Online-Jahresausstellung Blaue Linse präsentiert unter dem Titel „Weg – weg“ Marburg Fotografien
02.11.2021 (pm) Auf die Schnelle betrachtet, scheint die Bezeichnung Weg eindeutig zu sein. Täglich gehen, laufen oder fahren wir Wege. Wege verbinden zwei voneinander entfernte Orte, die von Menschen oder Tieren, zu Fuß oder mit Hilfsmittel zurückgelegt werden. Dabei entfernen wir uns von einem Ort und sind plötzlich weg. Und schon beginnt das Spiel mit der Wortbedeutung und wird zur fotografischen Herausforderung, der sich die FotografInnen der Blauen Linse in gewohnt unterschiedlicher Weise stellen.
So sind in der aktuellen Ausstellung Wege im geografischen Sinn ebenso zu sehen wie Wege in zeiträumlicher Bedeutung, wenn ein verlassener Gebäudekomplex auf dem Weg zu einer Nutzungsänderung gezeigt wird oder Fotografien auf längst Vergangenes verweisen. Wie ein Pendel schwingen die fotografischen Beiträge zwischen den Wortbedeutungen hin und her. Den zurückgelegten Wegen widmen sich Peter Beltz, Heike Heuser, Reinhard Keller, Friedemann Korflür, Chris Schmetz und Edgar Zieser.
Peter Beltz widmet sich den Wegen durch Marburg, kontrastiert dabei vertraute Wegansichten der alten Stadt mit modernen, rein funktionalen
Verbindungswegen.
Heike Heuser zeigt in ihrer abstrakten Serie „Naturwege“ durch menschliches Eingreifen verursachte Spuren und Wege in der Natur zwischen Erde und Himmel vom Frühjahr bis Winter. Reinhard Kellers Fotoreihen erzählen von „Überwegen“, an denen Menschen Straßen überqueren, flüchtige Momente nur.
Chris Schmetz beobachtet in seiner Serie „Auf DEM Weg“, wie unterschiedlich Menschen einem vermeintlichen gleichen Ziel entgegenstreben. Dass auch tierische Zeitgenossen Wege zurücklegen, erzählt Edgar Zieser in einer kurzen, hoch dramatischen Geschichte von der Lust der Schnecken und des Menschen Leid.
Dass Wege nicht immer eindeutig sind, zeigt Friedemann Korflür in einem gemeinsamen Projekt mit Anne Strecke, die im südlichen Afrika erleben,
dass Wege auch mal „weg“ sein können – sind sie wirklich „weg“ oder nur un-weg-sam?
Wie Vergangenes Erinnerungen wachruft, wird in der Serie von Armin Bender betont. Zwanzig Jahre sind vergangen, doch 9/11 wirkt bis heute;
er lebte davor in New York und erinnert sich.
In Erhart Dettmerings Beitrag sind Spuren des Vergänglichen an der Außenseite des Marburger
Elisabethaltars zu sehen, wie er schreibt: „Was weg ist, ist weg, regt aber, wenn bei einem Gemälde detailreiche, farbige Reste erhalten sind,
die Phantasie an: Was hat die Königstochter Elisabeth im Jahr 1211 wohl alles auf ihrem Weg von Ungarn auf die Wartburg erlebt?“
Dagegen erinnert Gudrun Niessner-Wild in ihrer Serie „Ei (n) weg“ mit einem Augenzwinkern an das Vergehen des Materiellen.
Wenn Susanne Saker die Beelitz-Heilstätten, die halbverfallenen Sanatorien mit ihrem morbiden Charme präsentiert, zeigt sie damit, wie man sich um einen „Weg weg“ vom Gruselimage dieses Ortes und seiner Geschichte hin zum Erlebnispark für die ganze Familie bemüht.
Die Ausstellung „Weg – weg“ ist —>ab 1.11.2021 unter www.blaue-linse.de online zu besuchen.