Leserbrief zur Studie „Wirksamkeit der Aerosolelimination durch Stoßlüftung in Klassenräumen“
Willingshausen 06.12.2020 (red) In das Marburger. wurde ein Bericht zur Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen veröffentlicht. Die Untersuchungen dieser Studie wurden in einem Raum gemacht mit einer riesigen Fensterfront, in der alle Fenster geöffnet werden konnten. Dann kann man in der Tat gut lüften, wenn es draußen kalt ist, aber nicht so gut wie angegeben. Die Menschen machen da nämlich nicht lange mit – und die Physik auch nicht.
Spätestens wenn es nach kurzer Zeit drinnen und draußen gleich kalt ist, hört es auf mit der Lüftung. Das ist einfache Physik. Ein kurzzeitiger guter Lüftungserfolg sagt nichts darüber aus, wie die Lüftung über einen längeren Zeitraum funktioniert. Die Angaben in der Pressemitteilung sind teilweise physikalisch nicht möglich. Wenn die Temperatur nur geringfügig abnimmt im Raum kann es nicht sein, dass fast 100% der Luft ausgetauscht wurde.
Vermutlich lag der Sensor so dicht am Fenster, dass er die Qualität der einströmenden Luft gemessen hat, aber nicht die Qualität der Raumluft. Man muss sich beim Lüften immer eins klar machen. Wenn draußen 0°C sind und drinnen 20°C und nach dem Lüften sind drinnen 10°C, dann wurde näherungsweise 50% der Luft ausgetauscht. Wenn man alle Fenster weit öffnet für kurze Zeit und es im Raum recht warm bleibt, dann wird auch kaum Luft ausgetauscht.
Also wenn man möchte, dass ein Luftaustausch realisiert wird, dann sollte es drinnen genauso kalt werden wie draußen durch das Lüften. Wenn Sie richtig lüften, dann werden die Räume einfach richtig kalt, aber das verstehen viele leider nicht.
Einen Vergleich mit Luftreinigern gab es in der Studie nicht. Die Angabe, dass ein großes Lüftungsgerät keine Vorfilter hat ist nicht korrekt. Selbst ein billiger Luftreiniger von Philips für ein paar hundert Euro hat einen Vorfilter. Ich kenne kaum Geräte, die keinen Vorfilter haben und wenn, dann sind das extrem günstige Geräte die ungeeignet sind.
Die aktuellen Fallzahlen an Schulen sprechen eine ganz klare Sprache, nämlich dass das Lüften alleine nicht funktioniert! In Hamburg-Veddel haben sich von rund 550 Personen an einer Schule 94 infiziert.
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Anbei übersende ich Ihnen den Link zur „Frankfurter Erklärung V“. Vertretungen von Schulleitungen, Bildungsverwaltung und GEW äußern sich zur aktuellen Situation.
Frankfurter Erklärung V | GEW Hessen (gew-hessen.de)
Einige Zitate:
„Die technische Ausstattung mit qualitativ hochwertigen Lüftungsgeräten muss so schnell wie möglich flächendeckend erfolgen – hier hätte das HKM bereits im Frühjahr für den Herbst vorausschauend handeln müssen, da eine zweite Corona-Welle zu erwarten war.“
„Das Hessische Kultusministerium (HKM) reagiert aus unserer Sicht vollkommen unzureichend auf die gegenwärtige Krisenlage und kommt seiner Sorgfaltspflicht gegenüber den Lehrkräften und den Schulleitungen in keiner Weise nach.“
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Übrigens ist die Fensterlüftung seit Jahren komplett erforscht und man kann alles nachlesen: Heinz E (2016) Wohnungslüftung ‒ frei und ventilatorgestützt. Herausgeber DIN, Beuth Verlag, ISBN 978-410-25270-2 Naja, wer sich umfassend schützen will, wird zusätzlich auf transparente Schutzwände und Raumluftreiniger setzen und wer sich nicht nachhaltig schützen will, hält sich an das Umweltbundesamt.
Dirk Schade, 34286 Spangenberg