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Aufruf zu Friedenspolitik statt Kriegshysterie in der Ukraine-Krise

11.02.2022 (mm/red) Dass die Krise um die Ukraine sich zur ernsten Bedrohung des Friedens in Europa zugespitzt, beunruhigt immer mehr Menschen. Unter dem Titel „Friedenspolitik statt Kriegshysterie“  haben 200 Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft einen Aufruf veröffentlicht. Darin setzen sie sich ein für Deeskalation und Entspannung in der Ukraine-Krise. Waffenlieferungen an Kiew werden abgelehnt. Die Unterzeichner wenden sich gegen Anheizen des Propagandakriegs in vielen Medien und weisen einseitige Schuldzuweisungen an Russland zurück. Sie verweisen auf die ukrainische Truppenkonzentration an der Demarkationslinie zu den Gebieten Donezk und Luhansk und die Weigerung Kiews, das Abkommen Minsk II umzusetzen.

Demgegenüber sei es „ein legitimes Sicherheitsinteresse Moskaus, dass die Osterweiterung der NATO, die seit 1999 immer näher an die russischen Grenzen heranrückt, nicht auch noch auf die Ukraine ausgedehnt wird,“wird in den Nachdenkseiten zusammenfassend berichtet.

Darüber hinaus werde die Krise in einen geopolitischen Kontext eingeordnet, so die Nachdenkseiten weiter. Demnach liege die tieferliegende Ursache des Konflikts im Anspruch der USA auf weltweite Führung, während andere, darunter Russland, eine westliche Dominanz ablehnen und als gleichberechtigt in einer multipolaren Weltordnung respektiert werden wollen.

Erstunterzeichner aus der Politik sind u.a. Gregor Gysi, Hans Modrow und Sahra Wagenknecht. Prominente Vertreter aus der Wissenschaft sind u.a. die Professoren Peter Brandt, Christoph Butterwegge, Frank Deppe und Wolfgang Streeck. Aus der Kulturszene gehören u.a. die Rockmusikerin Anne Haigis, die Sängerin und Musikproduzentin Julia Neigel und der Rockkünstler Joachim Witt zu den Unterzeichnern.
das Marburger. veröffentlicht nachstehend den Wortlaut des Aufrufs:

Eine einseitige Schuldzuweisung an Russland, wie sie von einigen westlichen Regierungen und in den großen Medien vorgenommen wird, ist nicht gerechtfertigt und nimmt zunehmend den Charakter von Kriegspropaganda an.

Trotz der Militärmanöver in der Nähe zur Ukraine hat Russland kein Interesse an einem Krieg, der für alle Seiten katastrophale Folgen hätte. Es stehen ähnlich viele Soldaten auf der ukrainischen Seite und bedrohen die von pro-russischen Rebellen kontrollierten Gebiete in der Ostukraine. Auch ohne kriegerische Absicht besteht angesichts der angespannten Situation die Gefahr, dass eine Provokation zum Funken wird, der das Pulverfass explodieren lässt.

Es ist ein legitimes Sicherheitsinteresse Moskaus, dass die Osterweiterung der NATO, die seit 1999 immer näher an die russischen Grenzen heranrückt, nicht auch noch auf die Ukraine ausgedehnt wird. Das würde die Vorwarnzeit für Moskau bei einem Angriff mit Atomraketen auf 5 Minuten verkürzen.

Die aktuelle Krise ist Teil eines globalen und seit längerem bestehenden Konflikts, dessen Wurzeln im Anspruch der USA liegen, „dass Amerika wieder die Welt führt,“ wie es der US-Präsident formuliert. Die europäischen NATO-Partner schließen sich dem mit einigen Nuancierungen als Juniorpartner an. Dagegen lehnen andere, darunter Russland, eine westliche Dominanz ab und wollen als gleichberechtigte Partner in einer multipolaren Weltordnung respektiert werden.

Es ist an der Zeit, dass das Prinzip der ungeteilten, gemeinsamen Sicherheit wieder akzeptiert wird, wie es bereits im Kalten Krieg anerkannt wurde. Im Atomzeitalter kann keine Seite ihre Sicherheit auf Kosten der anderen erhöhen. Sicherheit gibt es nur gemeinsam. Dauerhafter Frieden mit Russland erfordert daher eine gesamteuropäische Friedensordnung.

Erste Schritte müssen eine Demilitarisierung entlang der russisch-ukrainischen Grenze und an den Grenzen zwischen Russland und der NATO sein, sowie die Umsetzung des Abkommens von Minsk II. Es sieht einen Waffenstillstand vor, Dialog der Konfliktparteien und einen Sonderstatus der Regionen Donezk und Luhansk innerhalb der Ukraine. Durch einstimmigen UN-Sicherheitsratsbeschluss hat Minsk II auch verbindlichen Völkerrechtsstatus. Die Umsetzung wird jedoch hauptsächlich von der Ukraine blockiert. Sanktionen werden an dem Konflikt nichts ändern. Sie schädigen sinnlos sowohl Russland als auch die anderen europäischen Länder.

Kräfte, die mit aggressivem Nationalismus und Revanchismus die Spannungen anheizen, müssen auf allen Seiten zurückgedrängt werden.

Propagandakrieg, Säbelrasseln, Sanktionen und Aufrüstung müssen aufhören. Stattdessen brauchen wir Deeskalation und Diplomatie. Dies umso mehr, als die globale Bedrohung durch Klima- und Umweltkatastrophen nur durch internationale Kooperation abgewendet werden kann.

Wir fordern:

  • Konkrete Schritte zur Deeskalation, keine militärischen Lieferungen an Kiew,
  • Schluss mit Kriegsrhetorik, Konfrontationspolitik und Sanktionen gegen Russland;
  • Aktives Eintreten für die Umsetzung des völkerrechtlich verbindlichen Abkommens Minsk II;
  • Verhandlungen mit Russland auf der Grundlage eines klaren Bekenntnisses zu Entspannung und dem Prinzip der gemeinsamen Sicherheit;
  • Aktives Eintreten für Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen.

—> zum Thema: die Ukraine-Krise mit Kriegsandrohungen soll Nordstream 2 aushebeln

Hier gibt es den Aufruf als PDF zum Ausdrucken.

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