Landgraf Wilhelm VIII. sammelt il Divino – Präsentation zum 500. Todestag von Raffael
Kassel 27.02.2020 (pm/red) Raffaello Sanzio, meist schlicht Raffael genannt, gehört zu den Hauptmeistern der Kunst. Bereits zu Lebzeiten mit dem Prädikat »il Divino« (»der Göttliche«) versehen, wurden seine Werke zu heißumkämpften Objekten der fürstlichen Sammler. Auch Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel erlag dieser »Versuchung«. Anlässlich des 500. Todestag Raffaels in diesem Jahr widmet die Museumslandschaft Hessen-Kassel seinen Erwerbungen ein kleines Kabinett im 1. Obergeschoss der Gemäldegalerie Alte Meister im Schloss Wilhelmshöhe.
Der Todestag Raffaels, der 6. April 1520, jährt sich in diesem Jahr zum 500ten Mal. Schon zu Lebzeiten überaus erfolgreich, gilt er auch heute noch als einer der bedeutendsten Künstler der italienischen Hochrenaissance. So erwarb 1754 der sächsische Kurfürst August III. für atemberaubende 25.000 scudi (etwa 75.000 Gulden) die berühmte »Sixtinische Madonna« für Dresden. Bereits im Jahr zuvor hatte Landgraf Wilhelm VIII. seinem vertrauten Baron Häckel, der ihn in Kunstfragen beriet, in Frankfurt wehmütig über eine andere Erwerbung Augusts geschrieben: »Ich wollte daß der Engelländer zu Dresden sein Stück von Raphael hierhergebracht hätte. Der Preiß ist zwar sehr hoch, wenn es aber so schön und guth ist, so wäre da auch noch über hinausgekommen.«
Und auch schon davor hatte sich Wilhelm mit Häckel über Raffael ausgetauscht. Briefe aus dem Jahr 1748 behandeln ein kleines Gemälde, das Häckel dem Landgrafen zu Neujahr 1750 zum Geschenk macht, die noch heute vorhandene »Heilige Familie mit dem Lamm«, eine zeitgenössische Kopie nach dem Original im Museo del Prado in Madrid.
Am Ende seiner Regierungszeit waren insgesamt acht Werke unter dem Namen Raffaels in Wilhelms Sammlung, von denen jedoch bereits fünf als Kopien bezeichnet wurden. Drei davon sind heute noch vorhanden. Die »Madonna mit dem Schleier« ist eine vereinfachende Kopie nach dem Original Raffaels im Musée du Louvre in Paris. Die großformatige »Auferweckung des Lazarus« stammt von einem venezianischen Künstler.
Auch in der Folgezeit musste sich die Kasseler Gemäldegalerie mit Kopien begnügen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machte sich Kurfürstin Auguste als Kopistin nach Raffael einen Namen. Selbstbewusst zeigt sie sich beim Kopieren der »Sixtinischen Madonna«.
In der zweiten Jahrhunderthälfte schuf der Kasseler Maler Johann Eduard Ihlée während seiner Studienzeit in Italien mehrere Kopien nach Raffael und anderen Meistern der Hochrenaissance. Sie wurden von Galeriedirektor Oscar Eisenmann erworben und in der neu eingerichteten Gemäldegalerie an der Schönen Aussicht in einem eigenen Raum ausgestellt.
Zur Ausschmückung des neuen Galeriegebäudes schuf der Bildhauer Carl Hassenpflug schließlich eine Reihe von Büsten berühmter Meister, darunter befand sich selbstverständlich auch die hier erstmals wieder gezeigte Büste Raffaels.
Die Präsentation in der Gemäldegalerie Alte Meister, Schloss Wilhelmshöhe in Kassel, wird bis Ende 2020 gezeigt.