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Windpark Amöneburg-Roßdorf ohne kommunale Beteiligung

Marburg 14.08.2015 (pm/red) „Für uns rechnet es sich einfach nicht“ sagen die Bürgermeister Volker Carle (Gemeinde Cölbe) und Michael Richter-Plettenberg (Stadt Amöneburg), und ziehen nach reiflicher Überlegung einen gemeinsamen Schlussstrich unter die Verhandlungen der letzten Monate mit dem Unternehmen JUWI-Windenregieprojekte aus Rheinland-Pfalz. JUWI errichtet derzeit fünf Windkraftanlagen im Roßdorfer Wald, zwei weitere Anlagen sollen noch dazu kommen. Die ersten Anlagen sollen bis Dezember 2015 in Betrieb gehen und Strom für 13.000 Haushalte liefern.

Die Stadt Amöneburg hat das Windkraftprojekt von Anfang an unterstützt und im Jahr 2012 ihre Mitwirkungsrechte in verschiedenen Verträgen gesichert. Darunter gab es eine Regelung in einem städtebaulichen Vertrag, die ihr ein Vorkaufsrecht zugesprochen hatte, das sie gemeinsam mit anderen regionalen Investoren zur Bürgerbeteiligung nutzen wollte.

Nachdem Anfang 2015 die Genehmigung des Windparks erteilt wurde, hatten die Verhandlungen Fahrt aufgenommen, im Amöneburger Haushalt waren entsprechende Haushaltsmittel vorgesehen.
Gemeinsam mit der Stadt Amöneburg verhandelten die Gemeinde Cölbe, die Stadtwerke Marburg und die Energiegenossenschaft Marburg-Biedenkopf eG mit JUWI.
Dabei gestalteten sich die Verhandlungen sehr komplex, da JUWI natürlich einen marktgerechten Preis für das Projekt erzielen wollte. Marktgerecht ist in diesem Sinne jedoch nicht zwangsläufig der Preis, den Kommunen oder eine Energiegenossenschaft in ihren rechtlich notwendigen Sicherheitsüberlegungen zu zahlen vermögen. Der Marktpreis wird gerade in der jetzigen Zeit der niedrigen Zinsen von privatrechtlich organisierten Marktteilnehmern gebildet, die nach Anlagemöglichkeiten unter anderen Gesichtspunkten Ausschau halten.
Vor der letzten Verhandlungsrunde am 15. Juli 2015 war klar, dass jetzt ein Durchbruch kommen musste, wird von der Stadt Amöneburg mitgeteilt.

Das für Amöneburg und Cölbe unterbreitete Angebot für ein kommunales Windrad bezeichnete JUWI selbst als „Kampfpreis“, denn es war im Verhältnis deutlich günstiger als das Windparkangebot an das regionale Konsortium. In dem dreistündigen Gespräch in der Unternehmenszentrale in Wörrstadt konnten dann weitere Zusagen im sechsstelligen Euro-Wert von 330.000 € erzielt werden, unter anderem wäre JUWI bereit gewesen, einen Sparbrief, der eine sofortige Bürgerbeteiligung am Projekt ermöglicht hätte, zu finanzieren.

Die JPLH Consult GmbH, die von den beiden Kommunen mit der Bewertung des Angebotes aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter Einbeziehung möglicher Risiken beauftragt worden war, kam jedoch nach ausführlicher Kalkulation unter Abwägung der kommunalen Refinanzierungsbedingungen und der für Körperschaften des öffentlichen Rechts geltenden steuerrechtlichen Rahmenbedingungen zu dem Ergebnis, dass die Risiken im konkreten Fall die Chancen des Projektes überwiegen.

Norbert Mai, Geschäftsführer der JPLH Consult GmbH: „Wir haben insbesondere dort Sicherheit walten lassen, wo wir Risiken in der Verfügbarkeit der Anlagen und der Abschalterfordernisse durch naturschutzrechtliche Auflagen sahen, die JUWI als nicht marktpreisrelevant ansah. Dabei haben wir uns von dem Grundsatz leiten lassen, dass kommunales Geld immer Geld der Bürgerinnen und Bürger als Steuer- und Gebührenzahler ist und man deshalb bei jeder unternehmerischen Entscheidung als Kommune immer eine besondere Vorsicht an den Tag legen muss.“

Die notwendigerweise eher konservative Betrachtung aus kommunaler Sicht führte dazu, dass über die Dauer von zwanzig Jahre kein ausreichend hoher Jahresüberschuss zu erwarten wäre, um zu jeder Zeit des Betriebs eine angemessene Verzinsung des von den Kommunen eingebrachten Kapitals sicherzustellen.

Städte und Gemeinden dürfen zwar in Erneuerbare Energien investieren, allerdings unterliegen sie nach der Gemeindeordnung besonderen wirtschaftlichen Schranken. „Die Hessische Gemeindeordnung sagt hierzu wörtlich: Die wirtschaftliche Betätigung ist in besonderer Weise dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu unterwerfen,“ erläutert Volker Carle, Bürgermeister der Gemeinde Cölbe.
Volker Carle betont weiter, dass man das Angebot unter dem Aspekt der Teilhabe von Kommunen und Bürgern an der Energiewende durchaus hätte machen wollen, dass dies aber im Sinne einer dezentralen Energieerzeugung hier nicht mehr unbedingt nötig sei.

Institutionelle Anleger wie Fonds, die wegen niedriger Kapitalmarktzinsen, über jede Menge Kapital verfügen, haben derzeit einen klaren Vorteil gegenüber Kommunen.
„Als Kämmerer muss man die Fakten bewerten“ sagt Amöneburgs Bürgermeister Michael Richter-Plettenberg, der bis zuletzt gehofft hatte, dass man mit JUWI ins Geschäft kommen könne. „Ich finde, dass JUWI nun mit dem abgegebenen Angebot seinem eigenen Anspruch aus dem Jahr 2012 nicht gerecht wurde; noch bei der Bürgerversammlung im März hatte der JUWI-Projektmanager unter den Anwesenden Euphorie versprüht.“

„Eine Übernahme oder teilweise Übernahme des Windparks wäre das I-Tüpfelchen gewesen und hätte noch mehr Geld in die Stadtkasse gespült als ohnehin“. Schuld gibt Richter-Plettenberg eher der von der Bundesregierung zögerlich voran getriebenen dezentralen Energiewende, die Investoren und Projektgesellschaften in den letzten Jahren massiv verunsichert hat. Auch JUWI als sehr großer Windkraftprojektierer kam unter Druck und ist heute in mehrheitlichem Eigentum der Mannheimer Versorgung Unternehmen (MVV), die obwohl kommunal, beim Verkauf von Projekten natürlich nicht auf Geld verzichten wollen.

Richter-Plettenberg erläutert abschließend, dass der Roßdorfer Windpark für die Bürger und Bürgerinnen der Stadt Amöneburg auf jeden Fall auch ohne kommunale Beteiligung in wirtschaftlicher Hinsicht ein Riesengewinn sei. Über Pachterlöse, Konzessionen und über die Gewerbesteuer rechne er in den ersten zwanzig Betriebsjahren mit Einnahmen von gut 3 Millionen Euro für die Stadt Amöneburg. Wenn die Anlagen danach abgeschrieben sind und weiter laufen, würden die Gewerbesteuereinnahmen noch einmal rasant steigen, teilte der Bürgermeister dazu als Einschätzung mit.

Für ihn, der sich seit fünf Jahren mit dem Projekt befasst, war es dennoch 2010 die richtige Entscheidung mit einem privaten Investor zu kooperieren, und nicht selbst zu projektieren, wie es jetzt z.B. die Energiegenossenschaft Marburg-Biedenkopf eG, an der die Stadt Amöneburg beteiligt ist, in Stadtallendorf vorhat.

Im Ergebnis haben sich Carle und Richter-Plettenberg dazu entschlossen ihren kommunalen Gremien keine Beschlussvorlage für eine Beteiligung vorzulegen.

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