Modellkommune Stadt Marburg: Zukunft der Verwaltung ist digital – Behördengänge vom Sofa
29.07.2021 (pm) Eine Geburtsurkunde beantragen, einen Hundesteuer bei der Kommune anmelden oder einen Parkausweis für Schwerbehinderte beantragen. Die Liste an Leistungen, die von Verwaltungen erbracht werden, ist lang. Damit dies für Bürgerinnen und Bürger einfach und auch von zu Hause aus möglich ist, arbeiten Bund, Länder und Kommunen an der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Damit nicht jede Stadt alle Onlineservices selbst vorbereiten muss, gibt es in Hessen unter anderem OZG-Modellkommunen, die vom Land gefördert werden. Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus hat bei ihrer Sommerreise die Stadt Marburg besucht, die eine von 15 ausgewählten Modellkommunen ist.
„Wir wollen, dass Kommunen einzelne Aspekte der Digitalisierung beispielhaft für alle anderen hessischen Kommunen übernehmen, damit die Verwaltungsdigitalisierung effektiv und effizient erfolgt“, sagte Sinemus. „Nur, wenn sich alle gemeinsam engagieren, kann die Umsetzung erfolgreich gelingen.“
Die Stadt Marburg hatte sich im vergangenen Jahr erfolgreich als OZG-Modellkommune beworben und erhält vom Land eine Förderung über 87.000 Euro. Mit dem Projekt erprobt Marburg eine digitale Unterschrift in ihren Onlinediensten, die sowohl rechts- und fälschungssicher ist und gleichzeitig für die Bürgerinnen und Bürger einfach anzuwenden. Dabei wird der eigene Online-Banking-Zugang genutzt, um Anträge, Dokumente oder Verträge digital zu unterschreiben.
Marburg erprobt die Praxistauglichkeit dieser Lösung im Alltag. Die Ministerin informierte sich nicht nur über das Modellprojekt, sondern auch über die Digitalisierung der Marburger Stadtverwaltung und den Fortschritt beim Ausbau der Onlinedienste. So bietet die Stadt mittlerweile rund 50 Leistungen über ihre Plattform digital.marburg.de an, komplett vom Antrag bis zur Bezahlung. Jede Woche kommen weitere Onlineleistungen dazu. Koordiniert wird dieser Prozess vom Fachdienst Digitalisierung, den die Stadt eigens dafür geschaffen hat, technisch unterstützt wird er von der IT-Abteilung.
„Damit stehen unsere Dienste den Menschen sieben Tage die Woche rund um die Uhr zu Verfügung“, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Digitale Angebote – von A wie Anwohnerparken bis Z wie Zuschüsse für Freifunk, Gründächer oder unser Impftaxi – sind heute unerlässlich. In Marburg waren wir schon vor der Pandemie digital so gut aufgestellt, dass wir auch in den Lockdown-Monaten alle Serviceleistungen durchgängig gewährleisten konnten. Das gilt ebenso nach innen: So hat zum Beispiel die digitale Akte eine schnelle, effektive und medienbruchfreie Umstellung auf Homeoffice erst möglich gemacht.“
Erledigung von Anliegen online oder persönlich möglich
Deshalb geht Marburg bei der Digitalisierung den Weg von innen nach außen: „Die Digitalisierung verkürzt Bearbeitung- und Reaktionszeiten im Innern. Sie spart Zeit, Geld und Ressourcen und schafft dadurch wiederum den besseren Service und die passgenauere Unterstützung nach außen“, erläuterte Dr. Karen Verbist, Fachdienstleiterin Digitalisierung. Trotz allem gilt: „Wer die eigenen Angelegenheiten nicht online, sondern lieber persönlich oder auf dem Papier- und Postweg regeln möchte, kann das in Marburg auch weiterhin tun“, stellte OB Spies klar.
Das Land Hessen unterstützt die Kommunen bei der Verwaltungsdigitalisierung vielfältig – sowohl finanziell als auch fachlich. So können die Kommunen die Antragsmanagementplattform Civento bis Ende 2024 kostenfrei verwenden, die aus Mitteln des Programms Starke Heimat Hessen finanziert wird. Die Plattform ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt in der technischen Umsetzung, da durch Civento Anträge mit einem durchgängigen elektronischen Prozess bearbeitet werden können.
Zudem könne ein Austausch zwischen Kommunen oder auch Ländern stattfinden, so dass alle von Entwicklungen anderer profitieren können, so der Hinweis. Weiterhin hat das Land Hessen im Herbst 2019 mit den Kommunalen Spitzenverbänden eine Umsetzungsvereinbarung für das Onlinezugangsgesetz unterzeichnet, mit welcher es sich verpflichtet, die Erstellung der entsprechenden Verwaltungsleistungen mit rund 17 Millionen Euro zu finanzieren. Ferner ist in der Vereinbarung die Einrichtung von OZG-Modellkommunen festgehalten.
Herausforderungen mit dem Onlinezugangsgesetz
„Die organisatorischen und technischen Herausforderungen durch das OZG sind immens“, verwies Sinemus auf rund 2.000 Leistungen – rund 500 in Zuständigkeit der Länder und rund 435 in Zuständigkeit der Kommunen – die bis Ende 2022 auch digital zur Verfügung stehen sollen. „Aber wir brauchen die Verwaltungsdigitalisierung. Denn sie erhöht den Komfort und Service für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen erheblich und ist nicht nur in Zeiten einer Pandemie unerlässlich.
Aber auch die Verwaltungsarbeit selbst wird dadurch effektiver, was Kapazitäten für andere Aufgaben schafft. Denn effiziente und verständliche Onlineanträge, die zielgerichtet an die zuständige Behörde adressiert sind, beschleunigen die Prozesse und erleichtern die tägliche Arbeit in den Verwaltungen. Und die Bürgerinnen und Bürger müssen nicht erst suchen, wer der richtige Adressat für die gewünschte Leistung ist.“