Hessens größtes Planetarium ab November 2024 wieder geöffnet

14.11.2024 (pm/red) Mit vielfältig intergalaktischen Programmen samt neuer Musikshow können Besucher in Hessens größtem Planetarium ab  1. November 2024 wieder zu fernen Galaxien reisen. Am 23. Oktober haben Wissenschaftsminister Timon Gremmels und Direktor Martin Eberle …

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„Halbe Tage“ und weitreichende Perspektiven für die Kunst in Willingshausen

Märchenhafte Holzplastik in der Dorfmitte von Willingshausen, links im Hintergrun die Kunsthalle Willingshausen. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Willingshausen/Kassel 16.08.2020 (yb) Auch wer lange sucht, wird kaum noch einmal so fündig werden. In Willingshausen konnte am letzten Tag der von Corona-Schikanen geprägten Sommerferien 2020 Bemerkenswertes erlebt werden. Dazu hatte sich eine ansehnliche Versammlung überwiegend jüngerer KünstlerInnen und kunstinteressierter Besucher eingefunden. Sie wurden von Heinrich Vesper als Bürgermeister nicht alleine freundlich willkommen geheißen. Der kunstaffine Repräsentant des nordhessischen Dorfes mit klangvollem Namen hatte den im Hof des Gerhardt-von-Reutern-Hauses versammelten Kunstfreunden gleich zwei gute Nachrichten mit Blick in die Zukunft zu verkünden. Am Nachmittag vor der Eröffnung der Ausstellung in der Kunsthalle von Selina Schwank als inzwischen 50. Stipendiatin hatte der Beirat für das „Willingshauser Künstlerstipendium“ im Gerhardt-von-Reuternhaus getagt und per Beschluß die perspektivische Weiterführung und Förderung für Künstlerinnen und Künstler festgeklopft. Dass dafür zukünftig verbesserte räumliche Gegebenheiten geboten werden können, verbinde sich mit dem inzwischen eingetroffenen Förderbescheid für die Sanierung und den Ausbau des Gerhardt-von-Reutern-Hauses. Mit rund einer Million Euro finanziert stehe dem Beginn der Bauarbeiten nunmehr nichts im Wege, teilte der Bürgermeister den Versammelten mit. Pleinair manifestierte sich an einem Sommerabend 2020 ein kunstvolles Zusammentreffen – zu der Ausstellungseröffnung der 50. Stipendiatin Selina Schwank waren die vorherigen Stipendiaten Emilia Neumann und Daniel von Bothmer gekommen, um stolz die voluminösen Kataloge zu ihren Willingshäuser Arbeitsaufenthalten zu präsentieren. So boten alleine die Sitzgarnituren im Kunsthof vor der Kunsthalle Willingshausen hinreichend Raum für die zahlreichen Gäste und Akteure der Abendveranstaltung.

Eine runde Sache zur 50. Ausstellung im Rahmen des Willingshäuser Künstlerstipendiums. Paul Dippel, Vereinigung Malerstübchen Willingshausen, links, Stipendiat Daniel von Bothmer, der langjährige Kurator Bernhard Balkenhol, Stipendiatin Emilia Neumann, Matthias Haupt, Geschäftsführer Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, und Bürgermeister Heinrich Vesper haben Grund zur gemeinsamen Freude. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Die Ernsthaftigkeit und Verlässlichkeit als maßgeblicher Partner und Pate des „Willingshäuser Künstlerstipendiums“ wurde von Matthias Haupt als Geschäftsführer der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen unterstrichen. Es stehe außer Frage, dass die Stiftung zusammen mit der Sparkassen-Versicherung und der Kreissparkasse des Schwalm-Eder-Kreises in Willingshausen weiterhin eine qualifizierte und finanziell abgesichterte Förderung von jüngen Künsterinnen und Künstlern bieten und gewährleisten werde, sagte Matthias Haupt. Dass das Förderstipendium dem jeweiligen Stipendiaten allen Raum für eigene künstlerische und kritische Auseinandersetzungen und persönliche Ausdrucksweisen biete, sei dabei eine Grundlage. Das Förderpaket mit einer finanziellen Absicherung für drei Monate, verknüpft mit einer Residenzpflicht in Willingshausen in Gestalt der Unterbringung im Hirtenhaus, die Präsentation in einer Ausstellung in der Kunsthalle und die Finanzierung eines Kataloges habe sich bewährt, wie sich in der erfolgreichen Verwirklichung mit inzwischen 50 Stipendien und deren künstlerischen Nutznießern artikuliere, wurde von Geschäftsführer Haupt vorgetragen.

In lockerer Atmosphäre begrüsste Willlingshausen Bürgermeister Heinrich Vesper die Gäste zur Eröfnung der Ausstellung „Halbe Tage“ von Selina Schwank. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Als gute Location für die Veranstaltung hat sich der gestaltete Hofraum vor der Kunsthalle einmal mehr erwiesen. Beim Zuhören stören zwar die vorbeifahrenden Kraftfahrzeuge, doch lässt es sich auf Bänken sitzend nun einmal entspannter Zuhören als im Stehen in der Kunsthalle, wo an diesem Abend für die Gäste der Platz nicht ausreichend gewesen wäre.

Blättern im Katalog von Emilia Neumann von Kurator Bernhard Balkenhol, genau beobachtet von der Künstlerin.

Nach der Begrüßung und Einführung durch den Bürgermeister und für die Sparkassen-Kulturstiftung war es dann erst einmal an Emilia Neumann und Daniel von Bothmer als vorherige Stipendiaten ihre frisch gedruckten Katalogwerke zu präsentieren. Inmitten des Kulturhofes fanden sich auf zwei Tischen je ein Stapel der großformatigen Kataloge Bothmers und von Neumann. Gerne wurde das Angebot zum Blättern von Besuchern angenommen, sei es als Entscheidung für den Kauf der von der Künstlerin und dem Künstler selbst gestalteten Werkbücher mit zahlreichen Illustrationen.
Der von Daniel von Bothmer vorgestellte Katalog mit seinen zahlreichen Illustrationen, Werkfotografien und -abbildungen mutet mit der sehr großen Anzahl der Motive geradezu an wie ein Werkkatalog seines Œuvre. Mit seinem Willingshausen-Katalog hat von Bothmer damit die Chance bestens genutzt in Gestalt eines Buches den Kunstinteressierten, aber auch für Galerien und Kunstsammler, einen kompakten Überblick anbieten zu können.

Selina Schwank als 50. Stipendiatin in Willingshausen musste wg. Corona-Shutdown bereits nach gerade einmal der halben Zeit vorzeitig beenden. Dies artikuliert sie im Titel ihrer Präsentation „Halbe Tage“ , die nun einmal viel Begonnes und Unvollendetes zur Grundlage hat. Eingangs des Saals der Kunsthalle ist die Noppenstruktur einer Schaumstoffmatte mit Füßen zu (be-)treten. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

„Halbe Tage“ als anspielungsreiche Werkstatt-Präsentation

Selina Schwank gibt trotz der deutlichen Corona-bedingten Einschränkung ihres Stipendiums grundlegende Einblicke in ihre Arbeit.

Die Auseinandersetzung mit der Natur und Natürlichkeit sind ein Grundanliegen von Selina Schwank. Dazu gehört es für sie mit offenen Augen unterwegs zu sein und „Fundsachen“  – von so manchen Künstler als „objets trouvés“ gerne ästhetisch präsentiert und überhöht – einzubeziehen um sie anderen vor Augen zu führen. Sie ist keine Malerin, Bildhauerin oder Fotografin, viel mehr Konzeptkünstlerin und Suchende. „So ästhetisch all ihre entdeckten Objekte, Texturen, Situationen in ihrer Erscheinung wie in ihrer künstlerischen Formulierung auch sind, Selina Schwank stellt damit ganz grundsätzliche, schwierige, politische und ethische Fragen“, formuliert Kurator Bernhard Balkenhol zu ihrer Arbeitsweise und Eigenart.

So fordert ein Rundgang in der Kunsthalle die Wahrnehmungsweise und überkommene Erwartungshaltung von BetrachterInnen heraus. Filigran anmutende Schnüre inmitten des Saales entpuppen sich als Trinkhalme aus Plastik, mit langen Kordel aneinandergereiht. Um die Ecke ein Konvolut noch verpackter Trinkhalme von Coco Cola: eine Fundsache aus Willingshausen, ebenso Relikte vergehender menschlicher gedankenloser Trinkkultur und Wegwerfmentalität wie tödliche Nahrung von tierischen Meeresbewohnern oder in Gestalt von Mikroplastik in die Nahrungskette zum Menschen zurückkehrende Umweltfolge.

Herausgefordert war die Betrachtung und Sehweise der BesucherInnen der Ausstellung „Halbe Tage“ von Selina Schwank. Zeichnungen in zarten Tönen, Skizzenhaftes und die Gesamtinszenierung fordern zur Auseinandersetzung mit der Natur und dem menschlichen Umgang auf. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Der 14. August 2020 kann in Willingshausen trotz der gegenwärtigen Erfahrungen und anhaltenden Beschränkungen wg. der Corona-Krise getrost in bleibender und angenehmer Erinnerung bleiben. Wie sich im lebendigen Aufeinandertreffen aktueller und bereits vorher tätiger Stipendiaten zeigte, in trefflichen Katalogen bleibend dokumentiert wird und in der perspektivischen Weiterführung des Künsterlstipendiums angelegt ist, hat zeitgenössisches Künstlerschaffen und dessen offene und qualitätvolle Förderung – unbenommen der langen Tradition von Willingshausen als Künstlerkolonie – einen Ort  und sogar Mittelpunkt mit Strahlkraft gefunden.

Während Bernhard Balkenhol als Kurator der Ausstellung zum Künstlerstipendium gerade die Einführung in die Aussstellung „Halbe Tage“ vortrug, waren die Geräusche von kräftigen Schlägen mit hölzernen Bildhauerklüfeln vom Hof des direkt gegenüber liegenden Fachwerkanwesens zu hören. An diesem Freitagabend startete dort zum wiederholten Mal ein vom Künstlerehepaar Freyer aus Kassel angebotener Bildhauerkurs. Eine räumlich-künstlerische Nähe und Gleichzeitigkeit, die beinahe wie bestellt wirkt. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

„Halbe Tage“ Selina Schwank 
Sa 15. bis  So 30. August
geöffnet Di – Fr 14-17 Uhr
Sa/So/Feiertage 10 – 12  und  14 – 17 Uhr

—>siehe Bericht „Was in unserer Gesellschaft als wertvoll erachtet wird“

Ausblick

Sommerkonzert anläßlich des 200. Hochzeitstages von Gerhardt von Reuern und Charlotte v. Schwertzell im Schlosspark der Familie von Schwertzell in Willingshausen
Samstag, 22. August – 19 Uhr
Sören Flim & Anna Prokop als Specialguest
Eintritt 15 Euro, Karten bei WTB

Unter dem Titel „Die Schwalm – eine außergewöhnliche Region“ präsentiert der Maler und Initiator des „Malersymposium Willingshausen“ Impressionen aus der Schwalm. Er findet in der heutigen Zeit Motive, in denen er Himmel, die Landschaft, Bäume oder Blumen in einer kraftvollen, spontanen Malerei festhält.
Die Ausstellung wird bis 15. November gezeigt.

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