untermauerte seine Aussagen mit Zahlen: „Im Jahr 2010 hatten etwa 14 Prozent der Kinder und Jugendlichen ein Smartphone, 2013 waren es schon 72 Prozent.“ Für Probleme, die daraus erwachsen, seien jedoch nicht die Kinder und Jugendlichen sondern die Erwachsenengesellschaft verantwortlich. „Eltern müssen sich in diesem Thema gut auskennen und dürfen ihren Kindern nicht einfach ein Smartphone schenken“, warnte Thomas Graf.
Er stellte klar, zwar die Medienbildung eine Aufgabe der Schulen sei, für die Medienerziehung jedoch die Eltern zuständig seien. „Eltern haben auch dabei eine große Verantwortung. Sie müssen ihren Kindern deutlich machen, dass sie nicht alles mitmachen müssen und dass sie auch ohne das neueste Smartphone geschätzt und anerkannt werden“, betonte Graf. Dies sei nicht immer einfach, weil ein Nein, etwa zu dem Wunsch des Kindes nach dem neuesten Smartphone, auch Konflikt und Auseinandersetzung bedeute.
Zur Nutzung von Handys und Smartphones an Schulen stellte Graf fest, dass ein starres Verbot immer Widerstand provoziere. Handy-Regeln, also eine Vereinbarung zwischen Schülern, Eltern und Schule, jedoch eine Beteiligung aller erfordere und letztlich mehr Zustimmung brächte. Schließlich würden Smartphones, zum Beispiel in Verbindung mit speziellen Apps für Taschenrechner, auch gezielt von den Schulen im Unterricht eingesetzt. Thomas Graf stellte auch fest, dass Erwachsene, also Eltern und auch Lehrkräfte Vorbilder seien – auch für die Nutzung von Smartphones. „Ein Smartphone-Verbot an einer Schule ergibt keinen Sinn, wenn sich nicht auch die Lehrkräfte daran halten“, so Graf.