Digitalisierung des Sammlungsguts aus Kolonialzeiten – Pilotprojekt mit Museum Wiesbaden und Uni Marburg
Kassel 29.03.2021 (pm/red) Hessen engagiert sich deutschlandweit in der Aufarbeitung des kolonialen Erbes: Auf Bundesebene startet die Pilotphase der „3-Wege-Strategie“ mit 25 Einrichtungen, für die das Museum Wiesbaden und die Philipps-Universität ausgewählt wurden. Die Strategie haben Länder, Bund und kommunale Spitzenverbände verabschiedet, um Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland zu erfassen und digital zu veröffentlichen. „Es ist ein wichtiger Grundstein zur Aufarbeitung unseres kolonialen Erbes und des damals geschehenen Unrechts, das Sammlungsgut in deutschen Museen nach Stücken zu durchsuchen, die mit der Kolonialgeschichte verbunden sind, und das Ergebnis mit größtmöglicher Transparenz und Barrierefreiheit zugänglich zu machen“, betont Wissenschafts- und Kunstministerin Angela Dorn.
„Mit dem Landesmuseum Wiesbaden und der Philipps-Universität Marburg öffnen zwei historisch gewachsene Institutionen ihre vielschichtigen Sammlungen und lassen ihre Erfahrungen in die Strategie einfließen. Gleichzeitig war es uns wichtig, auch die Erfahrungen und Herausforderungen kleinerer Einrichtungen zu hören. Als nächster Schritt ist deswegen ein hessenweiter Verbund mit Kulturgut bewahrenden Institutionen in Planung, die Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten halten. Von dieser Zusammenarbeit profitieren sowohl das Bundes-Pilotprojekt als auch die Digitalisierungsstrategie des Landes Hessen.“
„Die Philipps-Universität Marburg wird in das Pilotprojekt ihre intensive Aufarbeitung der eigenen Sammlungen aus ihren sozial- und naturwissenschaftlichen Fächern sowie der Medizin mit Objekten aus kolonialen Kontexten integrieren und besonders mit ihrer Expertise in der digitalen Bereitstellung in Open Access zur besseren Erschließung beitragen“, ergänzt Prof. Dr. Katharina Krause, Präsidentin der Philipps-Universität Marburg. „Die Universität und ihre Sammlungsleitungen unterhalten vielfältige Arbeitskontakte zu wissenschaftlichen Institutionen und Museen in den Herkunftsgesellschaften auf Gebieten früherer Kolonialherrschaft, und sie sind in der Provenienzforschung aktiv. Beispielsweise können die Religionskundliche und die Ethnographische Sammlung nicht nur den physischen Umgang mit Objekten aus kolonialen Kontexten aufzeigen, sondern auch die Interaktion kolonialer Denkkonzepte zwischen Wissenschaft und Sammlung. Das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg unterstützt die Publikation von Sammlungsdaten von rund 100 Kulturerbe-Institutionen aus aller Welt.“
Dr. Andreas Henning, Direktor des Museums Wiesbaden: „Die ethnologische Kollektion im Museum Wiesbaden ist Teil der etwa 1,2 Millionen Objekte umfassenden Bestände der Naturhistorischen Sammlungen. Uns erscheint es wichtig, in dieser Pilotphase nicht nur die Anliegen und Herausforderungen großer Sammlungen zu berücksichtigen. Sie spiegelt eindrücklich die Aktivitäten von Forschern, Sammlern und Missionaren des 19. und 20. Jahrhunderts. Es wurde fachübergreifend und repräsentativ gesammelt, denn es galt und gilt im Grunde bis heute, die Geschichten menschlicher Gemeinschaften und die Vielfältigkeit weltweiter Lebensweisen zu bewahren und respektvoll zu vermitteln. Wir als Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur wollen die Geschichte unserer Objekte und Sammlungen wissenschaftlich erschließen und durch den neuen digitalen Zugang die notwendige Transparenz schaffen, aus der erst das gegenseitige Vertrauen, Fairness und partnerschaftliche Kooperationen mit den Herkunftsgesellschaften erwachsen können.“
Zur „3-Wege-Strategie“ gehören die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital erfasstem Sammlungsgut, die digitale Grunderfassung und Veröffentlichung solcher Bestände sowie die Erarbeitung von Standards für die langfristige digitale Verfügbarmachung.