Die A 49 und die Petition beim Europäischen Parlament
Marburg 13.04.2019 (pm/red) Wahrscheinlich ist die Aktionsgemeinschaft Schutz des Ohmtals die Bürgerinitiative in Deutschland, die sich am längsten kritisch mit einem Autobahnprojekt, mit derA 49, befasst. Im 41. Jahr ihres Bestehens wurde bei der Jahreshauptversammlung in Amöneburg der bisherige Vorstand, Reinhard Forst (Amöneburg), Heinrich Heintzmann (Wolferode), Andrea Tobelander (Bürgeln) und Reiner Nau (Kirchhain) ohne Gegenstimmen wiedergewählt. Neben der harschen Kritik des Bundesrechnungshofs am Umgang mit dem Projekt A 49 stand die seit zweieinhalb Jahren beim Europäischen Parlament anhängige Petition im Zentrum von Berichterstattung und Diskussion.
Man hatte die Prognose mit dem Bestand verwechselt
Die Europäische Kommission hatte „zwingende Gründe des übergeordneten öffentlichen Interesses“ für den Bau der A 49 festgestellt. Auf dieses Votum bezog sich auch der Bundesgerichtshof in Leipzig bei seiner Entscheidung. Nach einer ersten Petition musste die Europäische Kommission die zentralen Begründungen zurücknehmen, da sie auf Übersetzungsfehlern und Missverständnissen beruhten. Es handelte sich um die Aussage, dass in Stadtallendorf durch den Bau der A 49 bis zu 13 600 Arbeitsplätze geschaffen würden. Hier hatte man die Prognose mit dem Bestand verwechselt.
Der zweite Punkt war die Aussage, das untergeordnete Straßennetz werde durch die A 49 um 100.000 Fahrzeuge pro Tag entlastet. Dies war aus Gründen der Logik nicht haltbar. Da die A 49 bei ihrer Fertigstellung um die 23 000 Fahrzeuge vom Streckenzug A5/A7 aufnehmen würde und ca. 1 500 Fahrzeuge als induzierten, also durch den Bau hervorgerufenen, Verkehr, würden auf einer Autobahn mit einer prognostizierten Höchstbelastung von 38.000 Fahrzeugen nach der getroffenen Aussage der Kommission ca. 125.000 Fahrzeuge pro Tag verkehren.
Die dritte zurückgenommene unzutreffende Aussage lautete, der Lärm werde im untergeordneten Straßennetz durch den Bau der A 49 um mindestens 50 Prozent abnehmen. Tatsächlich ist eine Lärmabnahme um die Hälfte nur an einer Stelle zu erwarten, und zwar bei Treysa-Hephata, wo die Planer einen Vorschlag der Autobahnkritiker aufgegriffen haben, eine Ortsumgehung westlich von Treysa zu bauen.
Da nach Aussage des Vorsitzenden der Aktionsgemeinschaft auch alle weiteren konkreten Gründe zur Anerkennung der „zwingenden Gründe des übergeordneten öffentlichen Interesses“ sachlich falsch sind, erfolgte vor zweieinhalb Jahren eine zweite Petition. Er habe den Eindruck, erklärte der Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft, dass die Kommission versuche, den Petenten mürbe zu machen, indem sie sich bisher weigere, inhaltlich auf die vorgebrachten Punkte einzugehen, mit der Behauptung, es seien keine neuen Aspekte vorgebracht worden und dem Hinweis, der Bundesgerichtshof in Leipzig habe ja die „zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ anerkannt. Es sei geradezu absurd, wenn sich die Kommission auf den Bundesgerichtshof berufe, der sich seinerseits auf die fehlerhaften Aussagen der Kommission gestützt habe. Es gehe hier nicht nur um die A 49, sondern um die Frage der Glaubwürdigkeit europäischer Institutionen.